Das Lebensmittel-Angebot in der Region wird für den Horber Tafelladen immer knapper. Deshalb nutzt die Horber Caritas künftig die zentralen Ressourcen des Landesverbandes – mit Konsequenzen auf die Preisstruktur. Foto: Ganswind

Kunden beschweren sich über teurere Lebensmittel. Erwin Reck widerspricht dem Vorwurf der "Kostenexplosion".

Horb - Einige Kunden des Horber Tafelladens beschweren sich über eine plötzliche und deutliche Preissteigerung. Der Horber Caritas-Chef Erwin Reck widerspricht. Einschneidende Veränderungen gibt es aber tatsächlich im "Supermarkt für Bedürftige".

Eine dreifache Mutter kommt verärgert aus dem Horber Tafelladen: "Plötzlich sind viele Lebensmittel teurer. Und viele der Kunden im Tafelladen sind völlig überrascht davon." Auch eine andere Nutzerin des Tafelladen-Angebotes, die namentlich nicht genannt werden möchte, sagt: "Da gibt es eine Kostenexplosion." Am gestrigen Mittwoch habe man deshalb seinen Unmut im Tafelladen zum Ausdruck gebracht. Dicke Luft also im Tafelladen? Was ist da los?

Anderer Ort, gleiches Thema: das Begegnungshaus "ParaDios" in Horb. Dort ist das Büro von Erwin Reck, Leiter der Horber Caritas. Reck sitzt mit Stephan Schulze-Celik zusammen und diskutiert über die Aufregung im Laden in der Bildechinger Steige. Schulze-Celik ist Marktleiter des Tafelladens in Calw und nun auch "Unterstützer" des Horber Tafelladens, wie er sich selbst bezeichnet. Er ist derjenige, der sich gestern im Tafelladenden den Frust der Kunden anzuhören hatte. Erwin Reck klärt auf: "Ich habe ihn um Unterstützung bei der Neu-Organisation des Tafelladens gebeten."

Denn dort hat es seit Kurzem eine neue Entwicklung gegeben. Die Horber Caritas nutzt nun das Angebot des Landesverbands der Tafeln Baden-Württemberg. Dieser bietet eine zentrale Koordination der Lebensmittelversorgung an. Reck erklärt: "Bisher war es so, dass wir zwar im Landesverband waren, aber unsere Lebensmittel selbst generiert haben. Doch wir bekommen immer weniger Lebensmittel zusammen."

Grund: Die Supermärkte, mit denen die Horber Caritas zusammenarbeitet, können immer weniger Lebensmittel abgeben. "Die Logistik der Unternehmen ist besser geworden. Und somit gibt es gar nicht mehr so viele Lebensmittel für uns", so Reck. Rolf Göttner, Vorsitzende des Landesverbands der Tafeln in Baden-Württemberg, begründet dies so: Der Preiskampf der großen Discount-Märkte im Südwesten führe dazu, dass weniger Lebensmittel für die Tafeln übrig bleibe. So hätten die Unternehmen Anfang Januar damit begonnen, abends Obst und Gemüse bis zur Hälfte billiger zu verkaufen, was sonst nur auf Wochenmärkten üblich sei.

Die Quellen des Horber Tafelladens versiegen also mehr und mehr. "Wir hätten künftig nur noch eine Grundversorgung anbieten können. Und die Gefahr, dass es den Horber Tafelladen dann irgendwann nicht mehr gibt, wurde immer größer." Mit den Ressourcen des Landesverbandes könne man nun eine viel breitere Versorgung gewährleisten – auch mit Lebensmitteln, die man bisher gar nicht im Sortiment hatte.

Doch die positive Seite der Medaille hat auch eine negative: Für die Horber Caritas entstehen laut Reck auch zusätzliche Kosten: "Wir müssen beispielsweise einen Transporter mit Kühlmöglichkeiten haben, mit dem wir die Ware in Stuttgart abholen." So ein Fahrzeug allein würde schon 60000 Euro kosten. Dann werden auch noch Fahrer benötigt.

Auch die allgemeinen gesetzlichen Vorgaben würden den Kostendruck erhöhen, erklärt der Caritas-Chef. So müssten die ehrenamtlichen Mitarbeiter heutzutage viel intensiver geschult sein. "Der Kostendruck wächst. Aber das, was alles an dem Laden dranhängt, sehen unsere Kunden leider nicht", sagt ein geknickt wirkender Erwin Reck. "Wir machen mit dem Tafelladen keinen Gewinn. Unser Ziel ist die schwarze Null. Wenn uns die Spitalstiftung die Räumlichkeiten nicht kostenlos zur Verfügung stellen würden, dann würden wir das Angebot gar nicht so machen können."

Doch was bedeutet dieser "Epochenwechsel" nun für die Preise im "Carisatt"? "Ich bringe nun eine klare Preisstruktur in den Horber Tafelladen", sagt "Unterstützer" Schulze-Celik, der bereits Erfahrungen mit den zentralen Strukturen über den Landesverband hat und deshalb von Reck ins Team geholt wurde. Vorher habe es auch mal Preise "Pi mal Daumen" gegeben, was auch zu Ungerechtigkeiten geführt habe, so Schulze-Celik. Gab es zum Beispiel einen großen Posten Kopfsalat, so habe es den manchmal fast schon kostenlos gegeben.

Künftig richte man sich an dem aktuellen Marktpreis. Sinkt der Preis beispielsweise im Handel, so gehe man auch im Tafelladen runter. Schulze-Celik prüfe das im Internet oder gehe dann selbst in die Supermärkte. Reck: "Das hätte ich zeitlich gar nicht hinbekommen können." Die klare Preisstruktur gebe es für alle Waren, ob sie nun zentral über den Landesverband kommen oder von den Supermärkten und Spendern wie Landwirte aus der Region. "Die Ware kostet dann aber immer noch nur ein Drittel vom Normalpreis, grob geschätzt", so der Mann aus Calw.

Dass es nun zu Unmut kommen würde, damit habe er gerechnet, so Schulze-Celik. Diese Erfahrung habe er auch in Calw gemacht. "Doch die meisten verstehen es, wenn man es ihnen erklärt, und sie wissen dann auch die klaren Strukturen und das größere Angebot zu schätzen. Es sind einige wenige, die es nicht einsehen." Und für besondere Härtefälle gebe es immer noch flexible Lösungen, berichtet Reck.

Der Horber Caritas-Chef gibt zu, dass ihn die Kritik trifft: "Wir geben uns große Mühe, ein Angebot aufrechtzuerhalten, dass einige als selbstverständlich ansehen, aber das absolut keine Selbstverständlichkeit ist. Und wenn wir irgendwann keine Lebensmittel mehr haben und wir den Laden dicht machen müssen, dann fehlt den Bedürftigen eine wichtige Hilfe."