Konsternierte Gesichter bei den vielen Talheimer Bürgern: Der Protest hat nichts gebracht. In einer dramatischen Abstimmung kam es zum Stimmen-Patt. Nun geht Talheim 21 doch weiter. Foto: Hopp/Lück

Dramatische Abstimmung im Gemeinderat endet 15:15. Protest der Bürger hat nichts gebracht.

Horb - Was ist das für ein Schock für viele Talheimer! Erst sorgt der Ortschaftsrat in der Entscheidung über die umstrittene Steinbruchauffüllung mit einem Stimmenpatt für Unruhe, jetzt sorgt auch der Gemeinderat mit einem Patt dafür, dass Talheim 21 vorerst weitergeht.

Gestern 20.10 Uhr verkündet OB Peter Rosenberger das Ergebnis der geheimen Abstimmung: "15 Ja-Stimmen, 15 Nein-Stimmen. Weil die Verwaltung das Vorhaben abgelehnt hat, werden wir uns jetzt mit allen Beteiligten an einen Tisch setzen und weiterverhandeln."

Stefan Merkle und Dietmar Meintel von der Bürgerinitiative gegen Talheim 21 sitzen mit geschockten Gesichtern da. Der Sprecher der BI Meintel ist sichtlich konsterniert, als er sagt: "Ganz Deutschland wird über diese Entscheidung lachen. Ein Stimmenpatt ist nichtssagend."

Steinbruchunternehmer Armin Kaltenbach lächelt. Er sagt: "Ich hätte damit nicht gerechnet. Jetzt geht die Arbeit richtig los – wir werden das Projekt im Dialog mit der Bevölkerung weiterentwickeln."

Die Patt-Abstimmung. Knappe zwei Stunden hatte es gedauert, ehe es soweit gekommen ist. Rosenberger erinnerte noch einmal daran, dass die sechs zu sechs Abstimmung im Ortschaftsrat zwar "äußerst knapp, aber demokratisch ablehnend" gewesen ist. Rosenberger: "Wir haben die knapp 1700 Unterschriften gegen das Projekt einmal überprüft. 1100 derer, die sich gegen das Projekt aussprechen, kommen aus Talheim.

Die Firma Kaltenbach war in der vergangenen Woche noch einmal bei mir und hat von ihren zwischenzeitlich geführten Gesprächen berichtet. Dabei hat es keine Angebotsverbesserung gegeben – zumindest nicht bei mir. Und was mir aus den Fraktionen zugetragen wurde, dort auch nicht."

Talheims Ortsvorsteher Thomas Staubitzer mahnte den Gemeinderat: "Es wäre ein falsches Signal an den Ortschaftsrat, die – wenn auch knappe Mehrheit – gegen Talheim 21 zu hintergehen. Der Steinbruch ist eine Wunde in Talheim. Die Natur heilt diese Wunde. Wenn der Beschluss anders ausfüllt, hätten wir eine andere Wunde: Talheim würde geteilt werden. Das kann lange nicht geheilt werden."

Andreas Bronner (CDU), Ortsvorsteher von Altheim, sprach sich gegen Talheim 21 aus: "Wenn ich für Altheim fordere, dass es mit der Lkw-Verkehrbelastung genug ist, muss ich das auch für Talheim wollen."

Hermann Walz (ULH): "Es gab schon die Befürchtung, dass die neuen Gespräche mit Kaltenbach in eine Art Preistreiberei ausgeartet sind. Den Vorwurf der Bestechlichkeit will ich hier nicht weitertreiben. Der Ortschaftsrat hat sich mit seiner Entscheidung schon blamiert. Das will ich dem Gemeinderat ersparen."

Der OB wies den Vorwurf der Bestechlichkeit zurück: "Preistreiberei kann nicht greifen. Die Angebote, die auf dem Tisch liegen, wurden nicht angetastet und verändert – auch nicht in den letzten Wochen."

Rodolfo Panetta (Rep) verkündete dann schon, dass er den Antrag auf geheime Abstimmung stellen wird. SPD-Fraktionschef Thomas Mattes stimmt dem als erster zu: "Betroffen hat uns gemacht, dass sich die Ortschaftsräte bedroht gefühlt haben. Eine geheime Abstimmung wäre sicherlich ehrlicher als eine öffentliche 32:0 Abstimmung. Die Demokratie darf nicht am Umräumen des Raumes für die Wahl scheitern." Bildechingens CDU-Gemeinderat Peter Zimmermann verkündete, dass er sich Bronners Kontra gegen Talheim 21 anschließt: "Eine Feuerwehr, ein Dorf. Ich möchte, dass die Bürger dass dort auch in Ruhe genießen können."

Viviana Weschermoser (SPD) brachte dann die Verladestation Heiligenfeld ins Gespräch. OB Rosenberger antwortete, dass das seit vielen Jahren nicht genutzt wird: "Eine traurige Situation. Wir müssen hier kurzfristig entscheiden über Rückbau oder Sanierung der Weichen. Steinbruchunternehmer Kaltenbach zeigt Interesse, über das Industriegleis anzuliefern."

Und genau diese positiven Aspekte unabhängig vom "Strukturbeitrag" betonte auch Stadtrat Daniel Wochner (FD/FW): "Ich kann die Ortschaftsratsmitglieder schon verstehen, die für das Projekt gestimmt haben. Denn es könnte aus gestaltungsplanerischer Sicht einen positiven Effekt durch die Verfüllung geben. Verkehr kann immer wieder passieren. Für mich ist aber entscheidend, dass durch diesen Mehrverkehr in den nächsten fünf Jahren das andere Ziel, nämlich die Sanierung des Ortskerns, gefährdet ist und Investitionszurückhaltung droht."

OB Rosenberger merkte an, dass mögliche Umgestaltungsvorschläge zum Steinbruch auf äußerst wackeligem Boden stehen: "Wir haben hier nicht einmal ansatzweise Planungssicherheit, weil wir nicht wissen, was übergeordnete Behörden dort zulassen könnte. Es gibt schöne Entwürfe und Bilder. Die Wahrscheinlichkeit für die Realisierung sehen wir eher kritisch."

Auch Anton Ade (FD/FW-Gemeinderat und Ortschaftsratsmitglied) bestätigt, dass er zwar "schöne Bilder" gesehen habe: "Der Lkw-Verkehr kann uns schon weh tun im Sanierungsprogramm." Für Fridolin Weckerle (CDU) ist das zwar eine "schwierige Entscheidung. Doch die Teilauffüllung ist langfristig gesehen die bessere Entscheidung." Für Margarethe Rebholz (FD/FW) neigt sich die "Waagschale eher zum Pro. Man sollte im Vertrag, wenn er später abgeschlossen wird, auch eindeutige Regelungen zur zu entwickelnden Fläche treffen."

Mühringens Ortsvorsteherin Monika Fuhl (CDU) forderte dann, dass Bürger aus dem Saal verwiesen werden. Empört sagt sie: "Während sich Gemeinderäte für das Projekt aussprechen, habe ich hinten jemanden gesehen, wie er mit den Händen zeigt: Erwürgen." Hinterher betont sie, dass diese Gesten nicht von Mitgliedern der BI gekommen sind. Josef Nadj (CDU) sprach sich auch für das Projekt aus: "Talheim ist Horb, Horb ist Talheim. Bei allem Verständnis für die Belastungen – ich glaube, der positive Effekt aus der Auffüllung kann die fünf Jahre wieder wettmachen." Markus Pagel erklärte für die OGL, dass sich seine Fraktion gegen Talheim 21 aussprechen wird: "Ökologisch ist der Steinbruch ein Gebiet, was in einem weiten Bereich so nicht mehr vorkommt."

Dann startete der Abstimmungskrimi. Für die geheime Abstimmung stimmten 17 Gemeinderäte, dagegen 13.