Bequem sieht das nicht aus: Ein Student des Hesse-Kollegs nutzt Wasserflaschen als Sitzgelegenheit. Foto: Hopp

Sitzgelegenheiten wurden wegen Problem-Szene vor Kaufland enternt. Viele Reisende sind sauer.

Horb - Wegen der Problem-Szene wurden die Sitzgelegenheiten von der Stadt entfernt. Viele Pendler sind sauer, weil sie jetzt stehen müssen.

Jörg Buschak wohnt in Horb und arbeitet in Baiersbronn. Täglich pendelt er mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Er sagt: »Ich verstehe nicht, warum es jahrelang nicht geschafft wird, die Szene dort in den Griff zu kriegen. Und dann knickt die Stadt vor solch einer Handvoll Menschen ein, die sich dort betrinken und alle anderen stören. Und wir müssen drunter leiden, denn uns Pendlern und den alten Leuten werden die Sitzbänke weggenommen.«

Buschak erzählt, dass teilweise die Stufen vor dem Bahnhof zum Sitzen benutzt werden: »Und wenn du da rauskommst, dann musst du dich durch die Leute durchschlängeln. Für mich machbar, für andere kann das aber schwierig sein.«

Er ist derzeit privat am Wochenende oft in Österreich. Buschak: »Auf jedem Bahnhof gibt es dort Security. Dort sieht man niemanden rumlungern. Wenn du hier in Horb bei der Bahn jemanden ansprichst, dann heißt es nur: Das ist Sache der Bundespolizei! Die ist nie zu sehen.«

Das Rathaus hatte die Bänke entfernen lassen, um die »Problem-Szene« vor dem Kaufland zu entschärfen. Seit gut einer Woche sind die Bänke jetzt weg.

Doch wie ist die Bilanz? Bedienung Alex vom Gleis Süd: »Es ist zwar etwas besser geworden. Aber: Die Problem-Szene ist immer noch da. Sie treffen sich jetzt auf den Steinblöcken vor dem Bahnhof. Die einzigen Tage, wo es wirklich ruhig war, als das Kaufland am Montag und Dienstag wegen der Sanierung geschlossen hatte. Da war wohl die Alkohol-Quelle versiegt.«

Kaufland-Hausleiter Sebastian Oehler: »Bis auf eine Person haben alle wegen Diebstahls Hausverbot. Wir haben jetzt Security aufgestellt.« Und die funktioniert, wie das Gleis Süd bestätigt: »Die verjagen die schon freundlich, aber konsequent.«

Allerdings: Gegen 16 Uhr kommt die Person der Problem-Szene aus dem Kaufland, die noch kein Hausverbot hat. Zielsicher wird einer der wenigen Steinklötze angepeilt, die gerade frei sind. Nur eine Frage der Zeit, wann sich die anderen zu dem Alkohol-Lieferanten dazu gesellen.

Inzwischen hat die Polizei mehr Details über den Gefährlichsten aus der Problem-Szene herausgerückt. Staatsanwalt Frank Grundke hatte ihn als »so auffällig« wie den Autokratzer von Nordstetten bezeichnet.

Mehrere Strafanzeigen laufen gegen Mann

Ein Polizeisprecher: »Die Person hält sich häufig am Bahnhofsvorplatz auf. Gegen den Mann wurden Strafanzeigen wegen Bedrohung, Körperverletzung, Beleidigung, Diebstahl, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung gestellt. Momentan sind noch einige Verfahren bei der Justiz anhängig und offen. Generell obliegt die weitere strafrechtliche Würdigung der Staatsanwaltschaft beziehungsweise dem Gericht.«

Auch die Messer-Attacke im China-Restaurant wird bestätigt: »Im September 2016 kam es zu einem Vorfall, bei dem eine stark alkoholisierte Person im Restaurant Essen bestellen wollte. Er wurde des Restaurants verwiesen und kehrte mit einem Küchenmesser zurück. Da zwischenzeitlich die Haustüre geschlossen wurde, bedrohte er die Betreiber des Restaurants und verließ die Örtlichkeit. Er konnte anschließend sofort durch Kräfte des Polizeireviers Horb ergriffen werden und wurde in Gewahrsam genommen. Ferner wurde eine Strafanzeige wegen Bedrohung bei der Staatsanwaltschaft Rottweil vorgelegt.«

Also eine Szene, die offenbar auch gefährlich ist. Gut ist: Inzwischen war wohl auch Streetworker Bernd Holderried am Donnerstag in der Problem-Szene, wie Bahnhofs-Anlieger berichten: »Der hat mindestens eine Stunde mit denen gesprochen.«

Gleis Süd stellt zwei Ersatzbänke auf

Und was ist mit der Bank-Krise für die normalen Bahnhofsvorplatz-Besucher? Hier hat das Gleis Süd zwei »Ersatzbänke« aufgestellt. Im Eck direkt vor der Bushaltestelle. Aufschrift: »Nur für Busreisende. Gleis Süd.«

Und die werden auch rege genutzt. Oder man macht es wie die chinesischen Pflegekräfte, die derzeit im Hermann-Hesse-Kolleg Deutsch lernen: Man kauft die Sitzgelegenheit im Kaufland. Ein Six-Pack mit Wasser.

Einige Beobachter bringen wenig Verständnis für die Situation auf: »Die kriegen 17 Euro am Tag ausgezahlt und die Wohnung bezahlt. Belangt werden die offenbar nicht, egal, was sie machen. Für diese Typen ein Paradies. Und die werden von meinen Steuergeldern ausgehalten. Da kann man wirklich nur verzweifeln!«

Ein Anlieger sagt aber: »Seitdem die Bänke weg sind, ist es etwas besser mit der Problem-Szene geworden. Ich bin gespannt, wie lange die Security vor dem Kaufland noch bleibt und was passiert, wenn die weg sind. Noch hoffen wir das Beste.«