Der Bundestagsabgeordnete der Grünen Harald Ebner (ganz rechts im Bild unten rechts) besuchte gemeinsam mit Andreas Kubesch die Imker im Dießener Tal und den Biopunkt in Pfalzgrafenweiler, der von den beiden ehemaligen Horber Dagmar Siegloff und Karl Hagen. Fotos: Hopp Foto: Schwarzwälder-Bote

Wahlkampf: Harald Ebner, Bundestagsabgeordnete der Grünen, besuchte Imker im Dießener Tal

Genau hier am Hang in Dießen ist hautnah zu erleben, wofür Harald Ebner kämpft. Der Bundestagsabgeordnete der Grünen besuchte am Mittwoch den Landkreis Freudenstadt.

Horb-Dießen/Pfalzgrafenweiler. Ein Hang im idyllischen Dießener Tal hinter der Wassertretanlage. Harald Ebner hat Andreas Kubesch mitgebracht. Der Mann aus Neubulach will bei der Bundestagswahl für Freudenstadt und Calw in den Bundestag.

 Lorenz Hellstern, Vorsitzender des Bezirksimkervereins, bekommt die Folgen der modernen Landwirtschaft hautnah zu spüren. Der Imker: "Die Nachfrage der Kunden nach Blütenhonig nimmt immer mehr ab. Weil sie kein Glyphosat konsumieren wollen. Ich habe aber auch guten Waldhonig. Dazu nehmen die Verluste an Bienenvölkern immer mehr zu – bei mir geht es noch. Ich habe 25 Prozent."

Damit trifft er genau den Nerv von Ebner. Der Grünen-Abgeordnete: "Die Biene ist das drittwichtigste Nutztier der Welt – wegen der Bestäubungsleistung. Durch die Spritzmittel werden die Verluste an Völkern immer mehr. In Niedersachsen berichten mir Imker, dass es zwischen 50 und 70 Prozent sind."

Als Ursache wird häufig die Vorroa-Milbe genannt. Ebner: "Man muss sich fragen, warum dieser Parasit so zunimmt. Ein Bienenvolk hat ja eine gewisse Robustheit. Doch die wird durch Spritzmittel, die Neonikotinoide enthalten, arg geschwächt." Imker Christian Hellstern, stellvertretende Vereinsvorsitzender: "Früher habe ich die Bienen an den Raps gestellt. Da sind dann viele Bienen gar nicht mehr zurückgekommen." Ebner: "Das liegt an den Neonikotinoide. Das ist ein Wirkstoff, der zum Beizen der Pflanzen genommen wird. Allerdings landet von dem Wirkstoff nur fünf Prozent in den Pflanzen. Der Rest in den Pflanzen drumherum oder im Wasser, was aus dem Boden kommt. Das Problem: Bei Bienen löst dieser Wirkstoff – der viele hunderte Male giftiger als DDT ist – eine Art Schlaganfall aus. Jede Dosis mehr schädigt die Bienen, so eine Studie. Unter Symptomen wie bei einem Schlaganfall leidet die Kommunikation der Bienen. Und die ist bei diesen Insektenvölkern alles."

Imker Hellstern: "Wir verlieren für die Bienen auch immer mehr an Pflanzen. Weil die Wiesen hier im Neckartal bis jetzt schon gemäht wurden. Auch die alten Obstbäume werden immer weniger, weil sie der modernen, effizienten Landwirtschaft im Weg sind."

Dazu trägt auch Glyphosat bei – privaten Nutzern als "Round-Up" bekannt. Ebner: "Dass wird von den Landwirten eingesetzt, um die Äcker sauber zu machen. Das heißt für die Bienen: Da nur noch das Nutzgetreide wächst, finden sie auch hier immer weniger Blüten. Die EU hat bestimmt ein dreijähriges Anwendungsverbot von Glyphosat wegen des Verdachts, krebserregend zu sein, verhängt. In Deutschland wird das nicht umgesetzt."

Imker Christian Hellstern bringt die Folgen auf den Punkt: "Durch die übermäßigen und unkontrollierten Einsatz von Spritzmitteln werden die Bienen beschädigt. Durch ihre Bestäubung sind sie aber Lebensgrundlage auch der Landwirtschaft. Und hinterher musst du auch noch die Reinigung des Grundwassers von den Schadstoffen bezahlen." Ebner: "Das hätte ich nicht besser sagen können. Die Landwirtschaft schneidet sich ins eigene Fleisch, wenn es Nützlinge zerstört. Selbst die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft DLG (bekannt durch die goldenen Auszeichnungen, die auf vielen Produkten kleben, Anm. d. Red.) hat inzwischen Anfang des Jahres zehn Thesen verfasst. Das Fazit: Das System der Landwirtschaft ist in einer Situation, in dem es sich von alleine nicht mehr korrigieren lässt. Da muss die Politik jetzt Rahmen schaffen."

Die Imker in Dießen sind tagtäglich betroffen von den Auswüchsen des Systems, wie Ebner betont. Verlust von Bienenvölkern, Kunden die immer weniger Blütenhonig kaufen. Der Grüne: "Wer mit offenen Augen durch die Landschaft geht, sieht, dass die Vielfalt immer mehr abnimmt." Imker Lorenz Hellstern bringt es drastisch auf den Punkt: "Inzwischen sind Bienen in der Stadt leichter zu halten als auf dem Land."

Besuch im Biopunkt

Gut 30 Minuten später stehen Harald Ebner mit dem Grünen Bundestagskandidaten Andreas Kubesch im Biopunkt Pfalzgrafenweiler. Der Bundestagsabgeordnete staunt über das Riesen-Sortiment der beiden ehemaligen Horber Dagmar Siegloff und Karl Hagen: "Wahnsinn. Die Bio Company in Berlin ist maximal halb so groß." Siegloff: "Das ist unsere Philosophie: Wir haben Kunden weit über die Region hinaus. Wenn sie dann zu uns kommen, sollen sie alles finden." Gerade ist Ernst Hermann Maier aus Ostdorf bei Balingen da, um sein Fleisch zu bringen. Der "Schlachtrebell" und "Rinderflüsterer" geht gleich auf Ebner zu: "Mir ist noch was eingefallen zu der Fleischkennzeichnung. Die höchste Stufe soll ja bisher Bio sein. Doch was nützt die schonendste Aufzucht, wenn der Stress und die Angst des Tieres vor der Schlachtung auch den Fleischgeschmack beeinflusst? Die höchste Qualitätsstufe sollte Bio und stressfreie Schlachtung sein!" Ebner: "Ich nehme das mal mit. Da sehe ich nur ein Problem: Die Schlachtung ist unabhängig von der Haltung. Die Schlachtung ist ein extra Kriterium. Die müsste also rein systematisch in jeder Qualitätsstufe bewertet werden."

Zum Schluss wird es im Biopunkt noch mal politisch. Karl Hagen: "Welche Chancen haben die Grünen bei der Bundestagswahl?" Ebner: "Ich bin da ganz gelassen. Unabhängig von dem, was die Presse schreibt. Bis zum Parteitag hat einer vom anderen abgeschrieben, dass wir im Sinkflug sind. Dann kam eine Umfrage, dass die Grünen wieder zugelegt haben. Ein paar Tage später titelt die Taz über den Absturz der Grünen." Bundestagskandidat Andreas Kubesch: "Wir befinden uns in einem Spagat: In Baden-Württemberg sind wir Regierungspartei. Im Bundestag eine kleine Oppositionspartei. Aber ich bin sicher, dass wir diesen Spagat hinbekommen."