Immer noch Ehrenamt, immer noch nicht erwachsen: Das Team freut sich auf das 10. Mini-Rock-Festival. Foto: Archiv: Hopp

Das Horber Mini-Rock-Festival startet am Freitag, 1. August, die 10. Auflage. Dieses Jahr mit Anti-Flag, Trailerpark und SDP.

Horb - 9. September 2004, Jugendhaus Marmorwerk in Horb – 20 Grünschnäbel auf einem Haufen. Stimmen im Raum – wild, euphorisch – keiner wusste so richtig, warum er hier ist. Jeder wusste, dass er etwas bewegen will, dass er Musik in die 25 000-Einwohner-Stadt im Kreis Freudenstadt bringen will. Live-Musik – laut, jung, anders, etwas, um Eltern zu schockieren.

Heute zählt das Mini-Rock-Festival zu den renommiertesten Festivals seiner Größe im Südwesten – etwa 10 000 Besucher kommen jährlich in die Neckarstadt. Am kommenden Wochenende startet die 10. Auflage – wie am Anfang, immer noch komplett ehrenamtlich organisiert.

Dabei hätte sich das jugendliche Team – das Durchschnittsalter der Organisatoren lag damals bei 17 – an diesem Anfang fast die Zähne ausgebissen: Trotz Freudentränen bei Team und Publikum während der Donots-Headliner-Show im Jahr 2005, war das Debüt ein finanzielles Desaster. 20 000 Euro fehlten in der Vereinskasse. Zwar übernahm die Stadtverwaltung einen Teil der Rückstände, aber mehr als die Hälfte musste das Team selbst aufbringen. Genau das taten sie auch: Arbeiten auf dem Bau, im Wald, kleinere Events und Partys sowie eine Aktion zur Akquise von unterstützenden Mitgliedern sicherten das Überleben. Es folgten "goldene Jahre", erinnert sich der damalige Vereinsvorstand und heutige technische Leiter Stefan Lazar.

Bei der Programmgestaltung beweisen die Mini-Rocker erstaunliches Gespür für den Zeitgeist. Bestes Beispiel dafür ist die Metal-Band Volbeat, die 2008 auf der Mini-Rock-Bühne stand. Jahre später sollten sie das Wacken headlinen. Heute ist die Band eine der erfolgreichsten Rock-Kapellen der Welt.

Casper, Kraftklub, Cro und Prinz Pi verbinden nicht nur ihre Auftritte auf dem Mini-Rock-Festival, sondern auch eine Nummer-1-Platzierung in den deutschen Album-Charts. Diese Bilanz bleibt nicht unbemerkt, und so war das Mini-Rock-Festival bereits 2012 und 2013 jeweils bei den "European Festival Awards" als "Best Small Festival" nominiert.

"Es ist nicht so groß, wie die riesen Festivals. Wenn wir campen gehen, kennen wir fast jeden um uns herum. Viele kommen schon seit Jahren" – beim Gespräch mit Anhängern des Alternativ-Festivals wird die Frage "Warum seid ihr da?" selten nur mit den Lieblingsbands beantwort.

Das Festival ist vor allem auch eines: ein Ort an dem Geschichten geschrieben werden. Eine davon hat es sogar bis in die publizistische Speerspitze des deutschen Feminismus geschafft – Alice Schwarzers Emma. Ein Eklat, der wohl Organisatoren wie Besuchern ewig im Gedächtnis bleiben wird. 2010: Am Eröffnungsabend spielt die Berliner Band Frittenbude. Eine junge Dame darf mitsingen. Einige Schreihälse aus der Menge fordern das Mädchen auf, sich ihrer Klamotten zu entledigen. Ein Affront – Frittenbude verlassen die Bühne. Unter lautstarken Beschwerden des Publikums tritt Sänger Johannes Rögner vor die Menge. Es folgt eine einminütige Brandrede gegen Sexismus, die es bei YouTube auf Tausende Klicks gebracht hat. Ein Satz dieser Rede sollte es sogar zu einer T-Shirt Kollektion schaffen.

2010 war auch das Jahr der Herausforderungen: Ein neues Gelände fraß weit mehr an Budget als geplant. Hinzu kam, dass weniger Karten verkauft wurden – trotz der Hamburger Hip-Hop-Kombo Fettes Brot als Headliner. Das Resultat: 60 000 Euro unter der Null. Es hieß wieder anpacken, wieder Partys veranstalten, wieder schuften gehen. "Aufgeben war keine Option. Das Mini-Rock-Festival war damals für jeden von uns schon viel zu wichtig", erinnert sich Julian Haufe, der damalige Finanz-Chef.

Heute können die Mini-Rocker etwas entspannter auf die Zeit zurückblicken. Nach 2010 ging es trotz mehrerer Geländewechsel bergauf. Am morgigen Donnerstag startet dann die Jubiläumsausgabe mit Bands wie SDP und Anti-Flag.

Zehn Jahre Mini-Rock-Festival. Das sind zehn Jahre Ehrenamt am Rande des Wahnsinns, zehn Jahre Rock 'n' Roll ohne Rücksicht auf Verluste. Am Konzept hat sich dabei wenig geändert, auch wenn die Mini-Rocker etwas älter geworden sind. Erwachsen sind sie noch lange nicht.

Weitere Informationen:

Das Mini-Rock-Festival 2014 startet am Donnerstag auf dem Festplatz in Horb mit 22 Bands. Im Programm sind Bands wie Trailerpark, Emil Bulls, Maxim, Sierra Kid oder Anti-Flag. Karten gibt es an der Abendkasse.