An verschiedenen Stationen konnten die Besucher viel über Liköre und Brände erfahren und diese auch gleich probieren. Foto: Wagner Foto: Schwarzwälder-Bote

Kulinarik: Eine Wahl-Dießenerin bringt Gästen auf ihrer ersten Destillat-Wanderung die Vielfalt der Hochprozentigen näher

Ines Singer, Fachkraft für Brennereiwesen, möchte ihre Leidenschaft für Brände und Likören weitergeben. Am Freitag fand die erste Destillatwanderung statt.

Horb-Dießen. Vor drei Jahren schloss Ines Singer ihre Ausbildung zur staatlich geprüften "Fachkraft für Brennereiwesen" ab. In weiteren Seminaren und Weiterbildungsveranstaltungen baute Singer ihr Wissen aus und setzte dieses in die Praxis um. Heute verfügt Singer über ein beachtliches Sortiment an verschiedenen Bränden sowie Likören. Im Jahr 2018 will Singer zudem ihren Whiskey der Marke "Grain" präsentieren.

Bei ihrer ersten Destillat-Wanderung am Freitagabend erhielten die Gäste einen ausführlichen Einblick in die Welt der Brände und Liköre. In der Vergangenheit hatte Singer bereits Besuch von Gruppen, die sich für die Herstellung und das Endprodukt ihrer Leidenschaft interessierten. Für eine "richtige" Destillat-Wanderung reichte ihr Sortiment damals allerdings noch nicht aus.

Am Freitag staunten die Gäste nicht schlecht, als Singer die Schränke in ihrem Verkaufsraum öffnete. Beim Anblick der vielfältigen Getränke spielte so mancher Gast mit dem Gedanken, sich eine Übernachtung im Gasthaus Linde zu buchen, wo sich die Besucher zu Beginn der Wanderung einfanden. Zunächst schenkte Singer ihren Gästen jedoch ein anti-alkoholisches Getränk aus, bevor sie ihren Apfelbrand präsentierte.

Wie aus Saft der Obstbrand entsteht

Beim selbstgemachten Apfelsaft der Wahl-Dießenerin beginnt nämlich die Reise in ihre Welt der Brände und Liköre. Bei der Herstellung des Saftes entsteht ein Nebenprodukt – der sogenannte Trub –, aus dem Singer ihren Apfelbrand produziert. Dieser gilt wiederum als Basis für den Großteil ihrer Likör-Produktion. Ausführlich referierte Singer über die Unterschiede und Bezeichnungen. Um einen Obstbrand als solchen bezeichnen zu dürfen, gilt in Deutschland unter anderem die Voraussetzung eines Mindestalkoholgehaltes von 37,5 Prozent. Getränke, die diesen Wert unterschreiten, wie etwa Liköre, werden als Spirituosen bezeichnet.

Vom Gasthaus Linde aus machte sich die achtköpfige Gruppe anschließend auf den Weg in den Dießener Wald. An mehreren Stationen entlang der Route erhielten die Gäste Informationen zu den jeweiligen Sorten, die an Ort und Stelle verköstigt wurden. An der ersten Station entlang des Waldrandes stellte Singer ihren Birnenbrand vor, der aus verschiedenen Tafel- und Mostbirnen hergestellt wird. Singer legt hierbei großen Wert darauf, die örtlichen Früchte zu verarbeiten. So wunderte es die Wanderer auch kaum, dass Singer ihre Freude beim Betrachten der Früchte an einer Schlehen-Hecke zum Ausdruck brachte. "Im letzten Jahr konnte ich keine Schlehen von dem Strauch ernten", erinnerte sie sich. In diesem Jahr dürften die Chancen für die Produktion eines Schlehenbrands somit wohl besser stehen.

Sehr mühsam und aufwendig gestaltet sich die Herstellung des Quittenbrands, wie die Besucher beim zweiten Halt erfuhren. Das Rasieren beziehungsweise Enthaaren des Rosengewächses stellt hierbei den größten Arbeitsaufwand dar. Dieser Arbeitsgang ist allerdings unverzichtbar, denn der Flaum oder Pelz der Frucht enthält reichlich Bitterstoffe, die nicht mitverarbeitet werden sollen.

Von Holunder bis "Haferpflaume"

Vor dem gemeinsamen Vesper in der freien Natur präsentierte Singer einen Mispelbrand, der zu den herben Getränken in ihrem Sortiment zählt. Anschließend servierte die Gastgeberin zur Abwechslung "feste" Nahrung zum Vesper unter freiem Himmel. Der Ausblick auf die Burgruine zu Hohendiessen und das Dießener-Tal war vor allem für die beiden australischen Gäste ein einmaliges Erlebnis.

Beim vierten Halt erfuhren die Schnaps-Wanderer, wie die Herstellung von Holunderwasser funktioniert. Nachdem die Beeren "eingemaischt" wurden, sorgt die Vergärung mittels Hefe dafür, dass den Früchten der Zucker entzogen wird.

Da nach der Verköstigung des Obstbrandes das Wetter umschlug, führte Singer die Gäste zurück in das Gasthaus. Hier überraschte sie mit einem Obstbrand, der aus der "Haferpflaume" gewonnen wird. Die Namensgebung des Steinobsts richtet sich nach seinem Duft. "Wenn die Pflaume reif ist, riecht sie wie ein Haferfeld", klärte Singer ihre Gäste auf.

Als die Verköstigung der Liköre stattfand, räumte Singer zudem mit einem Vorurteil auf. Liköre werden nach Singers Erfahrungen nicht überwiegend von Frauen getrunken. Im Gegenteil: "Auf der Einkaufsliste eines Motorrad-Vereins standen überwiegend Liköre", erinnert sich Singer. Viele ihrer Kundinnen seien zudem eher "scharf" auf die Obstbrände.

Singer ist begeistert von ihrem Beruf und setzt hohe Qualitätsmaßstäbe an ihre Produkte. "Ich arbeite nach der Dr. Hagmann Methode", erklärt die leidenschaftliche Schnaps-Brennerin. Hagmann ist ein bekannter Referent und führt seit Jahren Seminare und Schulungen durch.

Eine deutliche Meinung hat Singer zu dem Gebiet des "Geistens". "Ich weigere mich einen Haselnussgeist herzustellen", betonte Singer. "Da wird mir zu viel mit Aromen gearbeitet".