Der Horber Geometer Alois Fischer fertigte diese Darstellung der kaiserlich-königlich vorderösterreichischen Stadt Horb im Jahr 1787. Das kleine Neckarstädtchen wurde jetzt mit dem neuen denkmalpflegerischen Werteplan zur Freien Reichsstadt erhoben – zum Erstaunen des Experten für Stadtgeschichte, Joachim Lipp. Foto: Kultur- und Museumsverein Foto: Schwarzwälder-Bote

Heimatgeschichte: Im neuen denkmalpflegerischen Werteplan wird das vorderösterreichische Horb zur Freien Reichsstadt erhoben

Der denkmalpflegerische Werteplan für Horb sorgt bei Experten für Verwunderung. Die Große Kreisstadt wird darin als Freie Reichsstadt bezeichnet. Joachim Lipp vom Kultur- und Museumsverein schildert sein Erstaunen.

Horb. Noch hat den Kultur- und Museumsverein keines der von Oberbürgermeister Peter Rosenberger versprochenen gedruckten Exemplare des neuen denkmalpflegerischen Werteplans zur Gesamtanlage Altstadt Horb erreicht. Deshalb habe ich schon einmal einen neugierigen ersten Blick auf die im Internet abrufbare PDF-Datei geworfen.

Das Märchen von einer angeblichen Horber Burg namens Hohenberg

"Wenn wir fehlerfrei wären, würden wir nicht so viel Vergnügen daran finden, Fehler an anderen festzustellen." Mit dieser Erkenntnis des Horaz (65 bis 8 v. Chr.) überflog ich den neuen denkmalpflegerischen Werteplan, der vergangene Woche von der Denkmalschutzbehörde im Horber Rathaus feierlich übergeben wurde und dessen offizielle Presseankündigung für einigen historischen Wirbel gesorgt hatte.

Trotz der Fehler und möglicher Ergänzungen, die mir beim ersten Überfliegen aufgefallen sind, verzichtete ich angesichts des biblischen Hinweises aus dem Johannes-Evangelium darauf, den ersten Stein zu werfen. Das Märchen von einer angeblichen Horber Burg namens Hohenberg, die immer noch durch den neuen Werteplan sowie alte Horber Querköpfe geistert, reihe ich mittlerweile in den Bereich von unausrottbaren Fakenews einer hohenbergischen Verschwörungstheorie ein, deren Anhänger das vom Kultur- und Museumsverein herausgegebene Horber Burgenbuch noch nie in Händen gehalten haben. Jedoch kippte ich angesichts einer ganz anderen außergewöhnlichen historischen Feststellung, die sich im neuen Werteplan findet, beinah wie von einem Stein getroffen vom Schreibtischstuhl.

Auf der Seite, die den vom Kultur- und Museumsverein in Zusammenarbeit mit der Stadt sanierten Platzbrunnen zum Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung erklärt, kann man das Folgende lesen: "Der aufwendig gestaltete Renaissancebrunnen zeugt mit der die Brunnensäule bekrönenden Statue des Landesherrn vom Repräsentationsanspruch und Stolz der ehemals Freien Reichsstadt Horb." Nach der Hohenberg-Verschwörung jetzt auch noch das: Horb soll wie Rottweil, Reutlingen, Esslingen oder Weil der Stadt zum privilegierten Kreis der reichsunmittelbaren Städte im deutschen Südwesten gehört haben.

Das ist des Guten zu viel. Der Horber Stiftskanoniker Franz Joseph Steinwand betitelte Horb 1719 in Kirchenlatein mit "Urbe Caesarea Austriaca Dioecesis Constantiensis", also als kaiserlich österreichische Stadt in der Diözese Konstanz. In jenem 18. Jahrhundert nannte sich die Neckarstadt selbst stets "kaiserlich-königlich vorderösterreichische (k.k.v.ö.) Stadt Horb".

Der Kaiser herrschte aber über das vorderösterreichische Horb nicht, weil das kleine Städtchen reichsunmittelbar gewesen war, sondern weil die Habsburger bis auf ein dreijähriges Intermezzo des Wittelsbachers Karl VII. Albrecht von 1452 bis 1806 stets auf dem Kaiserthron des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation gesessen hatten.

Mit der Erhöhung Horbs zur Freien Reichsstadt muss den Damen und Herren vom Denkmalamt angesichts "eines der reizvollsten Stadtbilder von Baden-Württemberg" wohl der Gaul durchgegangen sein.

Weitere Informationen: Joachim Lipp ist Vorsitzender des Horber Kultur- und Musuemsvereins. Der neue denkmalpflegerische Werteplan zu der Gesamtanlage Altstadt Horb findet sich im Internet auf der Seite www.denkmalpflege-bw.de, Suche nach "denkmalpflegerische Werteplan Gesamtanlage Altstadt Horb".