Jeder will schauen, dass er in den Bus kommt – die Kleinen müssen sich hinten anstellen. Foto: Morlok

Manchmal werden Jugendliche einfach nicht mehr mitgenommen. Der ganz normale Schulbus-Wahnsinn?

Horb - Ein kleines Mädchen steht weinend an der Bushaltestelle, denn der Schulbus, der sie von Nordstetten runter in die Schule bringen sollte, ist ohne sie abgefahren. Für sie war kein Platz mehr im Bus. Ihre Mutter hat sie dann in die Schule gebracht, obwohl sie selbst eigentlich schon längst auf dem Weg zur Arbeit hätte sein müssen.

»Was hätte ich machen sollen – mein Kind wurde mit dem Rat, warte halt auf den nächsten Bus, dort stehen lassen«, fragte die Frau, die nicht möchte, dass ihr Name genannt wird.

War das jetzt eine Ausnahme oder geht es auch noch anderen Kindern und Jugendlichen so ähnlich? Ein kleiner Check an der Basis, an der Bushaltestelle vor der Rundhalle, an einem ganz normalen Werktag gegen 12 Uhr brachte schon erstaunliche und teilweise auch erschreckende Fakten. Der Busfahrer, mit dem wir zuerst sprachen, nannte einige Gründe, warum die Busse oft gnadenlos überfüllt sind. Zum einen hängt dies von der Anforderung der Schule beim Busunternehmen ab.

»Voll ist, wenn wir zu dritt vorne beim Fahrer auf dem Kassierbrett sitzen«

Je mehr Schüler gl eichzeitig aus dem Unterricht kommen, je mehr Fahrgastkapazität muss bereitgestellt werden. In der Theorie gut und schön, in der Praxis kommt es jedoch oft vor, dass mal eine Schulstunde ausfällt und wenn das gerade die fünfte oder sechste Stunde ist, dann ist vor der Rundhalle urplötzlich die Hölle los. »Die Kids wollen heimgefahren werden und steigen in jeden Bus ein, den sie kriegen« berichtet der Mann, der seit 1973 hinter dem Steuer von Schul- und Linienbussen sitzt. Dies hat zur Folge, dass sie nicht unbedingt an der Haltestelle rausgelassen werden, die von »ihrem« Bus angefahren wird. »Was wir dann zu hören kriegen können sie sich vorstellen.«

Dazu kommt das Verhalten vor und im Bus. »Die Großen drücken die Kleinen beim Einsteigen nach hinten und der Bus selbst ist oft der einzige Raum, in dem die jungen Fahrgäste mal laut sein können. Der Krach macht ihm zwischenzeitlich nichts mehr aus, aber ein Schulbusbegleiter, wie es sie in Alpirsbach oder Altensteig gibt, das fände er sehr gut.

Inzwischen hat‘s drüben im Hohenberger Schulzentrum (Real- und Gemeinschaftsschule unter einem Dach) zum Ende der fünften Stunde geschellt. Viele Schülerinnen und Schüler aller Altersstufen drängen in den Bus. »Ich fahr da nicht mit, der Bus ist mir jetzt schon zu voll«, stellt die elfjährige Mathilda recht routiniert fest. Und dies, obwohl sie erst seit ein paar Tagen hier in die Schule geht. »Mein Papa musste mich letzte Woche abholen, weil ich nicht mehr in den überfüllten Bus reingekommen bin«. erklärte sie. Ihre Kameradin Elisa, ebenfalls elf Jahre alt, brauchte in den sieben Tagen, in denen sie jetzt in die Gemeinschaftsschule geht, schon zweimal das »Mama-Taxi«. Ein paar junge Herren aus der zehnten Klasse können da nur müde grinsen. Ihnen ist der Bus vor der Nase weggefahren und die Begründung »der war voll« ließen sie so nicht stehen. »Voll ist, wenn wir zu dritt vorne beim Fahrer auf dem Kassierbrett sitzen«, beschreiben sie den Zustand, den sie oft erleben. »Meist kommen die Busse, die vom MGG anfahren, hier schon voll an«, gibt es die Erklärung, auf die Frage, wo denn die vielen Schüler herkommen sollen, die so einen Bus füllen, gleich hinterher. Eigentlich birgt die Beförderung von Schulkindern in überfüllten Bussen ein Widerspruch in sich. Im Nahverkehr werden im Bus jede Menge Stehplätze ausgewiesen, wenn aber beispielsweise der Narrenverein von Göttelfingen nach Rottenburg kutschiert wird, dann fährt man keinen Millimeter, wenn nicht alle Passagiere auf ihrem Platz sitzen. Stehplätze gibt es dort nicht. Ein Manko, auf das von verantwortlicher Seite mit Schulterzucken, Bedauern und »so sind halt die Richtlinien« reagiert wird.

Peter Staufer, im Landratsamt Freudenstadt für Ordnung und Verkehr zuständig, zeigte sich mehr als überrascht ob der Situations-Schilderung. Seiner Meinung nach ist der Horber Schulverkehr so gut vertaktet, dass es keine solchen Beeinträchtigungen gegen dürfte. »Am Schuljahresanfang muss sich das Ganze einschleifen – nach 14 Tagen dürften die Anfangsprobleme beseitig sein«, so seine Einschätzung. Die Jungs von der Zehnten wissen es aber besser. »Die Probleme haben wir das ganze Jahr – wir kennen gar nichts anderes.«

Jürgen Wütz, in der Horber Stadtverwaltung für die Schülerbeförderung zuständig, kennt dieses Problem auch. Im gestrigen Telefonat sagte er: »Gerade in Richtung Göttelfingen gibt es jedes Jahr Probleme, weil wir nicht wissen, wieviel Schüler mitfahren wollen oder wieviel Schüler von ihren Eltern, aus unterschiedlichen Gründen auch immer, in die Schule und zurück gefahren werden.« Er werde sich aber sofort wegen des »Nordstetter Falls« mit seinem Vertragspartner, der RVS, in Verbindung setzen und erklärte, dass für den 14. Oktober der alljährliche runde Tisch »Schülerbeförderung« anberaumt sei, bei dem sich sämtliche Beteiligten treffen um die Feinjustierung für den Busverkehr vorzunehmen. »Direkt nach Schuljahresbeginn wäre dies nicht sinnvoll«, so Wütz, »denn wir müssen Basisdaten sammeln um an den Stellschräubchen drehen zu können«. Schau mer mal, was drauss wird!

Weitere Informationen: Die Verantwortlichen können nur dann reagieren können, wenn sie von Missständen erfahren. Deshalb bittet Jürgen Wütz von der Stadtverwaltung (Telefon 07451/901-250) sich persönlich an ihn zu wenden, damit man Probleme in der Schülerbeförderung schnellstmöglich abstellen kann.