Ein skurriler Autokauf war Thema vor dem Amtsgericht Horb. Foto: Archiv

Verkauf eines alten Kombis führt zu Streit - und enthüllt Einblicke in eigenartige Praktiken einer US-Geschäftsbank.

Horb - Auch auf dem Amtsgericht Horb läuft der Betrieb nach den Weihnachtsferien wieder auf vollen Touren. Am Dienstag standen gleich mehrere Verhandlungen auf dem Terminkalender von Amtsgerichtsdirektor Albrecht Trick. Unter anderem ein höchst skurriler Autokauf.

Morgens ging es bei einer Verhandlung um Körperverletzung beim Freudenstädter Stadtfest und gleich nach der Mittagspause musste sich ein Gastronom aus dem östlichen Kreis wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verantworten.

Jawohl, er wüsste, dass es ein Fehler war, aber seiner hochschwangeren Frau sei genau an diesem Tag die Fruchtblase geplatzt und er wollte sie so schnell als möglich in ärztliche Behandlung bringen, so seine Rechtfertigung für die verbotene Fahrt. "Da hätte man den Notdienst rufen können", so die Vertreterin der Staatsanwaltschaft, die jedoch bereit war, das bereits verhängte, erneute Fahrverbot von drei Monaten auf zwei Monate zu reduzieren. Der Wirt sah seine Existenz gefährdet, da er dringend auf seinen Führschein angewiesen sei, wie er dem Gericht eindringlich schilderte. Richter Trick hatte letztendlich ein Einsehen, kürzte das Fahrverbot auf einen Monat, setzte jedoch dafür die Geldstrafe höher an.

Verkäufer sagt, der Kfz-Brief des Kombis sei bei einem Umzug verloren gegangen.

Nicht ganz so glimpflich kam anschließend ein Horber davon. Er saß gemeinsam mit einem ebenfalls im Stadtgebiet wohnenden selbstständigen Kfz-Händler vor Gericht. Die Anklage lautete auf Anstiftung zur falschen Versicherung an Eides Statt, entpuppte sich jedoch nach längerem Hin und Her als ein nicht sonderlich klug eingefädelter Versuch des heute 51-jährigen Hauptangeklagten, seinen alten Kombi noch einigermaßen gewinnbringend loszuwerden. Die Karre war lange Zeit in Horber Insiderkreisen so bekannt wie sein Besitzer selbst. Wenn der Halter nicht mit dem Wagen unterwegs war, stand das Auto meist offen an Tankstellen herum, während sein Besitzer "tanken" war. Plärrend laute Musik verriet dabei immer den Standort des Wagens, den sein Besitzer 2008 per Kredit gekauft hatte. Und genau dieser Kredit war letztendlich der Knackpunkt bei der Geschichte. "Ha, des Kärrele müsste doch längst abbezahlt sein", vermutete der recht bekannte Zeitgenosse, der durch Rosetta Venturino-Weschenmoser vertreten wurde. "Ond deshalb han i glaubt, dass die mir meinen Kfz-Brief, den ich denen als Sicherheit geben musste, schon längst wieder zurückgeschickt haben – nur gfunda han i den Brief nemme", erklärte er dem Richter.

Da er aber sein Auto, das zwischenzeitlich den Geist aufgegeben hat und nur noch fahruntüchtig rumstand, loswerden wollte, bot er es dem Autohändler an. Der bekam zuerst den Fahrzeugschein, wollte aber natürlich auch noch den Brief, und da war guter Rat teuer. Der Herr Verkäufer war der Meinung, den Brief bei einem seiner vielen Umzüge verlegt zu haben oder eine seiner früheren Ehefrauen hätte ihm einen Streich gespielt. Trotzdem rief er vorsichtshalber bei dem Geldinstitut an und fragte im Beisein des Möchtegern-Käufers nach, ob der Brief noch dort liegen würde. "Ma kann so Handy au uff laut stelle, no kah der Kolleg mithöra, woischt", erklärte er leutselig dem Gericht.

Der Bankmitarbeiter bestätigte mehrfach, dass der Brief nicht mehr bei ihnen wäre, und deshalb riet ihm der Autohändler, der auch seit 20 Jahren TÜV- und Fahrzeuganmeldeservice macht, beim Landratsamt Freudenstadt eine Verlusterklärung abzugeben und Ersatzdokumente anzufordern.

Erst sagt die Bank, sie hat den Kfz-Brief nicht, nach massiver Nachfrage hat sie ihn doch...

Gesagt, getan. Die Sachbearbeiterin, die den Antrag entgegennahm, ging ebenfalls davon aus, dass ein Auto, das Mitte 2008 erstmals zugelassen wurde, nicht mehr Sicherungsübereignet ist und stellte im Beisein von Käufer und Verkäufer den Brief auf den Namen des Käufers aus. Dies bestätigte sie im Zeugenstand. Als der Käufer den Wagen dann abholen wollte, brachte er ihn nicht zum Laufen und weigerte sich deshalb, die vereinbarten 300 Euro zu zahlen.

Das passte dem Verkäufer natürlich nicht. "Da war i aber sowas von sauer. Da ben i einkehra ganga und hab hederher auf der Kfz-Zulassungsstelle angerufen und dene gsagt, dass der Brief vielleicht doch auf der Bank liegen könnte."

Der Ex-Autobesitzer wollte so dem jetzigen Fahrzeuginhaber, der zwar Schein und Brief hatte, aber noch keinen Euro gezahlt hatte, eins auswischen, aber der Trick ging natürlich gnadenlos nach hinten los. Der Anruf landete bei einem sehr erfahrenen Mitarbeiter der Horber Zulassungsstelle, der sich per Brief an die Bank wandte – im Übrigen keine der drei Horber Banken, sondern eine Verbraucherbank mit Stammsitz in Boston (USA) – und fragte nach dem Verbleib des Briefes an. Am 6. Oktober 2016 kam die Antwort, dass der Kfz-Brief tatsächlich noch dort liegt. Daraufhin erfolgte die Anzeige wegen Anstiftung zur falschen Versicherung an Eides Statt, da man damals noch davon ausging, dass der Käufer den Verkäufer angestiftet habe, falsche Angaben zu machen. Für die Anwältin des Angeklagten war das Auskunftsverhalten der Bank ein Unding, da sie weder auf "normale" Nachfrage, noch auf einen vorausgegangenen Schriftverkehr mit der Bank solche Informationen erhielt. Erst als sie massiv nachforschte, konnte sie in Erfahrung bringen, dass man aufgrund eines notleidenden Kredites den Brief weiterhin als Sicherheit behält. Schriftlich läge ihr aber nichts vor.

Doch nach gutem Zureden durch die Anwältin und einem ebenfalls soufflierten letzten Wort – gab der Angeklagte zu, dass das Ganze eine dumme Idee war und man den Einspruch auf den bereits ergangenen Strafbefehl nur noch auf die Tagessatzhöhe beschränkt wissen wollte. Letztendlich zahlt der Angeklagte, der von staatlicher Grundsicherung lebt, nun 25 Tagessätze zu je zehn Euro und muss die Kosten des Verfahrens tragen. Auch der mitangeklagte Autohändler kam nicht ganz ungeschoren davon. Sein Anwalt forderte zwar die Einstellung des Verfahrens, doch die Staatsanwaltschaft stimmte hier nur zu, wenn ihm seine eigenen Auslagen auferlegt werden. Und das ist mit Anwaltskosten schnell mal das Doppelte vom eigentlichen Kaufpreis.