Plakate der Bürgerinitiative gegen Windkraft: Die Verwaltung diagnostiziert eine "emotionale Spannungslage" in der Stadt. Foto: Hopp

Die Gemeinderäte von Horb, Eutingen und Empfingen entscheiden heute, ob Klage erhoben wird.

Horb - Soll die Stadt versuchen, den Windpark-Standort "Großer Hau" auf Teufel komm raus durchzudrücken und gegen die Absage des Regierungspräsidiums klagen? Oder soll sie lieber um des lieben Friedens willen in der Stadt schweigen? Heute Abend fällt voraussichtlich die Entscheidung.

Es könnte ein Schicksalstag der Windenergie in Baden-Württemberg werden: Die Absage an Windkraft im "Großen Hau" ist zum Präzedenzfall geworden. Zum Präzedenzfall, der nun entweder ausgefochten oder fallengelassen wird. Am 13. August hatte das Regierungspräsidium Karlsruhe dem Windpark eine Absage erteilt, genauer gesagt der Änderung des Teilflächennutzungsplanes, der den Bau von Windkraftanlagen im "Großen Hau" möglich gemacht hätte.

"Es gibt genügend Gründe für eine Klage", sagt Stadtplaner Peter Klein, "aber: Nicht alles, was einklagbar ist, muss man einklagen." Die Klage sei aus Sicht der Verwaltung sachlich erforderlich, keine Frage. "Ob man den Frieden in der Bevölkerung höher gewichtet, bleibt der politischen Beschlussfassung überlassen."

Heute Abend diskutieren die Stadträte von Horb gemeinsam mit den Gemeinderäten aus Empfingen und Eutingen über das weitere Vorgehen im Windpark-Debakel. (Träger der Flächennutzungsplanung ist die Verwaltungsgemeinschaft, zu der neben Horb auch Eutingen und Empfingen gehören.) Anschließend tagen die Gemeinderäte Horb und Empfingen separat und entscheiden, ob sie im gemeinsamen Verwaltungsausschuss am 10. September für oder gegen eine Klage votieren wollen. Die Stadt Horb hat die absolute Mehrheit im Verwaltungsausschuss. Das heißt: So wie der Horber Stadtrat heute Abend entscheidet, wird letztlich von der Verwaltungsgemeinschaft gehandelt werden.

Der Anwalt des städtischen Vertrauens, Andreas Staudacher aus Laupheim (Landkreis Biberach), wird anwesend sein und über das Verfahren einer Klageerhebung informieren. Falls sich die Horber Räte im weiteren Verlauf des Abends für diese Möglichkeit aussprechen, muss Staudacher Gas geben: Eine ausformulierte Klage kann spätestens einen Monat nach der Absage aus dem Regierungspräsidium beim Verwaltungsgericht eingereicht werden. Diese Frist endet am Freitag, 13. September.

Die über 100 Seiten starke Sitzungsunterlage enthält gleich zwei Beschlussvorschläge der Verwaltung zur Auswahl. Es ist selten, dass hier zwei Alternativen abgedruckt werden. Es scheint, als sei sich die Stadt eben auch noch nicht ganz sicher, was nun der richtige Weg ist.

Alternative 1: Klage: Die Klage gegen das Land Baden-Württemberg sei sachlich erforderlich, heißt es in den Unterlagen. Gründe dafür werden viele genannt. Erforderlich, weil in die kommunale Planungshoheit eingegriffen worden sei. Außerdem seien an der Absage vom Regierungspräsidium viele Kritikpunkte zu finden (in den Unterlagen näher ausgeführt, auch online einzusehen), des Weiteren habe die Stellungnahme zur Absage der RP-Abteilung Naturschutz Recht offensichtliche inhaltlicher Mängel. Außerdem seien Ergänzungen des städtisch-beauftragten Gutachters nicht berücksichtigt worden.

Alternative 2: Deeskalieren: "Aus kommunalpolitischen Gründen und insbesondere zur Bewältigung der emotionalen Spannungslage" die zwischen Stadt und Gegnern eines Windparks herrscht, könne auf eine Klage verzichtet werden, heißt es in den Unterlagen. Sollte die Verwaltungsgemeinschaft für dieses Vorgehen stimmen, "dann wäre im Anschluss zu beraten und zu diskutieren, wie mit dem Thema ›Windenergie‹ weiter umgegangen werden soll".

Was nun? Klagen ist Silber, Schweigen ist Gold? Oder andersherum? Stadtplaner Klein sieht Horb gewissermaßen in der Pflicht, den Klageweg einzuschlagen und Klarheit einzufordern. Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt er, die Stadt Horb sei zeitlich eine der ersten Kommunen gewesen, die einen Teilflächennutzungsplan "Windkraft" beantragt habe. "An uns werden die Maßstäbe für solch eine Genehmigung ausgerichtet", sagt Klein.

"Bei der Klage geht es weniger um den Standort ›Großer Hau‹, sondern eher um das Verfahren zur Genehmigung. Was müssen die Kommunen berücksichtigen und was sind nur Hinweise des Regierungspräsidiums für die Genehmigung eines Teilflächennutzungsplans?" Deswegen stehe die Stadt in regem Austausch mit dem Städtetag, der diese Fragen auch geklärt haben wolle.

Allerdings müsse man sich auch fragen, was man davon habe, wenn man nun klagt. In diesem Fall würde es sich um eine sogenannte Verpflichtungsklage handeln. Bekäme die Stadt Horb Recht, würde das Regierungspräsidium dazu verpflichtet, den Teilflächennutzungsplan zu genehmigen. "Aber aus der Rechtsprechung entsteht noch kein Baurecht", sagt Klein. Man müsste also wieder Gutachten anstrengen und konkret geplante Windkraftanlagen genehmigen lassen.

Klein erwartet eine spannende Diskussion. Zunächst wird er in einer Präsentation aber über die Möglichkeiten informieren. Man müsse auch Bedenken, welchen Aufwand und welche Kosten ein Gerichtsverfahren mit sich brächte. Ob die Öffentlichkeit permanent zugelassen ist, muss abgewartet werden. Die Stadt hat schriftlich angekündigt, dass die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden müsse, sobald es um prozesstaktische Einzelheiten gehe.

Weitere Informationen: Ab 18 Uhr findet im Versammlungsraum des Feuerwehrhauses Horb eine öffentliche Informationsveranstaltung für Gemeinderäte aus Empfingen, Eutingen und Horb sowie für interessierte Bürger statt.