Siegfried und Roy mit ihren vier schwulen, veganen Tigern. Foto: Morlok

Bei tierischem Eröffnungsball passiert Unglaubliches. Riesenfez mit Tigern, Tänzern und Trapez.

Horb - Sehr verehrtes Publikum – Hereinspaziert in den größten Reality Zirkus der Welt, in das schöne Städtchen Horb, das mit seinem vielen lustigen Attraktionen die Bürger das ganze Jahr über ständig bei närrischer Laune hält.

Die Narrenzunft Horb lud zu ihrem Eröffnungsball in die Hohenberg-Manege ein und der Graf im neuen Häs rief allen Besuchern zu: "Im kunterbunten Zirkus Horb seid ihr als Narren Hahn im Korb – jetzt startet unsere große Schoo – Narri, Narro und Horrido. Wir machen hier gleich Riesenfez, mit Tigern, Tänzern und Trapez".

Bevor die lockige Brigit Brüstle Guth als Zirkusdirektrice durchs international besetzte Starprogramm führen durfte, schlugen die großen fünf Minuten von Zunftmeister und Hofmarschall. Fasnet ist Brauchtum und in Horb eine ernste Sache. So sieht man‘s auch im Rathaus und machte mit einem neuen Sicherheitskonzept dem "Zunfti" Spaß. Und des net nur "uff dah Gass". "Metze" Kreidler gab seinen Senf dazu, indem er feststellte: "Verwaltung und Gemeinderat tun gern jonglieren – doch am End des Tages tut nix passieren".

Im Zirkus Horb passierte Unglaubliches. Giraffen, Einrad-Fahrer, Jongleure, Popkorn-Verkäuferinnen, schwule Tiger, die auf vegane Ernährung stehen, Clowns, Selbstdarsteller, ja ganze Zirkusfamilien und ein Wortdomteuer, der der Horber Politszene satirischen Pfeffer gab nebst einem C-Klasse-Bauchredner, der schon im Gemeindesaal von Dätsail auftrat, zeigten ihre Kunst im Licht der Scheinwerfer. Dazu wirbelten die Horber Tanzhexen mit ihren Chicken-Wings und drei kompetente Wahrsagerinnen wagten Blicke in Glaskugel und Wodkasatz.

Nach viel Brauchtum, Narri, Narro und Horrido und etlichen zwangsgereimten Versen stieg mit der Zirkusfamilie "Charmanti" der erste zirzensische Kracher Richtung Chapiteau. Susanne Baiker, Julia Blank und die Brüder Markus "Euro" und Daniel Wagner sangen sich mit Bemerkungen wie: "Hört ihr das piepsen hier von meiner kleinen Maus – sieht sie nicht wie Jan Zeitler im grauen Anzug aus" in die Herzen der Zuhörer. Ohne Hexabeb und doppelten Boden marschierten sie trällernd durch ihre großartige "Wonderful World", die nur im verwaltungsgeprägten Sägemehlrund der Horber-Manege zu finden ist.

Großangriff auf die Lachmuskeln

Oder beim "Real" auf dem Hohenberg. Dort recherchierte das NZ-TV zum Thema "Welches Tier wären sie gerne" und bekam Antworten, die (fast) ungeschnitten als Großangriff auf die Lachmuskeln der Eröffnungsballbesucher zu werten sind. Ralf Berger und sein Team drehen die Filmchen und erlebten bei ihren Reisen mit der Videokamera auch den Tierskandal der Familie Kitkat live mit. "Alle unsere Tiere, Hunde, Katzen, Ratten, Igel – alle sind über Nacht verschwunden. Wir stehen vor den Scherben unserer Existenz", jammerte die Dompteursfamilie unter dem Lützenhardter Ortsschild stehend zur Freude der Zirkusbesucher.

Einer anderen Sache ging Hatschi Häberle vom Hexen TV nach, der nach ausgebrochenen und nie wieder gefundenen Zirkustieren in Horb suchte. Sie hatten sich im Rathaus versteckt. Dort sind sie intelligenztechnisch bis heute nicht aufgefallen und zwei der abgehauenen Tiere mischte sich bei der Premierenvorstellung unters Publikum. Silberrücken-Gorilla Peter der Große und Jeanette, die Behaarte, sah man am Promitisch fröhlich schunkelnd mitfeiern.

Auch der schwule Tiger von Siegfried und Roy, der die Schnauze voll hatte von Peitsche und Dressur, schien das Verwaltungsgebäude auf dem oberen Marktplatz ein sicherer Platz zu sein. Also ab ins Rathaus, sechs Wochen lang jeden Tag einen Beamten gefressen, das ist nicht weiter aufgefallen, erst als er jedoch aus Versehen die Putzfrau vernaschte, war das tolle Versteckspiel zu Ende.

Schon allein für diesen Teil der Show hätte die NZ einen Zirkus-Oskar verdient gehabt, aber was dann kam, das war richtig nett.

Ball lebt von lokalpolitischer Brisanz

Der Eröffnungsball der Narrenzunft Horb lebt ganz klar von der lokalpolitischen Brisanz. Man könnte fast sagen, es ist eine politische Fasnet.

Für Manchen aus dem Reigen der Politprominenz, die sich jedes Jahr ihre Verbal-Watschen abholen, ist es auch ein Pflichttermin. Sehen und gesehen werden ist in diesem Geschäft wichtig.

So waren die Zirkusdirektoren vom Landtag, die Herren Norbert Beck und Timm Kern, genauso zugegen wie die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken, deren Kostüm irgendwie gar nichts mit Zirkus zu tun hatte. Hans-Joachim Fuchtel kam wie immer als Cowboy und hatte, nachdem man ihn ein paar Minuten ohne Essen und Trinken am Tisch sitzen ließ, die Befürchtung, dass man ihn als Gag des Abends als Hungerkünstler präsentieren wolle.

Passiert ist der Politprominenz in diesem Jahr im Großen und Ganzen nichts. Nicht einmal Jan Zeitler verrutschte der goldene Lorbeerkranz, den er sich als Imperator Cäsar aufgesetzt hatte. Lediglich Peter Rosenberger und vor allem Wirtschaftsförderer Axel Blochwitz, aber auch der Herr Munding bekamen den ein oder anderen Blattschuss verpasst.

Politsatiriker und Bauchredner Ralf Brakopp und seine kalauernde Handpuppe Walter (Markus Maier), die die Freudenstädter für einen Haufen gefrorener Armleuchter hielten, machten es gnädig. Sie philosophierten über die wechselnde Farbe vom Lotzerhaus, über Parkgebühren und Walter zeigte dem Finanzamt den Stinkefinger.

Richtig tief in die satirische Trickkiste griff der Hohenberg Houdini Mike Z. Für seine erste, unglaubliche Großillusion, mischte er ein »bissle Müller, a wenga Rewe, a Stückle Deichmann ond a Prise Vögeles-Schiss« im Zauberhut, rief dreimal schwarzer Peter und schon war das Einkaufszentrum auf dem Postareal fertig. Es war halt nur ein ganz kleines – aber immerhin besser als keines. »Als i am Familienabend der örtliche CDU ankündigte, dass i auf offener Bühne a Frau verschwinden lasse, na hot dr Munding geschriea: Margret gang nuff«, verriet Houdini Z. dem begeisterten Publikum.

»Den Munding schätz i joh sowieso saumäßig – wenn man dem abends auf dem Marktplatz begegnet meint man, es sei schon wieder Halloween«, stänkerte Mike Z. vor sich hin, bemerkte jedoch, dass die bei der CDU halt »koin Bessera« hätten. »Der Barth isch ab, der Saur weg – die Zwei haben das Trauerspiel ums Einkauszentrümle nicht mehr mit ansehen können«.

Vielleicht kann es Axel Blochwitz retten, dem Dieter Bohlen sicher attestieren würde: »Axel, du bist eine Null – und das ist noch aufgerundet«. Fürs Postareal hatte der Zauberer mehrere Lösungsvorschläge im Zylinder. Mit zwei, drei Briefkästen, die der liebe Axel dann betreuen dürfte – das schafft er gerade so – könnte man dort eine Steueroase basteln oder für die Helden der FDP eine nationale Gedenkstätte errichten. »Der Theurer und der Kern könnten dann auf ihre alten Tage dort den Marmor polieren und hätten so eine tolle Aufgabe«.

Natürlich vergaß er nicht, von den bisherigen Heldentaten des Herrn Matthieu zu berichten, der eine Fußgängermaut einführen wollte und erfahren musste, dass es die seit den Ritterspielen schon gibt. Vielleicht sollten die Horber die drei berühmten Wahrsagerinnen (Elke Straub, Ute Schuler und Ute Karp) befragen, die einem morgen schon sagen können, was heute passiert ist. Sie stellten fest, dass Peter Rosenberger langsam auch zu ihrer Zunft gehört. »Der hot au bald a Kugel – nur halt ondarom«. Dass Schnaps nicht immer gut tut, verriet ihre Prognose: »Rosi geht zurück nach Mannheim – Edith Barth wird OB und Horb eine echte Einkaufsstadt«.

Horrorszenario und Wunschvorstellung – im Zirkus Horb ist alles möglich.