Das Haus des Ärzteehepaares Brems war Thema einer kritischen Anfrage im Ortschaftsrat Talheim. Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder-Bote

Lokalpolitisch interessierter Bürger holt zum Rundumschlag aus und wird an einzelnen Stellen recht persönlich

Von Peter Morlok

Horb-Talheim. Der öffentliche Teil der jüngsten Ortschaftsratssitzung im Steinachtal versprach schon allein durch den ersten optisch Eindruck, den man beim Betreten des Sitzungssaals gewann, sehr vielversprechend zu werden. Ein Bürger hatte sich, bewaffnet mit Auszügen aus Gesetzbüchern, Zeitungsartikeln und sonstigem Papier im Zuschauer- und Pressebereich breitgemacht.

Seine Zettel hatte er teilweise ausladend vor sich auf dem Fußboden verteilt, dass kaum ein Durchkommen in die hinteren Stuhlreihen möglich war. So ausgestattet, konnte er das Signal von Ortsvorsteher Thomas Staubitzer zur Eröffnung der Bürgerfragestunde kaum abwarten. Und der Fragesteller hatte sich gleich mehrere Themenkomplexe vorgenommen, zu denen er energisch Auskunft und verbindliche Abarbeitungszeiten einforderte.

Der erste Komplex war der Ärztemangel in Talheim. Nachdem das Arztehepaar Brems seine Praxis geschlossen hat, habe er, der Fragesteller, einer Mitteilung von Wolfgang Kronenbitter entnommen, dass es die wichtigste Aufgabe des Ortschaftsrates sei, hier einen Nachfolger zu suchen. "Was haben Sie unternommen, wann kommt der neue Arzt?"

Thomas Staubitzer atmete tief durch und versuchte dem Herrn zu erklären, dass dies nicht das Problem des Ortschaftsrates allein, sondern eine gesamtstädtische und kreisübergreifende Angelegenheit sei. Hier sei man von Seiten der Stadt- und Kreisverwaltung daran, ein Konzept – zusammen mit dem Landrat – zu entwickeln um der allgemeinen Landflucht der Ärzte Herr zu werden. Die Doktoren Brems selbst hätten über drei Jahre vergeblich versucht, einen Nachfolger für ihre Praxis zu finden. "Kein Wunder bei dieser schlechten Lage der Praxis. Alle halbe Stunde schellt die Schulglocke und auf dem Schulhof ist viel Betrieb", erkannte der Fragesteller gleich die Problematik und hatte eine fertige Lösung parat. "Man kann hier, im Bürgerzentrum, in den Räumen der Ortsverwaltung, den neuen Arzt einquartieren", so sein Vorschlag. Es stellte sich heraus, dass der Fragesteller der Meinung war, dass die Amtsräume nur montags und donnerstags in einem sehr beengten Zeitraum benötigt werden. "Was Sie meinen, das sind die Öffnungszeiten des mobilen Bürgerbüros", korrigierte ihn Staubitzer, der erklärte, dass dies hier sein Dienstsitz sei, an dem er täglich von frühmorgens bis in den Abend hinein arbeite. Rätin Silke Wüstholz konnte jedoch zu dem Thema Ärztesuche mitteilen, dass alles getan wird, um einen Arzt zu finden. Ausschreibung im Ärzteblatt und ein Aushang an der Uni Tübingen laufen und sie hätte ein Konzept ausgearbeitet, dass sie bei der nächsten Sitzung im Gemeinderat vorstellen wolle.

Als nächstes wollte der Fragesteller wissen, wie Thomas Staubitzer zu der Meinung kam, dass das Haus Brems pädagogisch nicht geeignet sei, um Asylanten aufzunehmen und dies auch noch öffentlich bekannt gab. Der Bürger wurde dabei recht persönlich. Für ihn war nicht nachvollziehbar, warum die Asylanten-Kinder nicht vor dem Haus – und damit direkt auf dem Schulhof der Grundschule – spielen sollten. Er wertete die Äußerung des Ortsvorstehers als diskriminierend. Staubitzer und einige der Räte versuchten zu erklären, dass es sich hier auch um haftungsrechtliche Aspekte handele und sich die Aufsichtspflicht der Lehrer nur auf die ihnen anvertrauten Schulkinder beziehe.

Für den Fragesteller war dies kein Argument. Ob nun Asylbewerber im Haus wohnen oder Patienten ein- und ausgehen, das sei doch "das Selbe", so sein Gegenargument. "Ich habe noch nie davon gehört, dass sich Patienten vor oder nach dem Arztbesuch unter die Schulkinder mischten und mitgespielt haben", beendete Rat Egon Kling diese Diskussion.

Kurios wurde es dann, als der Herr einen Gesetzestext auspackte, ein Kopie Staubitzer überreichte, sich in den Raum stellte und laut zu den mutmaßlichen Vergehen des Herrn Walz (wir berichteten) Anklage erhob. "Was passiert nun mit diesem Vertreter im öffentlichen Amt"? Gar nichts – Walz hat als Privatperson gehandelt, so die kurze Antwort vom Ortsvorsteher.

Nach diesem Auftritt war die weitere Frage des Bürgers, was man den von Seiten der Ortsverwaltung tun werde, um die "Schotterpiste", wie er die Durchgangsstraße durch den Ort nannte, zu reparieren fast schon eine Art sachliche Erholung. Auch seine Forderung – "ich möchte so etwas wie eine zeitliche Erledigungsschiene sehen" – konnte Thomas Staubitzer locker erfüllen. "Einmal im Jahr wird hier in öffentlicher Sitzung eine komplette Mängelliste vorgestellt, die dann vom Bauhof abgearbeitet wird. Wann wir jedoch drankommen, das liegt im Ermessen der Stadt."