"Kein Dreck nach Talheim": Am Mittwoch demonstrierten Bürger gegen die mögliche Auffüllung des Steinbruchs. Foto: Hopp

Reifen eines Kaltenbach-Mitarbeiters zerstochen. Unternehmer befürchtet "Genickschuss fürs Projekt". Bürger protestieren.

Horb-Talheim - Die Emotionen kochen hoch vor der Sitzung des Ortschaftsrates am Donnerstag, bei der über die Steinbruchauffüllung "Talheim 21" entschieden werden soll. Ortschaftsräte und Kaltenbach-Mitarbeiter werden bedroht, und ein Talheimer empfiehlt: geheim abstimmen!

Gut 50 Talheimer demonstrierten vor den Kameras des ZDF, das um 14 Uhr in "heute – in Deutschland" über das umstrittene Projekt berichten wird. Mit dabei Stefan Merkle. Er sagt: "Unsere Stimmung hat sich nicht geändert. Wir sind immer noch überrascht, dass sich das bewahrheitet hat, was seit Monaten in Talheim gemunkelt wird."

Er freut sich, das heute eine Entscheidung über Talheim 21 fallen wird: "Wir denken, dass unsere Argumente auch bei den Ortschaftsräten angekommen sind. Natürlich müssen sie abwägen, aber sie wissen ganz klar, wie die Bevölkerung denkt. Auch wir sind etwas überrascht über die schnelle Entscheidung. Aber sie ist von unserer Seite gewünscht."

Im Fall der "Droh-SMS" gegen Ortschaftsratsmitglieder (wir berichteten exklusiv) nehmen sowohl Ortsvorsteher Thomas Staubitzer und OB Peter Rosenberger die Bürgerinitiative gegen die Steinbruchauffüllung in Schutz.

Staubitzer: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass so etwas aus den Reihen der Bürgerinitiative kam. Ich habe sie bisher so kennengelernt, dass sie solche Sachen nie in irgend einer Form forcieren würden."

OB Rosenberger: "Droh-SMS sind mir nicht bekannt, ich rate allerdings dazu, dieses Thema auch strafrechtlich verfolgen zu lassen, da wir auf dieser Ebene normalerweise nicht miteinander umgehen sollen. Im übrigen habe ich die BI vor Ort auch anders kennen gelernt und glaube nicht, dass dies gesteuert ist. Vielmehr muss es sich um eine Art Einzeltäter handeln."

"Talheim 21"-Gegner Merkle: "Wir haben immer klar signalisiert, dass wir nicht gegen die Ortschaftsräte sind. Die Droh-SMS deckt sich nicht mit dem, wie wir miteinander umgegangen sind."

Ist die BI unschuldig? Oder sind die Emotionen zu hochgekocht, um nüchtern zu entscheiden?

Armin Kiefer, Mitarbeiter der Firma Kaltenbach, wohnt selbst in Talheim: "Auch ich wurde bedroht. Mir wurde im Ort schon ein Reifen zerstochen. Ortschaftsräte erzählen mir, dass sie Angst haben. Ihre Kinder werden in der Schule gemobbt, sie leben in Furcht, dass ihre Häuser beschmiert werden."

Sein Chef Armin Kaltenbach beklagt die Eile der Entscheidung. Er sagt: "Ich habe bei der Informationsveranstaltung nichts schöngeredet. Ich habe die LKW-Strecke bewusst so gezeigt, damit klar ist, dass das Haus von Meintel (Sprecher der BI) betroffen ist. Wo die LKW wirklich herkommen, ist noch nicht geklärt." Auf der Informationsveranstaltung hat der Steinbruch-Unternehmer Klartext geredet. Sogar zugegeben, dass bei ungünstigen Bedingungen auch 80 LKW täglich zum Steinbruch fahren könnten.

Allerdings sagt Kaltenbach, dass im Vorfeld eine andere Vorgehensweise abgesprochen worden war: "Abgemacht war, dass es eine Info-Veranstaltung gibt. Dann nimmt man sich die Zeit, um gewisse Dinge zu eruieren. Um diese vorab in Ruhe abzuklären." Dies sei aber nicht geschehen. Das hatte auch Ortschaftsrat Andton Ade bemängelt. Offenbar wurde gar nicht in Ruhe mit Armin Kaltenbach verhandelt, in wieweit man die Lkw-Belastung für die Anwohner senken könnte. Geschweige denn, welche Perspektiven man mit dem "Strukturbeitrag", eine höhere sechstellige Summe, hätte.

Kaltenbach stellt jedenfalls klar, dass die offenbar positiven Weichenstellungen in Haigerloch für eine Steinbruchverfüllung dort sein Projekt in Talheim nicht gefährden würde. Er sei allerdings auch noch nicht in konkreten Verhandlungen. Kaltenbach: "Wir können nicht um Aufträge buhlen, solange wir keine klaren Verhältnisse haben."

Kaltenbach befürchtet, dass die schnelle Abstimmung dazu führt, dass seine Steinbruchauffüllung verfrüht begraben wird – das sei ein "Genickschuss".

Die Abstimmung – sie soll heute öffentlich sein. In einem Leserbrief merkt Michael Walz vom gleichnamigen Sanitär-Betrieb an, dass man überlegen sollte, eine geheime Abstimmung durchzuführen. Walz schreibt: "Ich habe große Bedenken, dass die Entscheidung zum Steinbruchauffüllen nicht den demokratischen Grundsätzen entspricht. (...) Ich empfehle dem Ortschaftsrat die Abstimmung geheim durchzuführen nur so wird es ein freier und unabhängiger Beschluss."

Auch Gemeinderat Tobias Plaz aus Eutingen meldet sich zu Wort. Er beklagt die schnelle Entscheidung: "Schon morgen soll es sich entscheiden ob die Verkehrsflut in unserem Ort weiter zunimmt oder nicht. Warum muss es denn nun so schnell gehen? Was mich an der Tatsache am meisten stört ist, dass die Belastung, die Talheim 21 für Eutingen bringen könnte, viel zu wenig Beachtung findet."Laut Plaz habe man sich im Eutinger Gemeinderat schon über die Steinbruchauffüllung unterhalten. Dort habe man aber beschlossen, dass man erst Fakten hören wolle, ehe man in die Offensive gehe. Durch die morgige Abstimmung habe der Eutinger Gemeinderat keine Chance, den Talheimer Ortschaftsräten die Argumente aus Eutinger Sicht darzulegen.

Doch die bange Frage bleibt: Selbst, wenn der Ortschaftsrat in der öffentlichen Abstimmung heute das Steinbruchprojekt ablehnen würde, ist es dann endgültig begraben?

Zwar hatte OB Peter Rosenberger immer betont, dass der Ortschaftsrat die "Große Weiche" stellt. Die Verwaltung will, so das Stadtoberhaupt, "die Ergebnisse aus der morgigen OR-Sitzung dem Gemeinderat am kommenden Dienstag vorlegen, um eine öffentliche transparente Entscheidung zu treffen."