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Eliten der Lions Clubs treffen sich zur Spendengala mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.

Hornberg - 1817, 1917, 1967 – gleich drei Jubiläen haben am Freitagabend den Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zu einem Gastvortrag in seine Heimatstadt Hornberg gelockt. Die Lions Clubs Kinzigtal, Lahr/Ortenau und Zell am Harmersbach luden ihn dazu ein.

Rotary 1905, Kiwanis 1915, Lions 1917, Giving pledge 2010, die Wahrnehmung der gesellschaftlichen Eliten für die Probleme der Welt hatte sich schon früh im 20. Jahrhundert geschärft und in der Gründung philantropischer "Service-Clubs" manifestiert.

Dass ein Club mit dem Bundesfinanzminister ausgerechnet den für die Steuergesetzgebung maßgeblich Verantwortlichen als Hauptredner einer Spendengala gewinnen konnte, entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, war in Hornberg aber lokalen Besonderheiten geschuldet.

Drei Jubiläen haben am Freitagabend Wolfgang Schäuble in seine Heimatstadt Hornberg gelockt. 1817 – eines der Jubiläen – wurden mit der Steingutfabrik Hornberg die Grundlagen für ein prosperierendes Familienunternehmen gelegt. Im Zuge der Umfirmierung zur "Duravit" und nach ersten zarten Exporterfolgen im Inland, öffnete sich der Badmöbelhersteller den weltweiten Märkten. Allein 2017 erwirtschaftete "Duravit" einen Jahresumsatz von 450 Millionen Euro.

Weltweit beschäftigt das Unternehmen fast 6000 Mitarbeiter – darunter knapp zwei Dutzend Führungskräfte. 1917 – das zweite Jubiläum – gründeten ebensolche Führungskräfte in den USA die Organisation "Lions Club", 1967 – das dritte Jubiläum – gründete sich der lokale Lions Club Kinzigtal.

Gemeinsam mit dem Lions Club Lahr/Ortenau und dem Lions Club Zell am Harmersbach haben die Kinzigtäler es geschafft, im Terminkalender des Bundesfinanzministers einen der raren Freitagabendtermine zu bekommen. Vor über einem halben Jahr wurde dieses Treffen schon fixiert und Schäuble nahm es, wenn auch mit wenigen Minuten Verspätung wahr.

Lions-Präsident Carlos Rico, der Vorstandsvorsitzende Frank Richter und der lokale CDU-Verbandsvorstand Ernst Fuhrer freuten sich über ein "ausverkauftes" Haus mit 150 Lions-Mitgliedern und Gästen im großen Show-Room des Design-Centers.

"Nur weil ich daran glaube, dass etwas möglich ist, bin ich ein Lion, sonst wäre es die Plakette nicht wert", damit fasste Rico zusammen, worum es den im Lions Club organisierten Eliten geht. In Zeiten weitestgehendem Strebens nach Individualität und eigenem Vorteil vermag der Lions-Leitsatz "Wir dienen" manch Außenstehendem wie Anachronismus erscheinen.

Gemeinschaftssinn, Geselligkeit, die Bereitschaft, Geld zu spenden und der Umstand, dass die "Duravit" als Gastgeber alle Kosten einschließlich der Bewirtung übernahm, machten aus dem Vortrag eine Aktivität, deren Erlös die drei Lions-Clubs zwei regionalen Projekten in der Ortenau zukommen lassen wollen.

Das Projekt "Team4Winners" unter Schirmherrschaft des Ortenauer Landrats Frank Scherer und des Sportmoderators Marcel Reif, das Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 16 Jahren darin unterstützt, durch Erfolgserlebnisse im Sport Grenzen zu überwinden. Mit den Spenden aus der Hornberger Veranstaltung können im Lahrer Raum zwei weitere Übungsleiter für dieses Projekt angestellt werden. Die ersten Sportstunden fanden bereits am Donnerstag statt.

Ebenfalls sollen aus den Spenden des Abends im Rahmen der Reihe "Lions Quest" weitere Fortbildungsseminare für Lehrer finanziert werden. Diese sollen dafür qualifiziert werden, um an ihren Schulen im Unterricht spezielle Förderprogramme für benachteiligte Jugendliche anbieten zu können.

Schäuble blieb zuerst mit seinen Worten diesseits des Atlantiks und der Causa Donald Trump. Das alte oder neue Europa habe genug Probleme, wie die ersten Arbeitswochen des neuen Jahrs, unter anderem die Ankündigung eines "harten" Brexits, gezeigt hätten. Schäuble wäre aber nicht Schäuble, wenn er zwischen all diesen Problemen nicht auch die Chancen und Träume von Europa noch wahrnehmen würde. "Daran glauben, dass es möglich ist" sei für ihn weiter die Handlungsmaxime und es brauche ein starkes Europa mit einem starken Deutschland als Lokomotive, damit die Welt weiter in den Fugen bleibe.

Dafür bedürfe es aber einer funktionierenden Demokratie, die wiederum setze die Möglichkeit zur Kommunikation der Menschen miteinander voraus. Die naive Vorstellung einer Demokratie nach dem Vorbild Athens oder des Schweizer Kantons Appenzell-Innerrhodens sei im Zeitalter von "fake news" und der Zurückdrängung der klassischen Leitmedien durch soziale Medien nicht mehr aufrechtzuerhalten.

Dabei – wie unter diesen veränderten Bedingungen ein vernünftiger, politischer Diskurs geführt werden könnte – sei jeder Bürger gefordert. Erst am Donnerstag habe Schäuble Freiburger Studenten daran erinnert, dass der Brexit hätte verhindert werden können, wenn die Jugend Großbritanniens von ihrem Wahlrecht im selben Ausmaß Gebrauch wie die ältere Generation gemacht hätte.

Der Brexit und die Wahl Trumps spiegelten andererseits eine Stärke der Demokratie wieder: Ein politischer Wechsel müsse in einer Demokratie möglich sein. Für Deutschland müsse dies im September bei den Bundestagswahlen aber nicht unbedingt gelten, beeilte sich Schäuble nach kurzer Unruhe im Saal nachzulegen.

In der Antwort auf die aus Zeitgründen einzige Frage der Fragerunde ("Was ist, wenn die Trumps und Erdogans dieser Zeit Erfolg mit ihrer Politik haben?") betonte er, die Verfassung der USA aus dem Jahr 1776 enthalte in ausreichendem Maße Kontrollmechanismen. Dazu käme die Macht der Medien, die sicher auch ihren Anteil daran haben würden, "großen Unsinn" im Weißen Haus zu verhindern.

Im Anschluss an den Vortrag fand sich noch so manche Gelegenheit für ein Erinnerungsfoto. Fritz Gebauer (Jahrgang 1928) und Wolfgang Schäuble (Jahrgang 1942), beide waren vor über einem halben Jahrhundert als junge Redakteure für den "Schwarzwälder Boten" in Hornberg tätig.