Willi Daiss Foto: Wiegert

Krankenhäuser Landkreis Freudenstadt gGmbH reagieren im Personalkonflikt. Hintergründe unklar.

Horb - Was sich bereits angedeutet hat, wird jetzt Gewissheit: Es gibt personelle Konflikte, wohl auch tief greifende ärztliche Meinungsverschiedenheiten im Krankenhaus Horb. Erste Konsequenz: Chefarzt Daiss muss gehen.

Wie das Landratsamt gestern mitteilte, haben sich die Krankenhäuser des Landkreises Freudenstadt "mit sofortiger Wirkung" von Chefarzt Willi Daiss getrennt. Er war Ärztlicher Leiter des Spitals zum Heiligen Geist und der Klinik für Geriatrische Rehabilitation in Horb.

Das Spital mit der Akutmedizin wird kommissarisch von Nicola Lukincic, Facharzt für Innere Medizin, geleitet. Die kommissarische Leitung der Klinik für Geriatrische Rehabilitation am Krankenhaus Horb wird Anna Maria Varga, Fachärztin für Innere Medizin und klinische Geriatrie, übernehmen. Beide Ärzte sind lange Jahre am Krankenhaus Horb tätig.

Zu den Hintergründen der Entscheidung äußert sich die Kreisbehörde nicht. Ob und in welcher Höhe erneut eine Abfindung an einen scheidenden Chefarzt im Kreis Freudenstadt floss, ist ebenfalls nicht bekannt.

Meinungsverschiedenheiten mit Teil der Ärzteschaft

Dass es zumindest Meinungsverschiedenheiten mit Daiss und einem Teil der Ärzteschaft am Horber Krankenhaus gab, war vergangene Woche bekannt geworden. Ein Anzeichen war die Kündigung des Kooperationsvertrages seitens des Internisten Gasiorek. Professor Willi Daiss hatte erst im März vergangenen Jahres die Leitung des Horber Krankenhauses übernommen. Davor war er seit 1992 ärztlicher Direktor an der Fachklinik Sonnenhof in Waldachtal. Der habilitierte Mediziner studierte und arbeitete an der Uni Tübingen.

Sein Arbeitsfeld am Horber Krankenhaus umfasste die gesamte Innere Medizin – von Blutdruckproblemen über Diabetes-Neueinstellung bis zu chronischen Darmerkrankungen. Seine Stelle in Horb hatte er mit dem Anspruch angetreten, so viele ältere Patienten wie möglich wieder in ihrem häuslichen Umfeld zu rehabilitieren.

Daraus wird nun nichts, und der Krankenhausträger muss – wieder einmal – auf Personalsuche gehen. Offen ist allerdings die Frage, warum Daiss gehen musste. War er trotz hervorragender Qualifikation einfach nur der falsche Mann für Horb? Manches spricht dafür. Daiß ist Facharzt für Gastroenterologie, Facharzt für Innere Medizin und Arzt für Onkologie (Vorbeugung und Behandlung von Krebs). Er kann rund 180 Publikationen vorweisen.

Eine weitere Kapazität, nämlich Jürgen Schulze-Tollert, Ärztlicher Direktor der Krankenhäuser Landkreis Freudenstadt gGmbH, hatte sich im Herbst 2010 noch ausdrücklich über die "erhebliche personelle Verstärkung" der Inneren Medizin durch Daiss gefreut. Dessen breit gefächerte medizinische Ausbildung sei, so Schulze-Tollert damals, ein Glück für das Horber Krankenhaus. Für Daiss' Fähigkeiten dürfte auch die Tatsache sprechen, dass er für die Außenstelle des Bundeskanzleramts gearbeitet hatte. Er baute eine Reha-Klinik mit auf und wechselte zum Sonnenhof in Waldachtal, wo er allem Anschein nach ebenfalls mit Erfolg arbeitete. "Ich gehe dort nicht im Groll", hatte Daiss vor seinem Wechsel nach Horb bekräftigt. Aber er wolle noch mal etwas Neues aufbauen.