Thema mehrerer kritischer Haushaltsreden: Braucht Horb einen Wirtschaftsförderer? / Krankenhaus Freudenstadt wird zu Drohkulisse

Von Jürgen Lück

Horb. Was leisten Wirtschaftsförderer Axel Blochwitz und das Stadtmarketing wirklich? Und machen die Eigenbetriebe wie Stadtwerke zu viel Schulden? Der Gemeinderat debattierte heftig über den Haushalt 2015.

OB Peter Rosenberger gab zunächst einen Abriss über die Lage: "Erstmals seit Einführung des Neuen Kommunalen Haushaltsrechts im Jahr 2007 ist es uns gelungen, den Haushaltsplan auszugleichen. Wir erwirtschaften nicht nur unseren Ressourcenverbrauch, sondern es gelingt uns, einen Überschuss in Höhe von 1,2 Millionen Euro zu erwirtschaften. Während unsere Erträge bei 50,2 Millionen Euro konstant blieben, nahmen unsere Aufwendungen um 4,8 Prozent auf 49 Millionen Euro ab."

Dann kritisierte er den Landkreis: "Wir haben sogar das Einsparziel unserer Haushaltsstrukturkommission so formuliert, dass wir für den Haushalt des Landkreises mit konsolidieren. Ich hoffe sehr, dass es dem Kreistag wenigstens im Rahmen der Entscheidung über die Zukunft des Krankenhauses in Freudenstadt gelingen wird, Vernunft walten zu lassen. Wir handeln falsch nach meiner Einschätzung, wenn wir unser gutes Geld dem schlecht investierten Geld hinterherwerfen. Auch mit Investitionen im dreistelligen Millionenbereich wird der Krankenhaus-Standort nicht in öffentlicher Trägerschaft gehalten werden können."

Er betonte, dass Horb so viel Geld wie selten zuvor in die Ortschaften steckt. Dazu gehören auch die Mittel für die Sanierung für Hallen, Schulen und Kindergärten mit 500 000 Euro. Das Geld fließe "überwiegend" in die Ortschaften. Dazu die Sanierungsprogramme des Landes und die 150000 Euro für die Innenentwicklung, mit dem die Stadt Grundstücke in Ortskernen kaufen will. 250 000 Euro jährlich werde in den Ausbau des schnellen Glasfaser-Internets.

CDU-Fraktionschef Gerhard Munding lobte die Haushaltskonsolidierung. Munding: "Horb ist eine steuerschwache Stadt. Umso mehr ist hervorzuheben, dass es wieder gelingt, die Verschuldung im Hoheitsbereich weiter abzubauen." Die Bemühungen des Rathauses, Personalkosten zu sparen, erkennt die CDU an. Munding weiter: "Mit großer Besorgnis sehen wir die Entwicklung der Ausgaben im Bereich Schulsozialarbeit. Die jetzige Erhöhung wird mitgetragen. Einer weiteren Ausdehnung in diesem Bereich stehen wir äußerst reserviert gegenüber." Dann kritisiert er den Sparwillen. Munding: "Ich habe den Eindruck, dass die Haushaltsstrukturkommission in einen Dornröschenschlaf verfallen ist. Auch habe ich den Eindruck, dass die Einsparvorschläge von Seiten des Gemeinderates – wobei ich unsere Fraktion ausnehme – doch recht mager sind. Natürlich ist es schöner, Herr Mattes, vor allem im sozialen Bereich Geschenke zu verteilen, als Vorschläge zur Begrenzung der laufenden Ausgaben zu unterbreiten."

SPD-Fraktionschef Thomas Mattes wies diesen Vorwurf zurück: "Herr Munding, es geht nicht um Geschenke, sondern um die soziale Verantwortung. Dann wies Mattes auf die Haushaltsrisiken hin: "Was die Verschuldung anbetrifft stehen noch riesige Aufgaben vor uns. Es besteht keinerlei Grund in Euphorie zu verfallen! Die Aussage des Herrn Oberbürgermeisters, wir würden es schaffen, in den nächsten fünf bis sieben Jahren schuldenfrei zu sein, kann nicht unkommentiert bleiben. Wenn man sich öffentlich auf die Schultern klopft gehört zur Wahrhaftigkeit auch die vollständige Darlegung eines Sachverhalts. Zu dem Gesamtschuldenstand zählen noch die Eigenbetriebe Stadtentwässerung und Stadtwerke, auch wenn diese durch Gebühren finanziert sind. Blendet man nichts aus, steigt der Gesamtschuldenstand von 51,1 Millionen Euro zum 31. Dezember 2014 um fast sechs Millionen Euro auf sage und schreibe 57 Millionen Euro am 31. Dezember 2018. Die jetzt schon hohe Pro-Kopf-Verschuldung steigt in dieser Zeit von 2113 Euro auf 2360 Euro!"

FD/FW-Fraktionschef Alfred Seifriz kritisierte: "Trotz zahlreicher Erhöhungen von Steuern, Gebühren und Abgaben seit 2011 (zum Beispiel Hundesteuer, Vergnügungssteuer, Kindergarten-Elternbeiträge, Bestattungswesen, Ortschaftsverwaltungen und Musikschule) wurde der von der Haushaltsstrukturkommission vorgegebene jährliche Konsolidierungsbeitrag von 2,5 Millionen  Euro nie erreicht. Der Konsolidierungsbeitrag liegt zur Zeit bei 1,02 Millionen Euro. Die Gesamtverschuldung einschließlich Eigenbetriebe ist erneut angestiegen, und zwar auf 51,1 Millionen Euro gegenüber 49,9 Millionen Euro im Vorjahr."

"Wir haben doch kompetente Mitarbeiter im Rathaus"

Seifriz forderte, eingeführte Projekte wie Car-Sharing oder Fair-Trade-Kommune kritisch zu überprüfen. Bloße Ankündigungen wie "Klimaneutrale Kommune", Fair-Trade-Stadt, Car-Sharing und andere "Weniger-ist-mehr-Moden" hätten bislang noch nicht viel bewirkt haben. Der Spiegel nennt so etwas laut Seifriz "Mittel- und Oberschichtsübungen."

OGL-Fraktionschef Markus Pagel lobte den Haushalt als "generationengerecht". Er äußerte aber auch viel Kritik. Forderte die schnelle Umsetzung des Lärmaktionsplans, Mittel für das Radverkehrskonzept, ein Budget für die "Fair-Trade-Stadt". Pagel: "Jedoch sehen wir große Diskrepanzen zwischen ›Siegel besitzen‹, sich nach außen hin damit profilieren, und tatsächlichem nachhaltigem Handeln in diesem Bereich. Bisher sehen wir in unserer Stadt hier leider sehr wenige Aktionen. Sollte das Interesse hier nicht wirklich vorhanden sein, muss als ehrliche Konsequenz die Rückgabe des Siegels erfolgen."

Dann forderte Pagel einen Rechenschaftsbericht über die Arbeit von Wirtschaftsförderer Axel Blochwitz und das Stadtmarketing. Pagel: "Wir betreiben seit 1995 aktive Wirtschaftsförderung und investieren 2015 einen Betrag von 117 310 Euro zuzüglich der Büro- und Verwaltungskosten in diesem Bereich. Eine der letzten öffentlichen Aussage des Wirtschaftsförderers im Gemeinderat war, dass sich Horb wirtschaftlich in einer Abwärtsspirale befinde. Es fällt uns sehr schwer, hieraus auf eine effektive und zukunftsweisende Wirtschaftsförderung zu schließen. Wir wünschen uns eine detaillierte Beschreibung der angestrebten Ziele der Horber Wirtschaftsförderung für das laufende Jahr sowie am Ende des Jahres die Präsentation der überprüfbaren Ergebnisse."

Fraglich seien auch die Investitionen des Stadtmarketings in Feste. Pagel: "Das Stadtmarketing ist uns dieses Jahr 436  574 Euro wert, zuzüglich der Kosten für die Räumlichkeiten des Stadtinfo-Büros, die leider nicht exakt dem Haushaltsplan entnommen werden können. Die hier organisierten Veranstaltungen werfen einen positives Licht auf Horb und ziehen mittlerweile auch Menschen aus einem großen Einzugsgebiet an. Hier stellen wir uns aber die Frage, ob wirklich so viel Geld für einmalige Events ausgegeben werden soll, deren Wirkung meist innerhalb von Tagen verpufft. Wir glauben, dass es sinnvoll ist, einen Teil dieser Summe in dauerhafte Qualitätssteigerung für die heutigen und die zukünftigen Bewohner unserer Stadt zu investieren. Eine Idee dazu haben wir bereits präsentiert: Ein Freibad – möglichst als Naturfreibad."

Auch das Stadtmarketing solle überprüft werden. Pagel: "Wir fordern für das laufende Jahr auch hier eine detaillierte Beschreibung der Ziele des Stadtmarketings. Die erforderlichen Tätigkeiten inklusive der dafür vorgesehenen Mittel zur Erreichung dieser Ziele müssen transparent sein. Diese Ergebnisse müssen den Aufwand rechtfertigen und am Jahresende kritisch geprüft werden können."

Gemeinderat Hermann Walz (ULH) kritisierte in seiner Haushaltsrede die Kreisumlage. Es könne nicht sein, dass Horb so viel an den Kreis abführe, wo doch allein bei der Frage der Flüchtlingsbetreuung klar werde, dass der Landkreis hier zu wenig Verantwortung zeige, wie die Talheimer gerade zu spüren bekommen. Er schlug eine Auflistung der Kosten für alle Gutachten vor: "Ich denke, davon können wir manches sparen. Wir haben doch kompetente Mitarbeiter im Rathaus." Gelächter. Walz forderte den Gemeinderat auf, dass die Kommune unbedingt etwas tue müsse, um Hausärzte zu holen. Dann kritisierte er die "Leistung" von Wirtschaftsförderer Blochwitz. Insbesondere dessen Rolle bei der Anfrage des Hermann-Hesse-Kollegs, Gästezimmer in der Kaserne einzurichten. Dabei habe Blochwitz das Hesse-Kolleg im Stich gelassen.

Rosenberger nahm Blochwitz in Schutz: "Ich lese aus diesem Vorwurf, dass Sie einen Einzelfall herausgreifen, den Sie in der Zeitung gelesen haben. Sie als Gemeinderat haben die Verpflichtung, das objektiv zu prüfen. Unser Mitarbeiter hat seine Arbeit objektiv richtig geleistet."

Er wolle allerdings dafür sorgen, dass dieses Thema bei der Bürgerbeteiligung für die Kaserne mit auf die Tagesordnung komme. Rosenberger: "Wir haben größtes Interesse an einem Wachstum des Hesse-Kollegs und uns dafür einsetzen, dass diese Pläne gelingen können."

Zum Vorwurf der Verschuldung der Eigenbetriebe sagte Rosenberger: "Zur Wahrheit gehört auch, dass wir beispielsweise dieses Jahr vier Millionen Euro in die Erneuerung der Kläranlage Mühlen investieren. Das sind Investitionen, aus denen zum Teil auch wieder Renditen zu erwarten sind. Und diese Renditen lassen wir dem Haushalt zukommen."