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Verzögert neue Automatik Bau der Überführung? Bahnsprecher: "Zwei völlig unterschiedliche Töpfe." Mit Leitartikel

Horb-Talheim - Die gute Nachricht überraschte so manchen: Die Deutsche Bahn baut jetzt doch die automatische Sicherungsanlage am Bahnübergang wieder auf. Wird damit alles gut?

Leser Wilhelm K.: "Schon viele Jahre hatten wir dort immer ›Bauchweh‹, wenn wir zum Beispiel zur Metzgerei Hund, die es gar nicht mehr gibt, oder zum Real, als dieser noch aktuell war, und wegen Baubedarf und Garten zum ›Hela‹ fuhren. Bedenken Sie aber, dass wenn die Bahn am Übergang investiert, könnte sie unter Umständen die Brücke auf den Sanktnimmerleinstag verschieben. Da wäre dann der Schuss in die falsche Richtung gegangen."

In der Tat. Denn: Die Deutsche Bahn, so hatte der Sprecher bereits gesagt, könne noch nicht sagen, ob man lediglich eine automatische Ampelanlage einbaut oder vielleicht sogar eine Halbschranke. Schon seit Jahren hatte sich das Rathaus für die Installation einer Halbschranke eingesetzt. Der Grund: Die Straße macht hier von beiden Seiten eine Kurve. Es gibt Vermutungen, dass der Lkw-Fahrer, der am 10. September 2015 mit einer Regionalstadtbahn zusammengestoßen ist, das rote Warnblinklicht an der kurvigen Stelle übersehen hatte.

Bauwerk soll im Jahr 2018 entstehen

Deshalb gilt eine Brücke, die diese kritische Stelle überspannt, als die sicherste Variante. Für alle Autofahrer, aber auch für die Lokführer.

Und hier gibt es Merkwürdigkeiten: Das Bauwerk soll im Jahr 2018 entstehen. Wie eine Sprecherin des Landesverkehrsministeriums erklärt, ist die Brücke im Bauprogramm. Das Ministerium hat den Bau genehmigt. Jetzt ist das Regierungspräsidium Karlsruhe dabei, den Bau zu planen. Der Start soll 2018 sein.

Merkwürdig aber, so berichten Informanten dem Schwarzwälder Boten: Obwohl die Zeichen für den Baubeginn im Jahr 2018 stehen, sei angeblich bisher noch niemand auf die Eigentümer der Grundstücke zugekommen, auf deren Land die Brücke entstehen soll.

Fakt ist aber auch, so der Bahnsprecher gestern: "Wir haben unsere Hausaufgaben für den Brückenbau bei Horb-Talheim gemacht. An den Kosten beteiligen wir uns zu einem Drittel. Wir haben unsere Mittel für die Finanzierung der Brücke für das Jahr 2018 eingestellt."

Doch was ist, wenn jetzt ein neuer, teurer automatischer Bahnübergang bezahlt werden muss? Der Bahnsprecher: "Das sind zwei völlig unterschiedliche Töpfe. Die Brücke gehört zu den Neubaumaßnahmen. Die zugbewirkte Bahnübergangssicherung – so heißt die automatische Anlage im Bahndeutsch – wird aus dem Etat für Reparaturen bestritten."

Auch Horber Gemeinderat Hermann Walz (ULH) atmet auf

Wie der Schwarzwälder Bote exklusiv berichtete, hatte Sven Hantel, Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn AG in Baden Württemberg brieflich angekündigt: Es seien "Maßnahmen eingeleitet, die eine schnelle Wiederherstellung einer zugbewirkten Bahnübergangssicherung zum Ziel hat. Wir sind zuversichtlich, die neue Sicherungsanlage so schnell wie möglich bauen und in Betrieb nehmen zu können."

Auch andere Medien, wie beispielsweise Antenne 1 oder Radio Neckarburg, nahmen sich des Themas an und vermeldeten das in den wichtigen Mittagsnachrichten gegen 13 Uhr.

Einer, der über diese Nachricht auch aufatmet, ist der Horber Gemeinderat Hermann Walz (ULH). Täglich passiert er den Bahnübergang. Er hatte deshalb das Thema nicht nur beim Wahlkampfbesuch von Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) auf den Tisch gebracht, sondern auch Heinrich Kuhn (AfD), den Alterspräsidenten des baden-württembergischen Landtags, zu einem Ortstermin geladen (wir berichteten).

Jetzt sagt Walz, auch Ortschaftsrat in Talheim: "Ich bin froh, dass die vielen Vorstöße endlich zu einem Ergebnis geführt haben. Jetzt hoffe ich natürlich mit allen, die diesen Bahnübergang täglich überqueren müssen, dass die Bahn schnell zu Potte kommt."

So gesehen: Happy End

Von Ralf Klormann

Der per Hand gesicherte Bahnübergang bei Talheim – ein Horber Thema, das unsere Zeitung in den vergangenen Monaten wie kaum ein anderes beschäftigt und begleitet hat. Seit im September ein Lastwagen gegen die dortige Sicherungsanlage krachte, beobachten wir kritisch, was an dieser Schienenkreuzung für die Sicherheit der Menschen getan wird. Was die Deutsche Bahn dafür unternimmt – oder eben nicht unternimmt. Wir waren dabei, als die Postensicherung begann. Als diese versagte und beinahe einen Unfall zur Folge hatte. Als die Ampel ausfiel und das Flatterband wieder herhalten musste. Als der Bahnübergang ohne Posten blieb und die Züge langsam über die Straße glitten – weil es zeitweise nichts und niemanden mehr gab, das oder der vor den herannahenden Schienenfahrzeugen hätte warnen können. Außer dem obligatorischen Andreaskreuz, das – und darauf wurden etliche Menschen nicht müde hinzuweisen – doch genügen müsse, wenn man die Straßenverkehrsordnung kenne. Dass selbst die Deutsche Bahn das offenbar anders sieht, und deshalb dort vor vielen Jahren eine Ampelanlage und später eine Postensicherung installierte, war uns jedoch Beweis genug, dass wir nicht nachlassen dürfen. Deshalb hakten wir nach. Stellten Fragen, wie lange die Situation an diesem Bahnübergang so bleiben soll. Ob es Alternativen gibt. Haben Alternativen aufgezeigt. Und entdeckt, dass die Bahn jene Alternativen scheinbar längst hätte haben können. Bis eine dieser Alternativen mit einer Verknüpfung von Ampel, Schiene und ankommendem Zug tatsächlich umgesetzt wurde – als eines von zwei Pilotprojekten, das in Zukunft als mobile Sicherungstechnik bundesweit zum Einsatz kommen könnte. Und nun, nach Monaten des Recherchierens und Berichtens, nach etlichen Fragen, Antworten und Artikeln ist auch endlich geschehen, was noch vor wenigen Wochen unmöglich schien: Die Bahn will eine neue Sicherungsanlage bauen lassen. Das hatte Sven Hantel, Bevollmächtigter des Konzerns für Baden-Württemberg, in einem Brief an den Landtagsabgeordneten Timm Kern (FDP) Anfang der Woche erklärt. Die langen Genehmigungs- und Planungszeiten, die Finanzierung; eigentlich alle Gründe, die laut Bahn gegen eine neue Anlage gesprochen hätten, scheinen vom Tisch zu sein. Warum das so ist? Unklar. Einen nicht unwesentlichen Beitrag hat sicher unsere Zeitung geleistet. Indem wir öffentlich gemacht haben, was manch einer der Bahn-Verantwortlichen vielleicht lieber im Verborgenen gelassen hätte. Und dennoch handelt es sich bei der sich abzeichnenden Lösung sicher nicht allein um einen Erfolg der Presse. Es ist das Verdienst vieler Menschen. Von Anwohnern, Politikern, der Stadt Horb – und am Rande eben auch der Medien. Vor allem aber ist es ein Sieg der Sicherheit – der beweist, dass man nicht immer hinnehmen muss, was gegeben scheint. Und dass es sinnvoll sein kann, sich einzusetzen, wenn ein Zustand untragbar scheint. Mal sehen, ob die versprochene Anlage auch tatsächlich am Bahnübergang ankommt – und vielleicht als Präzedenzfall in die Geschichte der Bahn eingeht, nach dem das Unternehmen in ähnlichen Situationen künftig handeln wird. Dann wär’s ein Happy End.