Feuerwehr-Führungskräfte aus dem gesamten Landkreis und von einigen Wehren aus den Nachbarkreisen kamen in die Bildechinger Halle zum Fachvortrag "Falsche Taktik – große Schäden". Foto: Binder Foto: Schwarzwälder-Bote

170 Führungskräfte von Feuerwehren erfahren neue Erkenntnisse über die Bedeutung von taktischem Vorgehen bei Einsätzen

Von Alfred Binder

Horb-Bildechingen. "Es kann zwischendurch auch mal hart werden", warnte Markus Pulm, der Oberbrandrat von der Karlsruher Berufsfeuerwehr die 170 Führungskräfte der Freiwilligen Feuerwehren im Landkreis Freudenstadt und einige Gästen von Wehren der angrenzenden Landkreise bei seinem Fachvortrag mit dem Thema "Falsche Taktik – Große Schäden.

Die Anwesenden wussten durchaus, was der 52-jährige Feuerwehr-Fachmann mit dieser "Warnung" meinte, insoweit war es ein durchweg hochinteressantes, fast dreistündiges, Weiterbildungsseminar. Der Horber Gesamtstadtkommandant und Vize-Kreisbrandmeister Markus Megerle begrüßte seine so zahlreich erschienenen Kameraden, bedankte sich bei der Manfred-Volz-Stiftung für die Unterstützung (nicht nur bei dieser Veranstaltung) und stellte die Grundsatzfrage "Müssen wir umdenken?" an den Beginn der Vortragsveranstaltung. Bildechingens Ortsvorsteher Peter Zimmermann sprach ein Grußwort und appellierte dabei an die Jugend mit den Worten "Ich bin jetzt 77 Jahre alt und seit über 50 Jahren bei der Feuerwehr und es hat sich immer gelohnt. Also macht mit, es lohnt sich wirklich." Sein Dank galt auch der örtlichen Wehr mit Abteilungskommandant Anton Gramer und seinem Team für den Hallenservice.

Nach dieser kurzen Einleitung übernahm der Referent das Mikrofon, und um es vorweg festzustellen, er verstand es wunderbar, eine nicht ganz einfache Materie so rüberzubringen, dass die wenigen Frauen und die Männer in der Turn- und Festhalle immer wieder sogar begeistert waren.

Markus Pulm ist 1962 in Schwerte/Nordrhein-Westfalen geboren, hat dort sein Abitur gemacht, in Dortmund Chemie studiert und anschließend an der Stuttgarter Universität im Fach Chemie promoviert. Seiner beruflichen Ausbildung zum höheren Feuerwehrtechnischen Dienst folgten Anstellungen bei der Stadt Frankfurt/Main, bei der Merck-Betriebsfeuerwehr in Darmstadt und den Berufsfeuerwehren in Wiesbaden, Berlin und zuletzt und bis heute bei der Karlsruher Wehr.

Viele dieser Schäden sind für die Wehren unvermeidbar

An 365 Tagen im Jahr rücken Feuerwehrleute, ob von Freiwilligen- oder Berufswehren, aus und versuchen, Menschen und Tieren in Not zu helfen, Sachwerte zu erhalten und unsere Umwelt zu schützen. Trotz allem Engagement können sie oftmals nicht verhindern, dass Menschen zu Tode kommen, oder verletzt werden und Sachwerte in Milliardenhöhe vernichtet werden.

Natürlich sind viele dieser Schäden für die Wehren unvermeidbar, aber einige Verluste könnten dennoch vermieden werden, so Pulm. Die Gründe zu dieser These liegen erwiesenermaßen in der Taktik, und da sei es tatsächlich Zeit umzudenken. Was ist Taktik beim Feuerwehreinsatz? Taktik ist geplantes und berechnendes Denken und Handeln im Rahmen eines Gesamtplanes, um ein Ziel zu erreichen. Und eine Taktik anzuwenden, gehört nun mal in den Verantwortungsbereich von Führungskräften. Es gilt, Gefahrenschwerpunkte zu erkennen, geeignete Gegenmaßnahmen zu finden und zu veranlassen.

Taktik ist aber auch ein Thema für Truppführer, die in vielen Bereichen auf sich alleine gestellt sind und eigenverantwortlich Entscheidungen treffen müssen. Von all diesen Kriterien ist der Einsatzerfolg entscheidend abhängig, so Pulm.

Trotz des Ernstes dieser Themen streute der Referent immer wieder mal ein Späßle zur Auflockerung ein. Der gelernte Feuerwehrmann und Chemiker stellte fest, dass er in den letzten Jahren draufgekommen sei, dass manches bei den Einsätzen heutzutage anders gemacht werden sollte, ja müsste. Die ersten Eindrücke und Erkenntnisse beim Eintreffen am Einsatzort werden immer wichtiger. Da kann es unerwartete, weitere Schäden geben und bei entsprechender Sensibilisierung der Einsatzkräfte und einer professionellen Taktik seien viele Schäden vermeidbar. Mit diesen Maßnahmen geht zweifellos auch eine ständige Ergänzung der technischen Ausstattung der Wehren einher.

Markus Pulm berichtete von vielen selbst erlebten Einsätzen und erläuterte auch einen ganzen Packen an Statistiken. Die Feuerwehr sei zu einem modernen Dienstleister geworden, und da ist kundenorientiertes Denken und Handeln selbstverständlich. Auch die Globalisierung unserer Welt bedarf eines Umdenkens, was der Referent mit der nicht ganz ernst gemeinten Bemerkung "Wenn in Japan ein Atomkraftwerk aus dem Ruder läuft, bekommt Baden-Württemberg einen grünen Ministerpräsidenten" belegte. Der Rauch ist heute Problem Nummer 1, nicht mehr nur das Feuer, und dabei muss immer auch an mögliche Folgeschäden gedacht werden.

Das bedeutet auch, dass der Zeitfaktor neu überdacht werden muss. Auch dazu ein Pulm’sches Bonmot: "Je schneller gelöscht wird, umso größer ist anderntags der Sperrmüllberg." Sein Beispiel bei einem Brand im Operationsbereich eines Krankenhauses, wo ein Aufenthaltsraum "gerettet" werden kann, dann aber drei OP-Säle unbrauchbar geworden sind, macht die Anwesenden durchaus nachdenklich. "Wir müssen die Realitäten vor Ort akzeptieren und dann zielgerichtet vorgehen", so Markus Pulm, der immer wieder Szenenapplaus von den aufmerksamen Zuhörern bekam.