Die plötzlich verschwundenen Pommerngänse beschäftigten sogar die Polizei. Gestern Abend tauchten die Tiere aber wieder auf. Foto: Hopp

Besitzer findet Tiere am Ufer des Neckars. Übeltäter soll Hund gewesen sein. Kleintierzüchter mahnen Leinenzwang an.

Horb - Das Schicksal der elf verschwundenen Horber Gänse war gestern Stadtgespräch. Die Polizei ging voreilig von einem Diebstahl aus, tatsächlich war aber wohl ein vom Jagdtrieb gepackter Hund der Übeltäter. Was nach einer Provinzposse klingt, offenbart ein akutes Problem: Zu viele Hundebesitzer missachten den Leinenzwang.

Die gute Nachricht vorweg: Die elf grau-weiß gescheckten Pommerngänse sind gestern Abend wieder aufgetaucht. Ihr Besitzer Richard Werni entdeckte sie wohlauf am Ufer des Neckars. Sie haben inzwischen wieder ihr Zuhause erreicht – die Anlage der Horber Kleintierzuchtvereins in der Unteren Au.

Von dort waren die Gänse irgendwann im Lauf des vergangenen Sonntags verschwunden. Werni startete sofort die erste Such-Aktion, blieb jedoch erfolglos: "Ich habe den Neckar bis nach Börstingen abgesucht. Ich war fünf Stunden lang unterwegs. Dann bin ich zur Polizei gegangen, um Anzeige zu erstatten."

Zu diesem Zeitpunkt ging der Ahldorfer Züchter noch von einem Diebstahl aus. Der Verdacht lag nahe: 1995 begann Werni mit der Gänsezucht, seitdem sind ihm schon oft Tiere abhanden gekommen – weil sie von freilaufenden Hunden oder den Mäharbeiten des Wasserwirtschaftsamtes erschreckt werden und im angrenzenden Neckar Schutz suchen. Doch entweder kehren die Gänse kurze Zeit später von alleine zurück oder der Züchter sammelt sie flussabwärts wieder ein. Bis gestern Abend war von den elf Gänsen allerdings keine Spur.

Und noch etwas andere irritierte Werni: Bei den elf abhanden gekommenen Gänsen seiner 17-köpfigen Herde handelte es sich fast ausschließlich um Jungtiere. Da diese anhand ihrer weißen Beringung als solche zumindest für Experten erkennbar sind, ging Werni davon aus, dass professionelle Diebe am Werk waren.

Die Polizei machte aus dieser Vermutung eine Tatsache und ließ per Pressemitteilung verlauten: "Insgesamt elf Gänse hat ein unbekannter Täter im Laufe des Sonntags aus der Kleintierzuchtanlage in der Unteren Au gestohlen." Der vermeintliche Gänse-Klau wurde daraufhin zum Stadtgespräch, sogar im Radio wurde gestern über den Fall berichtet. Gegen 18 Uhr konnte dann jedoch der Horber Kleintierzuchtverein vermelden: Die Pommerngänse sind wieder da.

Für die Vorsitzende Silke Wüstholz stand schon vorher fest, dass es sich um keinen Diebstahl handeln kann. Dass man einem Sonntag, an dem am Neckar-Ufer viele Spaziergänger unterwegs sind, zunächst in aller Ruhe die Beringung der Gänse überprüfen und dann gleich elf der quirligen Tiere einfangen kann, hielt sie im Gespräch mit unserer Zeitung für ausgeschlossen. Ihre Vermutung: Ein freilaufender Hund hat die Gänse – wie so oft – verängstigt, vielleicht sogar attackiert und in den Neckar flüchten lassen.

Und das offenbart ein aktues Problem der Horber Kleintierzüchter: Viel zu oft werde der Leinenzwang missachtet. Wüstholz: "Die Hundebesitzer weigern sich oft, die Hunde anzuleinen. Sie sagen, der Hund sei ja harmlos. Aber das ist er nicht. Wenn der Hund die Gänse sieht, bekommt er einen Jagdtrieb. Das ist ja auch ganz normal."

Missachtung des Leinenzwangs kostet bis zu 1000 Euro

Die Stadtverwaltung macht auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten jedenfalls unmissverständlich klar: "Es besteht ein grundsätzlicher Leinenzwang", so Ordnungsamtsleiter Wolfgang Kronenbitter. Wer sich nicht daran hält, muss laut Horber Polizeiverordnung mit einer Geldbuße von bis zu 1000 Euro rechnen. Allerdings räumt Kronenbitter ein: Genau wie in jeder anderen Stadt sei es schwer, die Missachtung der Leinenpflicht zu ahnden. Mitarbeiter des Ordnungsamts, die permanent im Wald und am Neckar-Ufer auf der Lauer liegen – das sei nicht einmal ansatzweise möglich.

Das weiß man auch bei den Horber Kleintierzüchtern, die die Hundebesitzer über das Aufstellen von Hinweisschildern zur Vernunft bringen wollen. Vor einiger Zeit habe der Verein bereits ein entsprechendes Schild aufgestellt, das aber nicht den erhofften Erfolg gebracht hat. Wüstholz fordert daher: "Da muss ein offizielles Schild von der Stadt hin."

Grundsätzlich hält Kronenbitter das für möglich. Einen Effekt verspricht sich der Ordnungsamtsleiter aber auch von einem offiziellen Schild nicht: "Die Hundebesitzer wissen ja, dass Leinenzwang herrscht. Sie werden ihr Verhalten wegen einem Schild nicht ändern. Es bleibt nichts anderes übrig, als an sie zu appellieren, ihre Hunde anzuleinen."

Hunde an die Leine – das fordert auch Züchter Werni. "Ich wünsche mir mehr Verständnis von den Hundebesitzern", sagt der Ahldorfer, der jetzt aber erst einmal froh ist, seine verängstigten Gänse wiedergefunden zu haben.