Kreidefiguren auf dem Asphalt: Die Neckarstraße soll sich zu einem attraktiven, familienfreundlichen Gebiet entwickeln – das wünscht man sich im Rathaus und Anzeichen dafür gibt es. Verdachtsfälle von Wohnungsprostitution trüben zur Zeit das Bild. Foto: Hopp

Rotlicht-Verdacht: Stadt leitet wegen Hinweisen auf Prostitution in einem Wohnhaus Maßnahmen ein. Kein Einzelfall in Horb.

Horb - Verdachtsfälle von Prostitution in einem Haus in der Neckarstraße verunsichern die Anwohner. Im Rathaus weiß man seit Ende März davon. Im April folgten polizeiliche Maßnahmen. Bereits in der Vergangenheit gab es ähnlich gelagerte Verdachtsfälle.

Anrüchige Geschäfte an Straßenecken, schummerige Kneipentresen, wo man auf diskrete Anfrage mehr bekommt als nur Bier und Schnaps: Solche Gerüchte über die Neckarstraße und andere Orte in Horb als Schauplätze illegaler Prostitution gab es in den vergangenen Jahren immer mal wieder.

Vor einigen Tagen tauchten konkrete Hinweise auf. Wie Medienkollegen berichteten, war die Neckarstraße im Internet als Standort für Sex-Geschäfte angegeben. Inzwischen sind diese Eintragungen verschwunden – und wohl auch die mutmaßlichen Prostituierten.

Der Verdacht konzentrierte sich auf ein älteres Haus. Dort erzählten Nachbarn von Umtrieben, die ihnen Angst machten: auffälliger Besucherverkehr und ungewöhnlich zahlreiche Autos aus anderen Landkreisen, die nachts aufkreuzten.

Anwohner glaubten, Hinweise auf sogenannte Wohnungsprostitution zu haben: Käufliche Liebe hinter den Türen von privaten Miet- oder Eigentumswohnungen. Diesen Gewerbezweig kann es theoretisch überall geben, wobei er in Städten mit legaler Prostitution keine Seltenheit und in seinen rechtlichen Hintergründen gut dokumentiert ist (das Internet liefert auf den Suchbegriff Wohnungsprostitution über 15.000 Einträge). In Städten mit legaler Prostitution werden oft Wohnungen in Gegenden gemietet, die deutlich billiger sind als die Rotlichtviertel mit ihren horrenden Mieten. Kommt es zu Konflikten mit Nachbarn, die keine Prostitution in ihrer Nähe dulden, hat oft das Gericht zu entscheiden – und nicht immer ziehen die Prostituierten dabei den Kürzeren.

Anders in Kleinstädten wie Horb, wo Prostitution generell verboten ist. "Zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes wird für das ganze Gebiet von Gemeinden bis zu 35.000 Einwohnern verboten, der Prostitution nachzugehen." So steht es in der Verordnung der Landesregierung über das Verbot der Prostitution vom 3. März 1976.

Bürgermeister Jan Zeitler bestätigt, dass die Verdachtsfälle der Wohnungsprostitution in der Neckarstraße der Stadtverwaltung seit Ende März bekannt sind. Mitte April ging die Stadt den Hinweisen nach. Laut Zeitler handelt es sich bei der Prostitution in einem Verbotsgebiet wie Horb um eine Straftat. Die Stadt kann dafür sorgen, dass Landesbehörden Ermittlungen aufnehmen, und wenn es zu einer Gerichtsverhandlung kommt, drohen Haftstrafen. Aber erst einmal schreitet vor Ort die Polizei ein. Erhärtet sich der Verdacht, kann vom dem oder der mutmaßlichen Prostituierten eine Sicherheitsleistung verlangt werden (für die zu erwartende Geldstrafe und die Verfahrenskosten). Zur Frage unserer Redaktion an die Polizeidirektion, ob im Fall Neckarstraße Ermittlungen laufen, lag gestern bis Redaktionsschluss noch keine Antwort vor.

Der Verdachtsfall Neckarstraße ist indessen nicht der einzige in Horb. Zeitler: "In der Vergangenheit gab es bereits Verdachtsfälle, die zügig durch geeignete Maßnahmen unterbunden wurden. Das Auftreten dieser Verdachtsfälle ist in Großen Kreisstädten leider kein außergewöhnlicher Vorgang."

Die Rechtslage ist klar. Laut Verordnung der Landesregierung über das Verbot der Prostitution ist es in Horb verboten, diesem Gewerbe nachzugehen. "Dies gilt selbstverständlich auch für private Räume", so der Bürgermeister.

Die Rotlicht-Verdachtsfälle tragen dazu bei, die Neckarstraße in ein schlechtes Licht zu rücken: alte leere Häuser, leer stehende Läden, Lokale mit Spielautomaten und eine gewisse "Anonymität", die sich dort breit zu machen scheint. Oder täuscht der Eindruck?

Ja, meint Jan Zeitler: "Der städtebauliche Strukturwandel in der Neckarstraße hält bereits seit einigen Jahren an und ist noch nicht abgeschlossen. Die Voraussetzungen hierfür wurden durch das Sanierungsgebiet und durch den Rückbau der Neckarstraße geschaffen. Die ursprünglich auch im hinteren Teil der Neckarstraße vorhandenen Ladenflächen wurden teilweise umgebaut und den Wohnnutzungen in den Obergeschossen zugeschlagen. Die Neckarstraße entwickelt sich somit langfristig zu einem attraktiven innerstädtischen Wohnstandort am Mühlkanal und am Fuße der Sommerhalde. Oftmals ist es die in privater Hand befindliche Bausubstanz selbst, in die im Sinne der Innenentwicklung investiert werden muss, um zeitgemäße Wohnnutzungen zu ermöglichen."

Gibt es Ideen und Überlegungen, hier etwas zu ändern? Zeitler: "Im vorderen Teil der Neckarstraße soll das Ergebnis des städtebaulichen Wettbewerbes ›Zukunft Horber Innenstadt‹ den Strukturwandel im Bereich des Handels festigen. Für den hinteren Teil erscheint eher die bereits begonnene Weiterentwicklung zu einem innerstädtischen Wohnquartier sinnvoll. Durch die angedachte Weiterentwicklung der Stadtgestaltungssatzung können aber die Rahmenbedingungen auch im Bereich der Neckarstraße dem Strukturwandel angepasst werden."

Auch auf dem Parkplatz eines Marktes auf dem Hohenberg sollen sich Geschäfte anbahnen. Eine Wohnsiedlung ist ebenfalls schon einmal in den Ruch geraten, Prostitutionsstandort zu sein. Von juristischten Folgen ist nichts bekannt.