Zum Abschied wurde Bürgermeister Jan Zeitler ein kleines Präsent im Gemeinderat überreicht. Foto: Lück

Sieben Jahre lang hinter Peter Rosenberger zweiter Mann in Horb. Bald OB am Bodensee.

Horb - Jetzt merkt man langsam, dass Jan Zeitler Oberbürgermeister von Überlingen wird. Bei seiner Verabschiedung im Gemeinderat stichelte er zum ersten Mal gegen OB Peter Rosenberger zurück.

Wie oft war der "Jan", wie er von seinem Chef Rosenberger genannt wurde, Opfer von dessen manchmal lausbubenhaftem Spaß an Sticheleien. Wir erinnern uns noch an die Hallenbad-Eröffnung vor einem Jahr, bei der Rosenberger mit einer "Arschbombe" den Jan kräftig nass gemacht hatte. Und der hielt den Horb-Schirm und versuchte, in seinem dunkelblauen Anzug gute Miene zum bösen Spiel zu machen.

Alles vorbei. Sieben Jahre lang hatte sich Zeitler bewusst zurückgehalten und war zweiter Mann. Doch mit dem Wahlsieg in Überlingen merkt man, dass er nach und nach auch öffentlich mehr Selbstbewusstsein zeigt. 

Das war auch bei seinem offiziellen Abschied im Gemeinderat zu spüren. Erst gab es ein paar launige Worte und Tipps von OB Rosenberger: "Beim Neckarblühen in Horb hat der Kerl seine Frau kennengelernt. Damals wurden die Weichen gestellt, dass er gehen musste. Jetzt hat mein Kollege im Jahr 2020 sein eigenes Blühen in Überlingen. Dann bist du auch 50 Jahre alt."

Stich Nummer 1 aufs Alter. Dann das zweite Sticheln von Rosenberger wegen der Figur.

Dazu holt Horbs OB eine knallgrüne Tüte aus der Tasche: "Ich schenke dir denselben elektronischen Schrittzähler, den ich auch habe. Als ich in Horb angefangen habe, habe ich 30 Kilo zugenommen. Man stellt sich selbst in der Arbeit hintenan. Dann hat mir die elektronische Überwachung geholfen, meine 10.000 Schritte am Tag zu machen. Deshalb das Geschenk. Damit du nicht auseinandergehst wie ein Hefekloß. Überlingen braucht einen fitten OB und keinen fetten."

Klar, dass der "Jan" reagiert. Aber nicht so zurückhaltend wie früher. Erst mal sagt er: "Das war klar, dass du es nicht geschafft hast, den Abschied ohne zwei Spitzen gegen mich zu machen: das Fett und mein Alter." Doch anders als früher stichelte Zeitler kurz zurück. Ein Satz nur: "Ich habe die wichtigsten Akten Joachim Patig übergeben, damit sie nicht verloren gehen." Rumms! Offenbar eine Anspielung auf den Charakterzug von Rosenberger, sich eher mit Kommunikation und Management zu beschäftigen, als mit dem Aktenstudium.

Auch neu: Zeitler zeigt zum ersten Mal in den Öffentlichkeit Gefühl. Als er erwähnt, was er in den sieben Jahren in Horb so alles erlebt hat. Ergreifend, als er erzählt, dass er im Sitzungssaal im Feuerwehrhaus erfahren hat, dass seine Mutter am nächsten Tag sterben wird.

Zwei kleine Indizien, die zeigen, wie sich der "Jan" in Horb entwickelt hat. Und wie er jetzt auch vom Selbstbewusstsein her zum OB geworden ist. Auf seine nüchterne Art. 

Klar, dass Zeitler noch ein paar wichtige Botschaften für das Rathaus-Personal und die Gemeinderäte hat. Zeitler: "Ich bin ganz ruhig bei meinem Abschied. Ich habe hier das Rüstzeug bekommen. Ich finde es gut, dass sich der Gemeinderat für einen neuen Beigeordneten ausgesprochen hat. Die Verantwortung für die Stadt mit ihren 17 Ortsteilen allein zu tragen, kann erdrückend sein. Ich finde die Atmosphäre hier im Gemeinderat sehr konstruktiv. Sie sagen deutlich, was sie nicht gut finden. Aber auch, was sie gut finden. Ich habe nur noch eine Bitte an den Gemeinderat: Sie sollten sich einen gescheiten Sitzungssaal gönnen. Eine Stadt, die sich so gut entwickelt, hat einen modernen Sitzungssaal verdient."

Auch die Fraktionschefs hatten so manches für Jan Zeitler. FD/FW-Fraktionschef Alfred Seifriz zitiert beispielsweise Hermann Hesse: "Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne. Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise, mag lähmender Gewöhnung sich entraffen." Dann leitet er an seine Kollegin Silke Wüstholz weiter. Und die überreicht Zeitler ein Foto von vergangenem Samstag: Viele Gemeinderäte in den Bögen des Rathauses. OB Rosenberger: "Als OB muss man jetzt auch küssen." Doch der Zeitler bleibt, wie er ist: Öffentlich küsst er höchstens seine Frau.

CDU-Fraktionschef Michael Keßler: "Unaufgeregt und ausgleichend haben Sie sich für unsere Belange eingesetzt. Ich denke, Horb war privat und beruflich die wichtigste Station in ihrem Leben."

SPD-Fraktionschef Thomas Mattes: "Jan Zeitler hat mit seiner Amtsführung Maßstäbe gesetzt. Er hat immer vorausschauend gearbeitet und so einige dicke Bretter gebohrt."

OGL-Fraktionschef Markus Pagel: "Ich habe immer geschätzt, wie sie sich im Hintergrund für die historische Stadt und die Schätze von Horb eingesetzt haben." ULH-Fraktionschef Hermann Walz: "Ich kenne Sie noch aus der Zeit, als ich in der Bürgerinitiative Talheim war. Damals haben wir zusammen die Breitbandversorgung durchgesetzt. Vielen Dank dafür!"