Kult in Horb: eine gesellige Runde im Biergarten. Nun ist der "Rauschbart" auch deutschlandweit bekannt. Foto: Lück

Horber Gastronomie wird in München zum Lieblings-Biergarten gewählt. Misstöne bei Stimmenvergabe.

München/Horb - Die Überraschung ist perfekt: Ein Biergarten aus dem schwäbischen Horb wird zum deutschen "Lieblings-Biergarten" gekürt – und das in der Biergarten-Hauptstadt München!

Es geht zünftig bayerisch zu im Augustiner am Platzl in der Münchener Orlandostraße. Es gibt Bier vom Holzfass, Schweinshaxen und Leberknödelsuppe. Doch auf der Wochenkarte steht auch Zwiebelrostbraten Schwäbischer Art. Wenn das nicht passt: Denn dieser Dienstag ist auch "Schwabentag". Zwei Männer aus Horb im Kreis Freudenstadt räumen einen Preis ab, der quasi naturgemäß den Bayern gehört: "Lieblings-Biergarten 2012".

Allein unter Bayern – zwei Schwaben holen den begehrten Titel

Michael Singer und Christoph Steiglechner, die beiden Wirte des Biergartens "Rauschbart" mit idyllischem Blick hoch über Horb a. N.ckar, sitzen nervös an einem der Wirtshaus-Tische. Familienmitglieder haben sie verstärkt. Doch es ist dennoch ein besonderes Gefühl: allein unter den Bayern, mitten in deren Hoheitsgebiet. Beide schauen sich immer wieder nervös an. Sie wissen, dass sie unter die ersten drei in der größten Kategorie, der mit über 500 Sitzplätzen, gekommen sind. Es ist jetzt schon ein Riesenerfolg.

Dann wird der Drittplatzierte vorgelesen. Der Biergarten Mühlenpark aus dem bayerischen Garching. Singer und Steiglechner schauen sich an. Singer flüstert: "Wir sind schon Zweiter." Dann kommt der Zweitplatzierte: der Hofbräukeller in Würzburg. Die beiden Horber können es nicht fassen. Sie haben gewonnen. Doch ihr Jubel fällt bescheiden aus. "Wir haben den Wettkampf immer sportlich genommen", sagt Michael Singer in seiner Dankesrede. Insgesamt 2465 Stimmen haben die Horber von ihren Gästen bekommen, denn es handelt sich bei der Abstimmung um einen Publikumspreis.

Die Wahl zum Lieblingsbiergarten hatte die Internetseite Biergartenfreunde.de ausgerufen. Der Stellenwert des Preises wird untermauert, weil der Verein zum Erhalt der Bayerischen Wirtshauskultur (VEBWK) die Siegerehrung ausrichtet. Ein Verein, dessen Name witzig klingt, der aber einen ernsten Hintergrund hat, wie auch Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) bei seiner Rede erklärt: "Seit 2000 sind nach einer Forschungsarbeit im Auftrag des DEHOGA ein Viertel der Wirtshäuser in Bayern verschwunden. Das ist dramatisch."

An diesem Tag steht aber die Freude im Vordergrund. Obwohl es leichte Zweifel am Sieg der Horber gibt. Die Wirte des Würzburger Hofbräukeller berichten von mindestens 6000 Stimmzetteln, die sie zum Organisator geschickt hätten. Doch Thomas Glocker, Betreiber von Bierfreunde.de berichtet, dass nur 1800 Stimmzettel angekommen seien. Es habe wohl ein Postproblem gegeben, so Glocker. Das Würzburger Wirtepaar Gaby und Reinhard Henke nimmt die Niederlage trotzdem sportlich. Ebenso die bayerischen Gastgeber. Dass ausgerechnet Schwaben den Titel weggeschnappt haben, könne man verschmerzen. Erst recht, weil es ja doch zumindest zum Teil ein bayerischer Erfolg gewesen ist. Rauschbart-Wirt Steiglechner kommt aus Bayern und hat einst beim inzwischen verstorbenen Münchener Großgastronom und 1860-München-Präsidenten Karl-Heinz Wildmoser gelernt.

Und was die Bayern noch trösten wird: Sie räumten in den anderen Kategorien, Biergärten bis 200 und bis 500 Sitzplätze, fast ausschließlich die ersten drei Plätze ab. Nur eben nicht in der Königskategorie.

Und so kann sich der Rauschbart nun ein Jahr lang auch "Baden-Württembergs beliebtester Biergarten aller Klassen" nennen. Gefeiert kann das allerdings erst so richtig im nächsten Frühjahr werden: Denn die Biergarten-Saison am Neckar ist zu Ende.