Am Rande des Hochdorfer Umzugs prügelten zwei Gruppen auf einen Schlichter ein. (Symbolfoto) Foto: Otto

Zwei Gruppen prügeln am Rand des Hochdorfer Umzugs auf Streitschlichter ein. Opfer bekommt 1000 Euro.

Horb/Nagold-Hochdorf - Da sind die zwei jungen Erwachsenen aber gut weggekommen. Jeder muss nun 500 Euro an einen verprügelten 22-Jährigen aus einem Eutinger Ortsteil als Schmerzensgeld bezahlen, und die Verfahrenkosten müssen ein 20-jähriger Empfinger und ein 19-jähriger Horber dazu noch übernehmen.

Was war geschehen? Nach dem Fasnetsumzug am 18. Januar dieses Jahres in Nagold-Hochdorf gab es zwei Stunden nach Mitternacht eine Schlägerei zwischen zwei Gruppen mehr oder weniger betrunkener junger Männer, in die auch eine junge Frau verwickelt war, die allerdings nur als Streitschlichterin in Erscheinung treten wollte.

Von der Polizei, die in unmittelbarer Nähe postiert war, wurden recht schnell die beiden Angeklagten als Hauptschläger ermittelt. Bei der gestrigen Verhandlung vor dem Horber Amtsgericht begann alles gleich mal mit einem "Anschiss" für die auf einen Aufruf wartenden Angeklagten. Amtsrichter Achim Ruetz beschwerte sich lauthals darüber, dass die jungen Männer nicht schon im Gerichtssaal waren, wo sie ihn doch in seiner Robe vorbeigehen sahen. Der Richter hatte anscheinend nicht seinen allerbesten Tag erwischt, er flippte noch einmal aus, als eine Zeugin sich nicht mehr erinnern konnte oder wollte, was vor gerade einmal einem halben Jahr geschehen war.

Ruetz setzte noch einen drauf, indem er seine Lautstärke nicht zurücknahm, als er die Staatsanwältin ums Wort bat. An zwei verschiedenen Stellen an der Altheimer Straße im Nagolder Stadtteil wurde auf den 22-jährigen Eutinger eingeschlagen und getreten, so viel war klar. Das wurde von den beiden Angeklagten dann auch eingestanden, als sie merkten, dass die acht geladenen und auch erschienenen Zeugen in ihrer Mehrheit Aussagen machten, die kaum noch Zweifel am Hergang der Auseinandersetzungen aufkommen ließen.

Beschimpfungen in russischer Sprache soll es zuhauf gegeben haben

Über drei Stunden dauerte die Hauptverhandlung, denn zu den Zeugenaussagen kam auch noch der – eigentlich unerklärliche – Umstand, dass die Vertreter der Staatsanwaltschaft Rottweil (Staatsanwältin und Justizrefendarin) ohne Akte nach Horb gekommen waren und die Angeklagten und Zeugen alles zweimal auszuführen hatten.

Auslöser des Streits war anscheinend, dass einer der Streithähne mitten in der Nacht eine Sonnenbrille getragen hatte. Der geschädigte Eutinger, der eigentlich nur schlichten wollte, weil er der einzige Nüchterne in den Trupps war, wurde so verprügelt, dass er allerhand Verletzungen davontrug. Es gab wohl auch einige "Nebengefechte", die im 1:1-System ausgetragen wurden. 1:1 heißt, es wird ausgemacht, dass nicht mehrere Schläger nur einen Gegner verprügeln. Es sollen bei dem "Spiel" auch Waffen, wie Schlagringe und Schlagstöcke gesichtet worden sein und Beschimpfungen in russischer Sprache soll es zuhauf gegeben haben, was sich alles schlussendlich aber nicht beweisen ließ.

Jede zweite Antwort auf Fragen des Richters oder der Staatsanwältin lautete: "Weiß ich nicht mehr." Der 20-jährige Angeklagte räumte im Verlauf der Verhandlung ein, dass sich eine "blöde Gruppendynamik" entwickelt hätte. Als die anwesende Mutter des 19-jährigen Angeklagten zur Aufklärung beitragen wollte, versagte ihr Richter Ruetz ein Rederecht. Später allerdings ließ er die Mutter doch noch antworten. Die Angeklagten entschuldigten sich auf Empfehlung des Richters bei dem Geschädigten mit den Worten "Ist alles dumm gelaufen".

Die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe stellte fest, dass die Angeklagten bisher nicht so richtig viel angestellt hätten, sprach von einer guten Perspektive für die Zukunft und plädierte für eine Geldauflage. Die Staatsanwältin blieb bei dem Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung, beantragte eine Verurteilung nach dem Jugendstrafrecht mit Geldauflagen von je 500 Euro.

Richter Ruetz schloss sich dieser Forderung an, und die Verfahrenskosten kommen auch noch oben drauf. "Ihr seid keine unbeschriebenen Blätter und trotzdem heute glimpflich davongekommen. Ich gehe davon aus, dass wir uns hier nicht mehr wiedersehen."