Laptop, Musik, dazu läuft noch der Fernseher – Lea, Protagonistin des Theaterstücks, ist von vielen Medien umgeben, die ihr bald das Leben zur Hölle machen. Foto: Frank

250 Schüler verzichten eine Woche lang auf Handy, Computer, Spielekonsole und Fernseher.

Horb - Sich morgens in der Schulpause für den Nachmittag verabreden? Eigentlich nicht nötig, es gibt ja WhatsApp und Co. Schüler aus Horb versuchen nun, eine Woche ohne das Internet und andere Medien auszukommen.

"Von zwölf möglichen Klassen sind elf in diesem Jahr dabei", freut sich Jugendreferent Markus Guse. Bereits zum siebten Mal findet die Projektwoche "off-Time" für Schüler der Jahrgangsstufe 6 statt. Das Gymnasium, die Realschule, die Gemeinschaftsschule und die Roßbergschule sind dabei. Ihr Handy geben die Schüler für fünf Tage ab, und auch Computer, Fernseher und Spielekonsole sollen möglichst ausgeschaltet bleiben.

"Das erfordert zu Hause natürlich Selbstdisziplin, die Schule kann da nichts kontrollieren", muss Schulsozialarbeiterin Madline Cabon zugeben. "Die Eltern wurden aber bei einem Elternabend informiert und könnten gegebenenfalls selbst solange auf diese Medien verzichten", fügt sie hinzu.

Von Kochen über Karate bis Bogenschießen

Da müssen für die Kinder natürlich alternative Freizeitangebote her. "Mit einem ›Festivalbändchen‹ kommen die Schüler jeden Tag umsonst in das Neckarbad", erzählt Guse. Cabon führt das Programm noch weiter aus: "Man kann einen Karate-Schnupperkurs machen, an einer Spielolympiade im Marmorwerk oder an einem Fußballturnier teilnehmen, kochen oder Bogen schießen." Das Durchhalten wird belohnt: Am Ende der Woche gibt es einen Zuschuss von 50 Euro für die Klassenkasse.

Aus ein bisschen Spaß wird schnell Ernst

Um die Schüler für ihr spannendes Projekt zu motivieren, hielt Oberbürgermeister Peter Rosenberger am Montagmorgen eine kurze Ansprache im Schulzentrum. Zu Beginn stellte er die Frage, wie viele Schüler denn kein eigenes Handy hätten – es waren tatsächlich nur zwei. Rosenberger wies weiter darauf hin, dass Internet und Smartphone zwar nützliche Erfindungen seien, man aber darauf achten müsse, wann und wie man diese Medien benutzt. Wenn den Schülern Mobbing im Netz auffalle, sollten sie sich sofort an jemanden wenden – und wenn man mit Eltern und Freunden nicht darüber reden könne, seien immer noch die Lehrer oder Schulsozialarbeiter da.

Cyber-Mobbing und Medienkompetenz – mit diesen Themen beschäftigte sich auch eine mobile Theaterproduktion des Ensembles "Radiks" aus Berlin, das am Montag am Horber Schulzentrum zu Gast war. Unter dem Titel "Fake oder War doch nur Spaß" spielten Anna-Lisa Finke und Philipp-Manuel Bodner und nahmen mehrere Rollen ein.

Im Mittelpunkt des Stücks steht die 17-jährige Lea. Sie hat die Chance, bei einer Casting-Agentur aufgenommen zu werden, doch ihr Vater weigert sich, den Vertrag für die minderjährige Tochter zu unterschreiben. Als wäre das nicht schon Ärger genug, gibt es auch noch Streit mit der Clique. Aus dem einfachen Kommentar auf der Webseite ihrer gemeinsamen Band, Lea hätte die Gruppe verlassen, wird schnell bitterer Ernst. Da ihr Vater einen Fischladen betreibt, wird Lea online zum "Stinkfisch", samt Fotomontage. Ein Video, in dem Lea völlig betrunken ist, wird ebenfalls hochgeladen. Sie versucht vergeblich, es zu löschen – immer wieder taucht es auf. Als Leas ehemals beste Freundin Nadine auf die Sache angesprochen wird, zeigt sich, wie machtlos der einzelne Nutzer ist, wenn so eine "Lawine" von Hass einmal losgetreten wurde: "Lea Beleidigen ist zum Sport geworden, ich kümmere mich gar nicht mehr darum." Und gleich darauf wird hinzugefügt: "Ich habe ja nur angefangen." Angefangen haben Nadine und der Rest der Clique – enden tut die Geschichte mit der Psychiatrie und mehreren Gerichtsverhandlungen.

Immer wieder steigen die Schauspieler aus ihren Rollen und geben den Schülern Erklärungen. Da wird so einiges klar: Was einmal hochgeladen wurde, verschwindet auch nicht so schnell wieder. Und "ich habe ja nur angefangen" kann mit einer ordentlichen Strafe enden.

Auch für dieses Jahr ist Guse zuversichtlich für das Projekt: "Am Ende der Woche war bisher immer ein Großteil der Schüler begeistert. Auch wenn zu Anfang die Befürchtung ist: ›Wie geht es ohne Handy nur weiter?‹".