Das Trio "Music- and Song-Café" mixte am Sonntag den Musikcocktail im Alten Freibad. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Freizeit: Trio "Music- and Song-Café" sorgt am Alten Freibad mit eigenen Songs und Raritäten aus der Oldie-Kiste für Abwechslung

Am Sonntagnachmittag mixte das Trio "Music- and Song-Café" ein ganz außergewöhnlich wohltönenden Musikcocktail.

Ho rb. Eine etwas ältere Dame meinte zwar: "Letzte Woche war Tanzmusik – des heut isch net so mei Deng", doch hätte sie etwas zugehört, anstatt sich mit vier anderen Personen über die Vor- und Nachteile von Altenheimen und betreutem Wohnen zu unterhalten, dann hätte sie sich mit den anderen Besuchern dieser Veranstaltung auf einem Spaziergang zurück in ihre Jugend begeben können. Aber mit den "Dengern", in diesem Fall mit dem Musikgeschmack, ist es halt so ein "Deng". Die die zuhörten, vielleicht sogar mit Blick auf die Bühne, bekamen von den Betreibern des "Music- and Song-Cafés" einen Musikcocktail geschüttelt und gerührt, dessen Zutaten extraordinär gut schmeckten, doch nicht ganz so leicht erhältlich sind.

Gitarrist und Sänger Christof Schülke hatte dafür wieder einmal ganz tief in seiner Plattensammlung gekruschtelt und ein paar Raritäten längst vergangener Epochen ausgegraben. Allein das Stück "You’ve Got to Hide Your Love Away" von den Beatles stammt aus dem Jahr 1965. Es war auf einer der ersten LPs der Pilzköpfe aus Liverpool zu hören und ist inzwischen so etwas wie eine kleine kostbare Perle der Musikgeschichte. Auch der Besuch im ältesten und bekanntesten Puff von New Orleans, dem "House of the Rising Sun" wurde zum gemeinsamen Gruppenerlebnis, denn jeder der Zuhörer war mehr als einmal – natürlich nur im Song – nach Sonnenuntergang in diesem Etablissement. Hans-Jürgen Sesterheim, der Mann am Saxophon, ließ sein edles Instrument während seiner Solo-Improvisation zum Lied dazu so abgefahren dreckig klingen, dass man fast den Eindruck bekommen konnte, er wolle Freikarten fürs Kopfkino verteilen, und jeder der Zuhörer dürfe sich seinen eigenen Filmausschnitt gedanklich selbst zusammenstellen. Und dafür gab es wohlverdienten Szenenapplaus vom kundigen Publikum.

Überhaupt war das Publikum, sah man von der älteren Dame ab, durchweg von der ganzen Geschichte begeistert. Köpfe, Füße, ganze untere Extremitäten und, was im Schwabenland eher selten ist, ganze Körper waren zeitweise in Bewegung. Es wurde mitgeschnippst, der eigene Oberschenkel als Trommel benutzt und zu guter Letzt legten ein paar ganz Entrückte zu "Locomotive Breath" auch noch ein Tänzchen auf die Wiese. Dieser Song stammt übrigens von der britischen Band Jethro Tull und das Markenzeichen von Bandleader Ian Anderson ist der "Flamingo". Anderson steht dabei auf einem Bein, das andere ist auf Kniehöhe angewinkelt. Jürgen Sesterheim verzichtete vernünftigerweise auf solche Extravaganzen.

Verzicht ist sowieso eines der Schlüsselworte, wenn man einen Auftritt von "Music- and Song-Café" beschreiben soll. Zuerst verzichten die Musiker grundsätzlich auf eine Setliste. Die Songauswahl ist dem Moment geschuldet und die drei verlassen sich hier auf ihr feines Gespür der jeweiligen Situation. Ein wunderbares Plus ist der absolute Verzicht auf das exakte Abkupfern der Originalmelodien. Jeder Song klingt bei jedem Auftritt ein klein wenig anders. "Music- and Song-Café" geben den Liedern ihren eignen Touch. Sie lassen sich viel Freiraum für eingestreute Solis und arrangieren spontan. Besonders Perkussionist Peter Nikol scheint manchmal völlig entrückt oder gar staunend seinem Nebenmann hinterher zu spielen, doch ist er, trotz scheinbar stoischer Ruhe, immer im Takt und gibt dem Sound des Trios durch sein kreatives Rhythmusgefühl eine Art Stützkorsett, an den sich seine beiden Mitspieler anlehnen dürfen. Nur so können solch dichte Interpretationen von "No Woman No Cry" oder dem eher traurigen Song "Donna, Donna", wie man sie am Sonntagnachmittag im Alten Freibad hören durfte, entstehen. Dem Gitarrenspiel von Schülke, aber auch seiner Art zu singen, hört man an, dass ihre Ursprünge vor langer Zeit in der Hochzeit des Folk zu finden sind, denn auch heute noch klingt seine Fassung von "Catch the Wind", so, als hätte Donovan das Lied eigentlich für ihn geschrieben.

Mit "Über den Wolken", von Reinhard Mey verabschiedeten sich die drei von "Music- and Song-Café" von ihrem Publikum, das alles andere, nur keinen bitteren Nachgeschmack von diesem besonderen Musikcocktail mit nach Hause nahm.