30 seiner Kameraden aus der Vereinigung, dem Schacht der rechtschaffenen fremden Zimmer- und Schieferdeckergesellen, verabschiedeten sich von Kevin Glaser. Foto: Schwarzwälder-Bote

Kevin Glaser wird in Betra von Familie und Freunden empfangen / Gesellenbrüder begleiten ihn zurück nach Hause

Von Peter Morlok

Horb-Betra. Halb Betra schien am Samstagabend auf den Beinen zu sein, um Kevin Glaser nach drei Jahren, drei Monaten und 15 Tagen Wanderschaft wieder hinter dem Betraer Ortschild begrüßen zu dürfen.

150 Familienangehörige, Freunde und Bekannte der Familie warteten zusammen mit Mutter Adrienne, Vater Detlef und Kevins Freundin Lisa Waidelich auf die Rückkehr des jungen Mannes, der sich an diesem Abend wieder "einheimisch meldete". Auch sein Lehrmeister, Hermann Wetzel aus Epfendorf, war zu diesem besonderen Ereignis angereist, und die Betraer Fasnetskapelle sorgt für den musikalischen Rahmen bei dieser Willkommensfeier.

Kevin und etwa 30 seiner Kameraden aus der Vereinigung, dem Schacht der rechtschaffenen fremden Zimmer- und Schieferdeckergesellen, die teilweise recht lange Anfahrtswege auf sich genommen hatten um der Tradition folgend ihren Bruder bis vor das Tor seines Heimatortes – in diesem Fall das Ortschild – zu führen, ließen trotz ungefährer Angabe der Ankunftszeit das Begrüßungskomitee dann doch noch etwas länger warten als geplant.

Als ein Späher, den man vorsichtshalber mal die Straße Richtung Wiesenstetten runterschickte um zu schauen, wo die ehrbaren Gesellen denn nun blieben, berichten konnte, diese wären nur noch 400 Meter entfernt, formierte sich schon mal die Band und die Straße wurde vorsichtshalber gesperrt. Wovon nur wenige Insider wussten, das ist der Brauch, dass der Tross diesen allerletzten Teil des Weges nicht geradeaus die Straße entlang marschiert, sondern in einer Art Schlangenlinie die gesamte Straßenbreite samt Wald- und Feldrändern nutzt und dabei lauthals "schallert" – also deftige Gesellenlieder singt. Diese Art des Gehens hat zwei sehr praktische Gründe. Zum einen zögert es den Moment des endgültigen Abschieds von der Wanderschaft noch eine kleine Weile hinaus und zum anderen, dem wichtigeren Aspekt, zeigt das Gehen im Mäander, dass den ehrbaren Gesellen kein Hindernis im Wege seht und sie nichts auf ihrem Weg aufhalten kann.

Und so können 400 Meter eben für Wartende ordentlich lange dauern. Aber irgendwann war es dann doch soweit. Mutter Adrienne kommandierte alle hinters Ortsschild, die Fasnetskapelle legte los und die Gesellen bildeten ganz zum Schluss der Walz einen Kreis um den Heimkehrer.

Eine Flasche kreiste, Kevin erinnerte in einigen Anekdoten an herausragende Momente seiner Reise, verabschiedete sich mit Handschlag von seinen schwarz gekleideten Kameraden, schulterte seinen "Charlottenburger", das Tuch, in dem er seine Habseligkeiten und wichtigsten Werkzeuge transportierte, nahmen seinen Stenz – seinen Wanderstab – und marschierte Richtung Ortsschild.

Auf halbem Weg wurde er von einem seiner Zunftbrüder noch abgefangen, denn der Bart, den sich der Betraer Zimmermann über lange Monate stehen ließ, fiel noch schnell Taschenmesser und elektrischem Rasierapparat zum Opfer. Gepflegtes Aussehen erleichtert nicht nur das Leben auf der Walz, sondern auch die Kontaktaufnahme bei der Heimkehr.

Kevin Glaser ist zurück. Er wurde geherzt, gedrückt, umarmt, ihm wurde gratuliert und gemeinsam feierten all die Menschen, die so lange auf ihn gewartet hatten, eine Willkommensparty im örtlichen Sportheim, die nicht nur ein Stündlein dauerte.