Heute zieren sie die Fassade des Horber Rathauses: Graf Rudolf III. von Hohenberg und Ita von Toggenburg Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder-Bote

Heimatgeschichte: Birgit Heinzelmann und Daniel Wagner regieren Horb in der närrischen Zeit / Historische Vorbilder erforscht

Sie regieren Horb in diesem Jahr in der närrischen Zeit – das Grafenpaar Birgit Heinzelmann und Daniel Wagner. Doch die wenigsten Narren kennen die historischen Vorbilder des Grafen und der Gräfin, die alljährlich zur Horber Fastnacht auftreten.

Horb. Am Schmotzigen Donnerstag des Jahres 1955 übernahmen Rudi Schneiderhan und Liese Rauschenberger erstmals während der närrischen Tage als Graf Rudolf III. von Hohenberg und Gräfin Ita von Toggenburg die Schlüsselgewalt über das Horber Rathaus. Seither steht dieses Grafenpaar für die Fastnacht der Horber Narrenzunft im Mittelpunkt. Allerdings fangen nur die wenigsten Horber Narren mit den beiden historischen Figuren, die auf der desolaten Rathausfassade abgebildet sind, etwas an.

Das 1170 erstmals erwähnte schwäbische Adelsgeschlecht der Hohenberger gilt als Zweig der Grafen von Zollern und der Stammsitz lag am Albtrauf zwischen Schömberg und Spaichingen auf dem Oberhohenberg. Durch Erwerbungen, Erbschaft und Heirat verlagerte sich der Schwerpunkt der hohenbergischen Herrschaft nach Norden und erreichte in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts den Höhepunkt an politischer Bedeutung und territorialer Ausdehnung. Gleichzeitig wurde zu jener Zeit mit der Teilung des Hauses in eine Rottenburger Haupt- sowie eine Nagold/Wildberger Seitenlinie auch der Grundstein für den späteren Niedergang gelegt. 1302 trat Burkhard IV. von Hohenberg, der bei der Teilung die Herrschaften Nagold und Wildberg erhalten hatte, als Stadtherr von Horb das Erbe der Pfalzgrafen von Tübingen an.

Zu den schillerndsten Vertretern der Hohenberger zählt Burkhards Bruder Albrecht II. von Hohenberg, der um das Jahr 1280 die Nachbarstadt Rottenburg gründete. Im Codex Manesse findet sich eine Miniatur, die den Minnesänger als Ritter in einem Gefecht zeigt. Vermutlich handelt es sich dabei um sein letztes Gefecht, denn der Schwager und Weggefährte von König Rudolf I. von Habsburg fiel 1298 als Parteigänger des habsburgischen Gegenkönigs Albrecht I. von Österreich in der Schlacht auf den Leinstetter Kreuzwiesen und fand im Kloster Kirchberg seine letzte Ruhestätte. Im Glatttal hatte der Hohenberger vergeblich versucht, Herzog Otto III. von Niederbayern daran zu hindern, sich mit dem Heer des zuvor abgesetzten Königs Adolf von Nassau zu vereinigen.

Ita musste unter der schlechten Haushaltsführung ihres Gemahls manches erleiden

Albrechts Sohn Rudolf I. von Hohenberg gelang es 1319 durch Tausch mit seiner Nagolder beziehungsweise Wildberger Verwandtschaft, die Stadt Horb in den Besitz der Rottenburger Hauptlinie einzugliedern. Sein gleichnamiger Sohn Rudolf II. spielte zu Lebzeiten des Vaters in etwa die gleiche Rolle wie heute Prinz Charles, der ewige Prince of Wales. Dieser frustrierende Umstand hat Rudolf II., der 1335 ein Jahr vor dem Vater verstarb, wohl in den Alkohol getrieben, weshalb ihm die Chronisten den Beinamen "der Säufer" gegeben haben.

Margarete von Nassau, die Gemahlin von Rudolf II., stammte aus der Gegend des südlichen Westerwalds und ihr Vater Emich I. von Nassau war der Begründer der älteren Linie Nassau-Hadamar und ein Vetter des Königs Adolf von Nassau, der im Juli 1298 in der Schlacht bei Göllheim im Kampf gegen den Gegenkönig Albrecht I. von Österreich zu Tode gekommen war. Sie schenkte dem Gatten eine Tochter sowie einen gleichnamigen Nachfolger und sollte ihren angetrauten Säufer um 35 Jahre überleben. Rudolf III. von Hohenberg entspross also einer Eheverbindung, in der sich der Urgroßvater väterlicherseits und der Großvater mütterlicherseits einst im Kampf um die deutsche Königskrone feindlich gegenübergestanden hatten. Als Graf Rudolf III. 1359 die Herrschaft über den Rottenburger Teil der Grafschaft Hohenberg von seinem Onkel Graf Albrecht III., Bischof von Freising, übernahm, war er bereits mit Ita von Toggenburg vermählt.

Das ostschweizerische Adelsgeschlecht der Grafen von Toggenburg zählte zum reichsunmittelbaren Hochadel. Ihr Stammsitz war die außergewöhnlich wehrhafte Alt-Toggenburg auf dem Iddaberg bei Gähwil im Kanton Sankt Gallen. Der Name des 1044 erstmals nachgewiesenen Adelsgeschlechts, das auch der Talschaft am Oberlauf des Flusses Thur seinen Namen gegeben hat, leitet sich vom alamannischen "dokko" ab, was so viel wie "der Hervorragende" bedeutet. Im Codex Manesse findet sich mit Kraft III. von Toggenburg ein weiterer Minnesänger, der 1261 als einer der einflussreichsten Männer seiner Zeit verstarb.

Graf Friedrich IV. von Toggenburg, der Großvater von Ita, kämpfte auf der Seite der Habsburger gegen die Eidgenossen und fand 1315 in der Schlacht am Morgarten den Tod. Itas Vater Friedrich V. wechselte als Chorherr von Konstanz vom kirchlichen in den weltlichen Stand, da aus der Ehe des einzigen Bruders Graf Diethelm IV. keine männlichen Nachfolger mehr zu erwarten waren. Aus seiner Ehe mit der Erbtochter Kunigunde von Vaz gingen dagegen neun Kinder hervor. Durch die Erbschaft des Hauses Vaz und eine geschickte Territorialpolitik erweiterte Friedrich V. den Besitz der Toggenburger bis zu seinem Tod 1364 beträchtlich. Graf Diethelm V. von Toggenburg, Itas Bruder, verheiratete sich mit Katharina von Werdenberg-Heiligenberg und vergrößerte noch den Einfluss und die Macht der Toggenburger zusammen mit seinem Bruder Graf Donat I., der mit Agnes von Habsburg-Laufenburg vermählt war. Die stets klammen Habsburger schätzten die Grafen von Toggenburg als Geldgeber und treue Begleiter im Kampf gegen die immer stärker werdende Eidgenossenschaft.

Graf Rudolf III. von Hohenberg, dessen Urgroßtante Gertrud die Stammmutter aller habsburgischen Könige und Kaiser war, hatte also eine junge, äußerst wohlhabende Grafentochter aus der schönen Schweiz zum Traualtar an den oberen Neckar geführt. Ita von Toggenburg stellte der Stadt Horb 1361 ein Privileg aus, da sie wohl für ihre beträchtliche Mitgift die Stadt Horb mit Zugehörden als Pfand verschrieben bekommen hatte. Sie verfügte über beträchtliche eigene Mittel, die sie bisweilen zur Unterstützung ihres stets geldbedürftigen Gemahls einsetzte, der als schlechter Haushälter galt. Ita versuchte sogar verpfändete hohenbergische Besitzungen und Einkünfte wieder zurückzugewinnen.

Noch kurz vor dem Verkauf der gesamten Grafschaft Hohenberg wies Rudolf III. seiner Gemahlin 19 Fuder Weingült aus seinen Weinbergen bei Rottenburg an, nachdem er völlig bedenkenlos die vorherigen Verweisungen auf ihre Morgengabe und Heimsteuer anderweitig versetzt hatte. Ita musste unter der schlechten Haushaltsführung ihres Gemahls manches erleiden, was die Nachricht von ihrer schlimmen Ehe immerhin glaubhaft macht. Und so ist ging aus dieser Verbindung kein Stammhalter, sondern lediglich eine einzige Tochter namens Margaretha hervor, die mit ihren beiden Ehemännern Markgraf Bernhard I. von Baden und Graf Hermann von Sulz gleichfalls nicht besonders glücklich werden sollte.

In Ermangelung eines männlichen Nachfolgers und angesichts eines großen Schuldenberges verkaufte Graf Rudolf III. im Oktober 1381 seine gesamte Grafschaft Hohenberg für 66 000 Gulden an Herzog Leopold III. von Österreich, wobei zahlreiche Bestandteile der Grafschaft verpfändet und selbst die Versorgung der Ehefrau Ita sowie die Mitgift der Tochter Margaretha nicht geregelt waren. Erst nachdem Herzog Leopold III. 1384 aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten die gesamte Grafschaft Hohenberg an Graf Rudolf III. zu dessen lebenslänglicher Nutzung zurückgegeben hatte, stellte der Habsburger eine Urkunde über die Sicherstellung von Itas Widdumgut in Höhe von 10 000 Gulden aus. Sie sollte, falls sie ihren Ehemann überleben würde, die Stadt Horb, die Urnburg sowie die Dörfer Bildechingen, Eutingen, Weitingen und Rohrdorf auf Wiederlosung erhalten und nutzen. Als Ita von Toggenburg ihr Vermögen gesichert sah, machte sie mehrere Schenkungen an kirchliche und wohltätige Anstalten der Städte Rottenburg, Horb, Haigerloch und Rottweil.

In Horb wurde Ita 1387 mit der Schenkung des ganzen Dorfes Altheim, des halben Dorfes Salzstetten samt umliegender Waldungen sowie der Horber Hofstatt- und Gartenzinsen zur zweiten Stifterin des Spitals zum Heiligen Geist, das 1352 von dem Horber Bürger Dieterich Mutermann gegründet worden war. Am selben Tag, als Graf Rudolf III. zu seinem persönlichen Seelenheil die Heiligkreuzkirche in Horb zu einem Chorherrenstift erhob und demselben die Kirchen und Kirchsätze zu Ihlingen und Eutingen inkorporierte, gab der neue Landesherr Herzog Albrecht III. von Österreich seine Zustimmung zur großzügigen Schenkung der Gräfin Ita an den Horber Spital. Graf Rudolf III. wurde 1389 als Letzter der Rottenburger Linie in der Hohenberger Grablege der ehemaligen Rottenburger Stiftskirche St. Moritz bestattet. Während zwölf gut bepfründete Chorherren sieben Mal am Tag in der Horber Stiftskirche Heilig Kreuz für das Heil seiner Seele beteten, gedachten zahllose Horber Bedürftige, die dank Itas Schenkungen "getruwlich gespiset und getrost" wurden, in der Spitalkapelle ihrer Wohltäterin in einem stillen Gebet, das dem lieben Gott sicherlich wohlgefälliger gewesen sein dürfte.

Nach dem Tod ihres Gemahls, erhielt Ita von Toggenburg, der die Urnburg zeitweilig als Witwensitz diente, das vertraglich zugesicherte Widdumgut auf Lebenszeit. Herzog Leopold IV. von Österreich löste schließlich an Pfingsten 1392 bei Gräfin Ita die Pfandschaft in Höhe von 10 000 Gulden aus. Damit stand die Stadt Horb erst jetzt unmittelbar unter österreichischer Herrschaft. Nach Erhalt der Pfandsumme stellte Ita von Toggenburg als Gemahlin des Grafen Heinrich V. von Werdenberg-Heiligenberg-Trochtelfingen die Verzichtsurkunde in Sigmaringen aus. Ein Jahr darauf bestätigte sie als nunmehrige Gräfin von Werdenberg dem Horber Spital nochmals ihre generöse Schenkung. Die in dem Neckarstädtchen Horb so hoch geschätzte Wohltäterin verstarb um 1399 am Ufer der Donau. Zu Ehren der zweiten Stifterin des Horber Spitals trägt das Altenpflegeheim der Katholischen Spitalstiftung an der Gutermannstraße den Namen Ita von Toggenburg.