Auf diesem Feld sollen die Häuser für die Flüchtlinge entstehen. Im Hintergrund Häuser von Anwohnern an der Roßbergstraße. Foto: Hopp

Diskussion läuft aus dem Ruder: Anwohner, Stadträte und politische Aktivisten überziehen sich mit verbalen Attacken.

Horb - In der Diskussion um den möglichen Bau von Häusern für Flüchtlinge wird der Ton schärfer. Die geplante Siedlung für rund 180 Personen stößt auf Skepsis – und erstmals bricht auch ein unverhüllt fremdenfeindlicher Jargon durch. Aber nicht bei den Anwohnern.
 
Der Ärger hat einen  Beigeschmack. Ein Landtagskandidat, politische Aktivisten und Horber Stadträte melden sich in Verlautbarungen zu Wort, deren Ton immer schriller wird.

Auch Anwohner der Roßbergstraße, in deren Nachbarschaft das Wohnbauprojekt entstehen soll, nehmen Stellung – doch sie finden momentan kaum Gehör. Die überwiegend sachlich formulierten Argumente (teils auch als Leserbriefe in unserer Zeitung erschienen) treten in den Schatten der Stimmungsmache.

Rechtspopulistische Klischees als Angstbild für Anwohner

Auslöser ist eine Stellungnahme des Republikaner-Stadtrats Martin Raible, die fragwürdige Passagen enthält. Sie wurde deshalb in unserer Zeitung nicht veröffentlicht.

Raible reiht in seinem offenen Brief rechtspopulistische Klischees aneinander. Zum Beispiel schreibt er: »Kann sich eine Frau, der in der Dämmerung auf ihrer Straßenseite mehrere Asylanten entgegenkommen, sicher fühlen?« Weitere solcher Fragen rücken die Flüchtlinge in die Nähe von Kriminellen, Drogendealern und Randalierern.

Steckt hinter Raibles Verlautbarung Taktik? Der REP-Mann hat sich mit seinem Vorstoß zumindest scheinbar mit dem einstigen SPD-Stadtrat und Roßbergstraßen-Anwohner Volkhard Bähr solidarisiert. Dieser hatte zuvor in einem offenen Brief Bedenken zu dem Projekt Flüchtlingshäuser geäußert. Allerdings wesentlich leiser und mit dem Tenor, dass man die Bürger stärker beteiligen solle. Bähr hatte aus der Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten Gauck zitiert.

Offene Fragen und Argumente gehen unter

Zur Flüchtlingsdebatte hatte Gauck sinngemäß gesagt, es seien Lösungen gefragt, die das Wohlergehen der eigenen Bürger berücksichtigen, aber nicht die Not der Flüchtlinge vergessen. Bähr glaubt, dass dies auf dem Hohenberg schief läuft. »Wie kann man mit einem ›Holzdorf‹ für 180 Personen das Wohlergehen der eigenen Bürger berücksichtigen?«, fragt Bähr in seinem Brief.

Daraufhin schreibt Raible, und seiner Verlautbarung folgt ein Aufschrei von Gemeinderäten und politisch Interessierten. Polemik und Sachargumente mischen sich.

Die nüchterne Frage, ob die Neubauten später als Erstaufnahmeeinrichtung (wie in Ergenzingen) oder als Anschlussunterbringung genutzt werden und welchen Unterschied das macht (gestellt zum Beispiel von UHL-Stadtrat Hermann Walz) scheint plötzlich in der Aufregung genau so unterzugehen wie das Fazit zahlreicher aktueller Erkenntnisse (wiedergegeben in einer Stellungnahme von Frercks Hartwig), dass von den Flüchtlingen keine Bedrohung ausgeht.

Dann meldet sich die ehemalige Grünen-Stadträtin Kristina Sauter zu Wort und nimmt nicht nur Martin Raible, sondern auch die Anwohner der Roßbergstraße, Friedrich Letzguß und Volkhard Bähr, ins Visier. Sie schreibt von »dumpfem, braunen Gedankengut«. Raible solle sich für »seine Fantasien unter der Gürtellinie« schämen und »die Lehrer Letzguß und Bähr für ihre unchristliche und unsoziale Haltung«. Starker Tobak, und entsprechend verärgert reagiert Volkhard Bähr, der sich plötzlich in die rechte Ecke gedrängt und als Angehöriger einer Berufsgruppe diskriminiert sieht.

Dem folgte gestern Abend noch die nächste Steigerung: Denn inzwischen sollen auf dem Hohenberg bereits Flugblätter kursieren.

Der Beigeschmack? Er ergibt sich aus den Aktivitäten Martin Raibles. In der REP-Hauptversammlung des Kreisverbands Freudenstadt im Mai 2015 in Lützenhardt wurde der Elektromeister aus Nordstetten einstimmig zum Landtagsbewerber für den Wahlkreis 45 gewählt. Damals 55 Jahre alt und seit Januar 2015 Mitglied des Horber Gemeinderats. Zum Zweitbewerber wurde der Holzbautechniker i.R. Cord-Wulf Crome aus Betra bestimmt. »Martin Raible und Cord-Wulf Crome sind aktiv in der Pegida-Bewegung«, meldeten damals die Republikaner.

Über Pegida kann man bei Wikipedia unter anderem nachlesen: »Insgesamt zählten die Behörden von Oktober 2014 – der ersten Pegida-Demonstration in Dresden – bis November 2015 940 Straftaten. Die Delikte reichen von Körperverletzung über Beleidigung und Bedrohung bis zur Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.«