Jan Zeitler. Foto: Lück

OB-Wahl: Thema Gartenschau-Gesellschaft kocht hoch: Zeitler im Aufsichtsrat, seine Frau Geschäftsführerin.

Überlingen/Horb - Der Horber Jan Zeitler galt nach seinen 44,3 Prozent im ersten Wahlgang als Favorit bei der Überlinger OB-Wahl. Doch jetzt wird der Wahlkampf hart für ihn. Und wohl auch schmutziger, denn seine Gegner gehen in die Attacke. Rein rechtlich muss sich Horbs Bürgermeister nichts vorwerfen.

Die Podiums-Diskussion des Südkurier im Kursaal. Alle Sitzplätze sind belegt, hinten stehen auch Bürger. Die drei verbleibenden Kandidaten: Amtsinhaberin Sabine Becker (17,3 Prozent im ersten Wahlgang), die diesmal selbstbewusst und kämpferisch auftritt. Jan Zeitler, selbstbewusst und gelassen. Man merkt, der Wahlkampf und das tolle Ergebnis im ersten Wahlgang (44,3 Prozent) haben den Mann, der in Horb immer nur die Nummer zwei hinter dem charismatischen OB Peter Rosenberger ist, sichtlich beflügelt. Und Klaus Kirchmann (32,2 Prozent), unabhängiger Kandidat, der auch keine Spenden für seinen OB-Wahlkampf annimmt.

Die Ausgangslage in Überlingen: ähnlich wie in Horb. Ein fröhliches, katholisch geprägtes Völkchen der ehemaligen Reichsstadt. Die Stimmung kocht gerne hoch, die Meinungen auch, wie ein Insider sagt. Und: Die letzten drei Oberbürgermeister wurden jedes Mal nach der Amtszeit von acht Jahren abgewählt. Amtsinhaberin Sabine Becker, so hört man vor Ort, hat die Verwaltung quasi ausgelaugt – immer wieder jede Menge Projekte angeschoben, um von Zuschüssen zu profitieren. Ein Unterstützer von Zeitler sagt: "Wir hoffen, dass er durch seine ruhige Art und seine Verwaltungserfahrung da wieder Ruhe reinkriegt."

Doch seit letzter Woche stellt sich die Frage für die Überlinger: Wie korrekt und sauber ist der Zeitler aus Horb? Am 3. November meldet der Südkurier: Annette Stoll-Zeitler – Ehefrau des Horber Bürgermeisters – übernimmt die Geschäftsführung der Landesgartenschau Überlingen 2020 GmbH. Als zweite Geschäftsführerin. Der OB von Überlingen – möglicherweise also Jan Zeitler – wird Vorsitzender des Aufsichtsrates.

Stefan Hilser, Redaktionsleiter des Südkuriers in Überlingen: "Die Überlinger bewegt die Frage, wie das geht: Die Frau des OB als Geschäftsführerin der Landesgartenschau. Werden Sie die Dinge mit Ihrer Frau am Küchentisch klären?"

Zeilter: "Am Küchentisch sicherlich nicht. Meine Frau ist seit dem Jahr 2010 Mitarbeiterin bei BW Grün, der Fördergesellschaft für die Landesgartenschau. Sie wird von dort entsandt. Meine Frau kann Gartenschau, und für die Kontrolle des Ganzen gibt es Gremien. Fachlich möchte ich sie dabei begleiten."

Für Klaus Kirchmann ist das eine "Grauzone. Ich weiß nicht, wie es bei dieser Konstellation keinen Interessenskonflikt und keine Befangenheit geben soll. Es bleibt eine Grauzone, die viel früher hätte bekannt gemacht werden sollen." Donnernder Applaus im Saal.

Eine heftige Attacke gegen die Glaubwürdigkeit von Jan Zeitler. Der nimmt die Hände zusammen und sagt: "Sie greifen mich hier sehr persönlich an. Als OB leisten Sie einen Eid ab, sich immer im Interesse der Stadt zu bewegen. Sie unterstellen mir, dass ich das nicht tun werde. Ich halte mich an die Regeln, die dieses Gesellschafts-Konstrukt erfordert."

Auch Amtsinhaberin Sabine Becker greift an: "Als Aufsichtsratsvorsitzende kontrolliere ich die Geschäftsführung und prüfe die Abrechnungen. Da muss die Frage erlaubt sein, was wird da überprüft und wie? Darunter fällt auch die Aufgabe, zu überprüfen, wie viel Geld die Geschäftsführung ausgibt und was sie macht. Da muss ich Ihnen Recht geben, Herr Kirchmann." Zweite Breitseite gegen Zeitler.

Dann will Moderator Hilser wissen, was passiert, wenn die Landesgartenschau Budgets überschreitet oder Termine nicht eingehalten werden?

Zeitler: "Dann entscheidet der Aufsichtsrat. Bei persönlichen Fragen zur Geschäftsführung würde ich mich als befangen erklären."

Amtsinhaberin Becker hakt nach: "Wir hatten verhandelt, dass man keine zwei Geschäftsführer braucht. Dann erfahre ich aus der Zeitung, dass Stoll-Zeitler zweite Geschäftsführerin werden soll. Und im Telefonverzeichnis steht sie auch schon."

Zeitler: "Es ist das Recht der Gesellschafter der Landesgartenschau GmbH, die Struktur zu bestimmen. Abschließend entscheidet auch die Gesellschafterversammlung." Die Landesgartenschau GmbH besteht zu zwei Dritteln aus Anteilen der Stadt Überlingen, ein Drittel hat das Land. Annette Stoll-Zeitler repräsentiert als Geschäftsführerin im Auftrag von BW Grün ein Drittel und ist deshalb formal lediglich die zweite Geschäftsführerin.

Doch ist diese Konstellation glücklich?

Später drückte es ein Bürger in seiner Frage so aus: "Es gibt einen Unterschied zwischen Seilschaften und Partnerschaften. Wenn man mit dem OB und seiner Partnerin eine Landesgartenschau machen will, ist die entscheidende Frage doch: Trauen Sie den Gremien ihre Kontrollfunktion zu, was die Kontrolle in der Konstellation des Oberbürgermeisters und der Geschäftsführung der Landesgartenschau angeht?"

Kirchmann: "Dass der Aufsichtsratsvorsitz vom OB und die Geschäftsführung von seinem Ehepartner gemacht wird, das ist nicht juristisch angreifbar. Allerdings sind die Sitzungen der Gremien nicht öffentlich."

Zeitler: "Wenn man kein Vertrauen mehr darin hat, dass die Kontrolle durch die Gremien funktioniert, dann hat man ein Problem in diesem Land."

Und damit dürfte die OB-Wahl in Überlingen wieder offen sein. Ein Leser des Südkurier sagte: "Bei einer Wahl von Jan Zeitler haben wir doch wieder eine Vetternwirtschaft." Und es dürfte jetzt die Aufgabe des Horbers Jan Zeitler sein, diesem Eindruck entgegenzuwirken. Die Horber wissen zumindest, dass Zeitler hier als Bürgermeister meistens durch (Über-)Korrektheit und Genauigkeit aufgefallen ist.

Handelt der ehemalige Angestellte des Wirtschaftsprüfers PWC auch nach Maßstäben der freien Wirtschaft korrekt?

Wenn man den "Deutschen Corporate Governance Kodex" für die deutsche Wirtschaft liest: Ja. Martin Richter, Interims-Geschäftsführer der Landesgartenschau Überlingen, der durch Stoll-Zeitler ersetzt wird, sagte dem Südkurier: "Interessenskonflikte mit einem möglichen Oberbürgermeister Jan Zeitler sehe ich nicht. Auch rechtlich sehen wir keine Probleme."