Gemeinderat verschiebt noch einmal die Entscheidung über Erweiterung der Tankstelle. Mit Kommentar
Empfingen- Und wieder sind die Pläne um den Autohof in Empfingen im Gemeinderat stecken geblieben. Aber das aus gutem Grund: Denn es gibt noch einige Fragezeichen bei Lärm- und Verkehrsbelastung. Anwohner und Hotelier Peter Wycisk schlagen unterdessen Alarm.
Der Beschlussvor schlag der Gemeindeverwaltung klang eindeutig: Dem Ausbau der Shell-Tankstelle am Industriegebiet Autobahnkreuz zu einem Autohof mit weiteren 50 Lkw-Stellplätzen sollte grünes Licht gegeben werden. Und das, obwohl Hauptamtsleiter Theo Walz in seiner Einleitung selbst darauf hinweis, dass die Stellungsnahmen vom Regierungspräsidium Karlsruhe und dem Straßenbauamt des Landratsamts Freudenstadt mehr als dürftig gewesen seien. Auch das von dem Antragsteller Shell selbst in Auftrag gegeben Lärmgutachten hatte mindestens einen Haken.
Geplanter Autohof würde nachts den Lärmrichtwert überschreiten
Zur Verkehrssituation hatten RP und Straßenbauamt lediglich gesagt, dass man die Ampelphasen verändern könne. Welche Auswirkungen das dann auf den Verkehr hat – darüber machte man sich in den Ämtern anscheinend keine Gedanken. "Das kommt mir fast so vor, als wären die Stellungnahmen am Freitagmittag kurz vorm Feierabend erstellt worden", kommentierte Ratsmitglied Michael Gfrörer spitzzüngig. Er hinterfragt: "Kommt es dann nicht zu einem erheblichen Rückstau an der Ampelkreuzung bis in den Ort rein?" Bürgermeister Albert Schindler wusste darauf keine Antwort.
Auch das Ergebnis des Lärmgutachtens sorgte für eifriges Nachfragen. Denn herausgekommen war, dass der Autohof die erlaubten Werte tagsüber zwar nicht überschreitet, den so genannten Nachtemissionsrichtwert aber sehr wohl (im Bereich der Gebäude Reichenhalden Nummer 2, 4 und 6 um 1,8 bis 2,4 dB(A). Da die Autobahn allerdings noch mehr Lärm erzeugt (zwischen 8,1 und 9,6 dB(A) über dem Autohof und der Lärm vom Autohof dann laut Walz "überlagert" werde, müsse man die Überschreitung akzeptieren. Das Gewerbeaufsichtsamt folge dem Gutachter.
Gemeinderat Uwe Gfrörer fragte daraufhin kritisch nach: "Und was ist, wenn auf der Autobahn in diesem Abschnitt Tempo 120 kommen und dadurch die Lärmbelastung zurückgehen sollte?" Dann müsse auch Shell nachbessern, antwortete Walz. Doch das brachte einen neuen Stein ins Rollen. Könnte man nicht aufgrund der Überschreitung des Richtwerts durch die Autobahn Forderungen ableiten? Muss es dort nicht einen Lärmschutz geben?
Gemeinderat Michael Gfrörer schlug vor, dass man selbst ein Lärmgutachten in Auftrag geben sollte und sich damit nicht auf das von Shell beauftragte Gutachten verlassen sollte. Der für seine Sparsamkeit bekannte Bürgermeister schlug daraufhin vor, dass man einen Experten zu Rate ziehen sollte, der das "Shell-Gutachten" mal "querlesen" sollte. Doch kann man den Autohof überhaupt noch verhindern? Eine Frage, die ebenfalls aufkam. "Wenn wir den Beschlussvorschlag ablehnen, dann muss Horb entscheiden. Dann haben die den schwarzen Peter", antwortete Bürgermeister Schindler, der so wirkte, als würde er mit dieser Variante liebäugeln. Am Ende einigte man sich im Gremium aber darauf, noch einmal genauer bezüglich Verkehrs- und Lärmbelastung nachzuforschen.
Und das ist auch ganz gut so. Denn im Gespräch mit unserer Zeitung macht Peter Wycisk, Eigentümer des Hotels Empfinger Hof deutlich, dass eine Erweiterung zum Autohof seinen Betrieb in Gefahr bringen könnte. Und auch die Bewohner der Wohnsiedlung Reichenhalden sind in Sorge, dass die Belastung für sie stark wachsen wird.
Seite 2: Hotel-Eigentümer empört
Empfingen. Peter Wycisk ist aufgebracht. Das merkt man sofort am anderen Ende der Telefonleitung. "Ich habe vor, einen Brief zu schreiben", sagt der Eigentümer des Hotels Empfinger Hof.
Als es im Empfinger Gemeinderat am Dienstagabend um die Erweiterung der Shell-Tankstelle zu einem Autohof ging, war sein Hotel kaum ein Thema. Das Lärmgutachten, das Shell in Auftrag gegeben hat, hatte keine Überschreitung des Richtwerts durch den Autohof tagsüber und in der Nacht gegeben.
Wycisk dagegen sagt im Gespräch mit unserer Zeitung: "Wenn der Autohof kommt, dann kann ich hier gleich dicht machen, dann kann ich eine rote Laterne vor die Tür hängen."
Hotelier hofft nun auf Unterstützung von der Gemeinde
S chon jetzt habe er mit der hohen Lärmbelastung zu kämpfen. Kommentare in Bewertungsportalen bestätigen das. "Durch die Nähe einer großen Tankstelle musste in den Morgenstunden aufgrund der Motorgeräusche das Fenster geschlossen werden", schreibt ein Gast bei HRS. Ein anderer Gast nahm schon an, dass es sich bereits um einen Autohof handelt und schrieb: "Hellhörig und Lage sehr laut, Autohof direkt gegenüber. Fenster müssen geschlossen bleiben." Auf holidaycheck.de schreibt ein Gast: "Ich kann das Hotel nur empfehlen, allerdings sind Ohrenstöpsel bei offenem Fenster angebracht."
Der Hotelier hofft nun auf Unterstützung von der Gemeinde: "Aber ich weiß gar nicht, wie viel Einflussmöglichkeiten Herr Schindler und seine Verwaltung haben."
Ähnlich hilflos wirken die Bewohner der Wohnsiedlung Reichenhalden gestern. "Die Belastung ist jetzt schon groß. Das würde deutlich mehr werden. Hier wohnen viele Familien mit Kindern. Das ist heikel."
"Reichenhaldener" fühlen sich von BIMA im Stich gelassen
Ein anderer "Reichenhaldener" fragt: "Haben Sie woanders schon einmal einen Autohof so nah an einer Wohnsiedlung gesehen?" Er fügt hinzu: "Wir fühlen uns nicht nur von der Gemeindeverwaltung im Stich gelassen, sondern auch von der BIMA." Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben ist Eigentümerin der Wohnsiedlung Reichenhalden. "Bisher hat sich die BIMA überhaupt nicht zum Autohof geäußert. Dabei müsste es doch in ihrem Interesse sein. Der Wert der Immobilie sinkt. Und es wird auch immer schwieriger werden, die Wohnungen zu vermieten." Die befragten Bewohner hoffen nun, dass das Projekt noch einmal überdacht wird. "Denn ansonsten sinkt die Wohnqualität noch einmal deutlich."
Kommentar: Genau prüfen
Von Florian Ganswind
Die Bewohner des Wohngebiets Reichenhalden haben es nicht leicht. Die Eigentümerin, die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, lässt sie im Stich bei der Debatte um den benachbarten Autohof. Die Sorge der "Reichenhaldener" ist groß, dass die Belastung für sie noch größer wird. Und auch Hotelinhaber Peter Wycisk schlägt Alarm. Ganz klar ist nicht zu erkennen, ob Bürgermeister Schindler und seine Verwaltung die Auswirkungen in voller Tragweite erkannt haben. Es ist einigen Gemeinderäten zu verdanken, dass noch einmal über die Lärm- und Verkehrsbelastung nachgedacht wird. Tatsächlich wäre es sinnvoll, wie von Ratsmitglied Michael Gfrörer angeregt, ein eigenes Lärmgutachten zu erstellen. Denn es wird nicht reichen, jemanden über das von Shell in Auftrag gegebene Lärmgutachten "querlesen" zu lassen, wie Schindler in der Sitzung ankündigte.