Eine Gefahr fürs "gesunde Schulklima": Hotpants sollen an der Altheimer Schule mit großen T-Shirts verhüllt werden. Foto: dpa

Elternbrief in Altheim: Schülerinnen, die zu aufreizend gekleidet sind, bekommen großes T-Shirt übergestülpt.

Horb - Heiße Tage, kurze Hosen oder Röcke und viel Haut – das hat an der Altheimer Werkrealschule nun ein Ende. Die Lehrer an der Schule sagen: Es reicht.

Bauchfreie Shirts und Hotpants sind bei vielen Schülerinnen an warmen Tagen schon zur Alltagskleidung geworden. Doch anscheinend war in Altheim das Maß voll. Oder sind dort die Lehrer besonders prüde?

Am Freitag ging ein Brief an die Eltern heraus. In diesem werden Regeln aufgestellt, die wohl ab dem kommenden Montag gelten. "Für mich persönlich war das jetzt eigentlich nicht so ein dringendes Thema", berichtet Schulleiterin Bianca Brissaud im Gespräch mit unserer Zeitung. "Doch meine Kollegen haben mich gebeten, dringend zu handeln." Dabei handele es sich sowohl um weibliche und männliche Lehrer. "Manche meiner männlichen Kollegen wissen nicht, wie sie das Thema bei den Schülerinnen ansprechen sollen", so Brissaud. Nun stelle man kurzfristig neue Regeln für das aktuelle Schuljahr auf, für das kommende Schuljahr wolle man dann in Ruhe mit Schülervertretung, Elternbeirat und Lehrerkollegium gemeinsam eine Kleiderordnung festlegen.

Die Übergangs-Lösung an der Schule klingt radikal (siehe auch Info mit vollem Wortlaut des Elternbriefs): "Wer zu aufreizend gekleidet ist (zum Beispiel bauchfreies Shirt, Hotpants...), der bekommt von der Schule ein großes T-Shirt gestellt, das er/sie sich bis zum Schultagsende anziehen muss."

Brissaud erklärt die harte Maßnahme auch damit, dass auf der Werkrealschule die Schüler im besonderen Maße auf die Berufswelt vorbereitet würden.

In den Klassenzimmern an Baden-Württembergs öffentlichen Schulen dürfen die Kids in der Regel anziehen, was sie wollen. "Die Schule ist nicht berechtigt, die eigene Moralvorstellung zum Gradmesser für eine korrekte Kleidung zu machen", sagte ein Sprecherin des Kultusministeriums am Donnerstag in Stuttgart. Kleiderregeln oder gar Vorschriften gebe es an öffentlichen Schulen nicht. Gefährdeten Hotpants allerdings den Schulfrieden – sprich schauen die Jungs eher auf die Beine der Mädchen denn an die Tafel – darf die Schule eingreifen. "Man weiß, dass es Schulen gibt, die eher streng sind", sagte der Vorsitzende der Schulleitervereinigung, Werner Weber. "Das wird aber mit viel Fingerspitzengefühl geregelt." Weber ist Schulrektor an der Friedrich-Voith-Schule in Heidenheim – auch dort tolerieren die Lehrer allzu freizügige Kleidung nicht. Wer wiederholt im Unterricht so aufreizend unterwegs sei, dass er Mitschüler ablenke, müsse ein T-Shirt mit dem Schullogo überziehen. Am Stuttgarter Heidehof-Gymnasium, einer evangelischen Privatschule, liegen auch solche T-Shirts bereit, in schwarz und XXL-Größe.

Seite 2: Der Elternbrief

Der Elternbrief im Wortlaut: "Sehr geehrte Eltern,

in letzter Zeit müssen wir gehäuft feststellen, dass Mädchen der Werkrealschule sehr aufreizend gekleidet sind. Diese Entwicklung stimmt uns nachdenklich und wir haben entschlossen, dass wir an unserer Schule keine aufreizende Kleidung dulden wollen. Wir werden dran gehen und gemeinsam mit Schülerinnen, Schülern, aber auch Eltern eine Kleiderordnung erstellen, die dann in die Hausordnung aufgenommen werden wird. Dieser Prozess wird noch etwas Zeit in Anspruch nehmen.

Bis dahin gilt die Regel: "Wer zu aufreizend gekleidet ist (zum Beispiel bauchfreies Shirt, Hotpants...), der bekommt von der Schule ein großes T-Shirt gestellt, das er/sie sich bis zum Schultagsende anziehen muss."

Es geht uns dabei nicht um die Unterdrückung der Individualität Ihres Kindes. Wir wollen damit ein kleines Stück zu einem gesunden Schulklima beitragen, in dem sich alle wohlfühlen und in dem gesellschaftliche und soziale Werte gelebt und gefördert werden.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Bianca Brissaud

Schulleitung"