Drei junge Männer mussten sich vor Gericht wegen zahlreicher Delikte verantworten. (Symbolfoto) Foto: dpa

Drei junge Männer beschimpfen Polizei und provozieren Richter. Hauptangeklagter bei allen zwölf Anklagepunkte dabei.

Horb - Sachbeschädigung, Körperverletzung, Randale, Rowdytum, Beleidigung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte – Delikte, wegen denen sich am Dienstag drei junge Männer aus einem Horber Teilort verantworten mussten.

"Alkohol war der rote Faden, der sie bei den Taten begleitete – Polzisten, Jugendliche, Biotonnen, die historische Mauerabdeckung des Dettinger Schlosses und der Mofa-Roller einer völlig unbeteiligten jungen Frau waren die Ziele ihrer Aggression", fasste Amtsgerichtsdirektor Albrecht Trick die Geschehnisse aus drei unterschiedlichen Tattagen im vergangenen Jahr zusammen.

Los ging es am späten Abend des 24. Februar 2016 gegen 22 Uhr. Da zogen die drei grölend durch die Längenthal-Straße in Dettingen und schmissen dabei mehrere am Straßenrand stehende Biotonnen um. Die Polizisten, von den Anwohnern herbeigerufen, wurden mit Ausdrücken wie "Ihr seid behinderte Bastarde", "Scheiß-Cops" oder der Bestellung "Acht Cola, acht Bier" was nichts weiter als der getarnte Spruch "All Cops are Bastards" (Alle Bullen sind Bastarde / ACAB) ist, empfangen. Beim zweiten Fall, ebenfalls in Dettingen, traten zwei der drei Angeklagten am 1. April völlig grundlos den auf dem Parkplatz der Schlossscheuer abgestellten Mofa-Roller einer jungen Frau kaputt. "Sie schmissen ihn um, kickten den Spiegel weg und traten so lange auf den Roller ein, bis er Totalschaden hatte", beschrieb es ein Anwohner im Zeugenstand.

Auch hier wurde die Polizei gerufen, und zwei Mann vom Horber Revier wollten nach dem Rechten sehen. Sie trafen auch die beiden Tatverdächtigen in der Nähe des Tatortes an, wurden von denen nur ausgelacht. Und der ältere der beiden behauptete keck: "Ihr könnt mit gar nichts beweisen." Pustekuchen! Die beiden Täter wurden gesehen, und der Zeuge konnte den Haupttäter als einen seiner ehemaligen Jugendspieler zweifelsfrei identifizieren.

Warum dieser auch noch zwei Abdeckplatten der Schlossmauer aus ihren Halterungen riss und sie zerstörte, das konnte er nicht mehr sagen. Gut zwei Promille Blutalkohol dämpfte etwas sein Erinnerungsvermögen, und ob es stimmt, dass er und sein Kumpel die Beamten, die inzwischen Verstärkung herbeigerufen hatten, mit "Verfickter Homo", "fetter Hurensohn" und "Drecksäue" – "dem Üblichen halt", wie es ein Beamter lakonisch nannte – titulierte, das war ebenfalls nicht mehr von der Langzeit-Festplatte des Täters abrufbar. "Ich weiß nur noch Handschellen und Arrest – mehr nicht mehr", erklärte er in seinen Schilderungen der Tat. Zwischen Handschellen und Arrest lag noch ein Widerstand gegen die Staatsgewalt mit Körperverletzung eines Beamten und die Feststellung: "Ihr könnt mich alle einmal am Arsch lecken."

Hoch her ging es auch in der Walpurgisnacht in

"Zur richterlich angeordneten Blutentnahme brauchte es fünf Beamte des Horber Reviers, um den mit Handschellen geschlossenen Täter ruhig zu stellen, so tobte er in der Arrestzelle", erinnerte sich der Innendienstleiter des Reviers im Zeugenstand.

Hoch her ging es auch in der Walpurgisnacht vor dem Altheimer Jugendclub. Dort sollen sie zu viert in eine Schlägerei geraten sein, bei der ordentlich ausgeteilt wurde. Die Horber Beamten sind, mit allem was an Einsatzkräften verfügbar war, ausgerückt, denn als man durchgab, wer an der Schlägerei beteiligt war, war klar, dass man hier mit voller Einsatzstärke ausrücken musste, denn die Herrschaften waren allesamt seit Langem polizeibekannt. Als die Polizisten am Ort des Gesehenen eintrafen, sahen sie gerade noch, wie ein Altheimer dem Hauptangeklagten einen Faustschlag ins Gesicht verpasste.

"Und daran, Herr Richter, können sie ersehen, was dort draußen für Menschen leben. Die scheuen nicht einmal davor zurück, einen anderen Menschen vor den Augen der Polizei zu schlagen", so der Einwand des heute 19-jährigen Angeklagten, der derzeit als Zeitsoldat bei der Bundeswehr dient. Er forderte mit vorlauten Bemerkungen die Denkfähigkeit des Vorsitzenden ein, indem er diesen aufforderte, mal nachzudenken, denn es könne doch gar nicht sein, dass er und seine beiden Mitangeklagten so blöd wären, in ein anderes Dorf fahren würden und dort gegen die örtliche Überlegenheit einen Streit anzufangen. "Wir wollten dort nur Spaß und haben die Faust bekommen", jammerte der junge Mann, der sich ansonsten überheblich nassforsch gab, sich ständig Notizen machte, ab und zu dazwischenquasselte und auf Nachfrage erklärte, dass er, nach seiner Ausbildung bei der kämpfenden Truppe eine Karriere bei der Feuerwehr anstrebe.

"Anstreben" war sowieso eines der wichtigsten Wörter in seiner Biografie, denn außer einem Hauptschulabschluss, den er mit Ach und Krach schaffte, hat er bis dato noch nichts fertiggebracht. Dass der einschlägig bekannte Bursche, mit dem man noch nicht einmal freiwillig im einem Aufzug fahren möchte, für den Faustschlag, den er bei der Schlägerei in der Mainacht 2016 einem Kontrahenten verpasste und die Beamtenbeleidigung gerade mal 600 Euro zahlen muss, nahm er mit großer Freunde auf. Noch billiger kam die Nummer drei in der Clique davon. Der heute 18-Jährige, der sich unlängst als "Hobby-Porno-Filmer" von Horb vor dem Amtsgericht verantworten musste weil er seine damals 15-jährige Freundin beim gemeinschaftlichen Sex filmte und zudem mit heimlich aufgenommenen Nacktfotos erpressen wollte, saß stoisch auf der Anklagebank und ließ alle ihm zur Last gelegten Anschuldigen an sich abtropfen.

Natürlich stimme alles, was man ihm vorwerfe, gab der gerichtserfahrene Heranwachsende zu, doch konnte er sich mit einer "vielleicht höchstwahrscheinlich sicheren Lehrstelle als Bäcker" (sein dritter Versuch) und damit, dass er gerade ein Bewerbungstraining übers Jobcenter mache und den Schaden am Mofa anteilmäßig mit 30 Euro pro Monat abstottere, relativ locker aus der Schusslinie nehmen, zumal er auch noch von der Vertreterin der Jugendgerichtshilfe eine schwere Jugend, verursacht durch den unsensiblen Stiefvater, attestiert bekam. Vom Gericht gab’s eine Verwarnung und die Auflage, 40 gemeinnützige Arbeitsstunden abzuleisten.

Nicht ganz so glimpflich kam der Hauptangeklagte davon. Er war bei allen zwölf Anklagepunkten an vorderster Front beteiligt und so was von einschlägig vorbestraft, dass er normalerweise glatt für längere Zeit in den Bau gewandert wäre.

Angeklagte kommen mit milder Strafe davon

Doch eine Art Wandlung vom Saulus zum Paulus im vergangenen Jahr, eine Langzeittherapie und die Zusage eines Horber Landschaftsgärtners, dass er im Sommer bei ihm eine Lehre anfangen könne, rettete ihn vor dem Gefängnis. Zumindest vorerst, denn vom Amtsgericht Rottweil ist noch eine Bewährungsstrafe von einen Jahr und neun Monate offen, und es nicht sicher, ob das Rottweiler Gericht die Bemühungen zurück ins bürgerliche Leben des volljährigen Straftäters in ebenso großem Umfang würdigt, wie es die Horber Kollegen am Dienstag taten. Richter Trick verurteilte ihn zu acht Monaten Gefängnis, die auf zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurden. Auf weitere Auflagen – außer der anteiligen Kostenübernahme und jeder Anzeige eines Wohnungswechsels – wurde verzichtet, da der Straftäter noch an die Auflagen seiner Vorstrafe gebunden ist.

Mit solch einem milden Urteil hatte weder der Hauptbeschuldigte noch sein Verteidiger gerechnet, und nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft machten beide Parteien durch Rechtsmittelverzicht das Urteil sofort gültig.