Vor dem Horber Amtsgericht muss sich derzeit ein Gerichtsvollzieher verantworten. Foto: Hopp

Am Amtsgericht Horb verhandelt Richter Achim Ruetz gegen ehemaligen Mitarbeiter des Hauses.

Horb - Ein Gerichtsvollzieher steht vor Gericht: Klingt kurios, ist aber so. Seit gestern verhandelt Richter Achim Ruetz am Horber Amtsgericht gegen einen ehemaligen Mitarbeiter des Hauses. Einem 51-jährigen Gerichtsvollzieher wird vorgeworfen, zwischen 2007 und 2010 in 49 Fällen Gebühren erhoben zu haben, die ihm nicht zustanden. Dadurch ist nach Angaben des leitenden Oberstaatsanwalts ein Schaden von knapp 1000 Euro entstanden.

Der Gerichtsvollzieher empfindet die Vorwürfe als ungerechtfertigt. In einer 32-seitigen Erklärung hat er dem Gericht dargelegt, wie er die einzelnen Fälle sieht. Er hat Einspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt. Deshalb muss nun vor Gericht geklärt werden, ob den Mann eine Schuld trifft.

Die Ungereimtheiten in seinen Unterlagen hat sein damaliger Dienstherr am Amtsgericht Horb bemerkt. Der jedenfalls hat eine Strafanzeige gegen den Gerichtsvollzieher gestellt und somit die Ermittlungen in Gang gebracht. Der Vorwurf wog damals noch viel schwerer: 100 000 Euro sollte der Gerichtsvollzieher veruntreut haben, was sich jedoch bald als falsch herausstellte. Die Ermittler fanden in den Akten stattdessen Hinweise auf die mutmaßlich zu unrecht erhobenen Gebühren.

Als die Ermittlungen gegen ihn liefen, war der Gerichtsvollzieher schon länger krankgeschrieben, Diagnose Burn-Out. Das habe einerseits an privaten Problemen und der hohen Arbeitsbelastung gelegen. Pro Jahr habe er 2000 Fälle bearbeitet, das bedeutet acht Fälle pro Arbeitstag. Der Leitende Oberstaatsanwalt sagt: "Das ist eine außerordentlich anspruchsvolle Tätigkeit, und sicher nicht vergnügungssteuerpflichtig."

Der Gerichtsvollzieher klagt aber auch über das Verhältnis zu seinem damaligen Chef am Amtsgericht Horb. Zuvor war er für Freudenstadt zuständig gewesen und habe gute Zeugnisse bekommen. In Horb habe er von Anfang an einen schlechten Stand gehabt. "Ich litt darunter, dass ich nicht willkommen schien. Das ging schon sehr nah ans Mobbing ran."

Der 3. August 2011 war schließlich ein Tag mit Ereignissen, die der krankgeschriebene Gerichtsvollzieher bis dahin nicht für möglich gehalten hätte: Er wurde aus heiterem Himmel verhaftet. Er erinnert sich: Er hat an seinem Wohnort seine Kinder in den Kindergarten gebracht und kehrte auf den Parkplatz zurück. Plötzlich hätten ihn Beamte in zivil geschnappt und auf den Boden geworfen, Gesicht nach unten. "Die Kindergärtnerin, die aus dem Fenster schaute, dachte, ich werde überfallen. Ich fand es schockierend, dass ich vor dem Kindergarten so dermaßen brutal behandelt werde", sagt er. Die Polizisten fuhren mit ihm zunächst aufs Revier und dann mit Durchsuchungsbeschluss zurück in sein Wohnhaus. Der Gerichtsvollzieher musste sämtliche Rechner rausrücken, auch private Festplatten, auf denen nur Musik gespeichert gewesen sei, sagt er. "Das war alles ziemlich erschütternd für mic.".

Die Verhandlung wird am Mittwoch, 22. Oktober, fortgesetzt. Mit einer Sachverständigen wird dann in jedem der 49 Einzelfälle geprüft, ob der Gerichtsvollzieher zurecht Gebühren erhoben hat.

Anmerkung der Redaktion:

Der langjährige Horber Gerichtsvollzieher Günther Schwartz legt Wert auf die Feststellung, dass es sich bei dem Angeklagten nicht um seine Person handelt.