Rosenberger sieht nach dem Windpark-Aus keine Planungssicherheit mehr und liebäugelt deshalb mit einer Klage / Gutachter wehrt sich

Von Florian Ganswind

Horb. Der Stadt-Gutachter Thomas Grunwald widerspricht der Begründung des Regierungspräsidiums, die zum Windpark-Aus führte. Die Stadt Horb rückt inzwischen ein Stück von ihren Windpark-Plänen ab – die Wahrscheinlichkeit einer Klage ist aber dennoch größer geworden.

Der Stadt liegt seit Mittwoch die detaillierte Begründung der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) und des Regierungspräsidiums (RP) vor. Doch viel schlauer sei man deshalb nicht, gab Oberbürgermeister Peter Rosenberger gestern beim Pressegespräch zu. Nun hat die Stadt die Informationen schriftlich erhalten, die die LUBW bereits am Montag mündlich dem Schwarzwälder Boten mitgeteilt hatte. Das städtische Gutachten, das das Büro für Faunistik und Landschaftsökologie (BFL) erstellt hat, habe "Defizite bei den Beurteilungsgrundlagen". Gutachter Thomas Grunwald wehrt sich in einer Stellungnahme.

Zunächst erklärt er, dass auf dieser Planungsebene die genannten Anforderungen der LUBW gar nicht notwendig seien, da es sich nur um die Planung eines Flächennutzungsplans und nicht bereits um ein immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren gehandelt habe. Dennoch habe sein Gutachten den Empfehlungen der LUBW genügt. Die Darstellungen und Interpretationen der LUBW seien an vielen Stellen nicht nachvollziehbar und die artenschutzrechtlichen Schlussfolgerungen des RP nach seinem eigenem Ermessen nicht korrekt.

Die Erfassungszeiträume des Gutachtens seien in der Ablehnungs-Begründung nicht richtig wiedergegeben worden. So habe es mehr Waldbegehungen als von der LUBW aufgezählt gegeben. Fehler in der Dokumentation der Methode seien im Verfahren schriftlich nachgereicht und korrigiert worden. Dies sei aber bei der Beurteilung nicht berücksichtigt worden. Ein Mangel an Untersuchungstiefe werde von ihm nachdrücklich zurückgewiesen. Die Beobachtungsdauer sei ebenfalls im Nachtrag vom 15. Januar 2013 dargestellt worden. Die Zusammenlegung mit dem NABU-Gutachten – wie von der Behörde vorgeschlagen – sei methodisch nicht zulässig, da NABU-Gutachter Walz die Raumnutzung des Rotmilans nicht insgesamt erfasst habe. Aufgrund der bisherigen Forschungsergebnisse sei auch nicht damit zu rechnen, dass sich der Rotmilan zum Jagen im Wald aufhalte, sondern vielmehr auf Freiflächen. Auch die Vermutung der LUBW, dass es zu mehr Flugbewegungen im Wald wegen Milan-Ruhe- und Schlafplätzen komme, sei nicht nachvollziehbar.

Gutachter und auch die Stadtverwaltung reagieren vor allem bei einem Punkt mit Unverständnis, den Stadtplaner Peter Klein hervorhebt: "Einerseits wird von der LUBW erklärt, dass man Dichtezentren für den Rotmilan nicht seriös abgrenzen könne, andererseits wird im Großen Hau ein Dichtezentrum vermutet. Wie passt das zusammen?" OB Peter Rosenberger vermutet grundsätzliche "Gegnerschaft" beim Thema Windkraft im Regierungspräsidium. Verwunderlich findet er auch, dass die Petitionsausschussvorsitzende des Landtags, Beate Böhlen, die Bürgerinitiative über die Ablehnung benachrichtigt habe, noch bevor der ablehnende Bescheid an die Stadt geschrieben worden sei. "Das Schreiben hatte das Datum vom Folgetag. Das ist ein verwunderliches Vorgehen."

Die Entscheidung in Horb habe landesweite Auswirkungen, sagt der OB: "Ich kann an meine Amtskollegen nur appellieren, bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen eine Bremse reinzuhauen." Denn es fehle landesweit eine klare Linie. So könne an einem Ort ein Projekt abgelehnt werden, das an einem anderen Ort unter gleichen Bedingungen genehmigt werde. Große Kreisstädte seien bei den Planungen im Nachteil, weil ihre Pläne in einer nicht verständlichen Tiefe geprüft würden. Das Handeln im Fall Horb hat für den OB große Auswirkungen auf die Verlässlichkeit planerischen Handelns in der Zukunft: "Wenn wir keine Planungssicherheit haben, dann sind wir verraten und verkauft."

Doch wie geht die Stadt nun vor? "Die Wahrscheinlichkeit einer Klage ist nun größer geworden", sagt Rosenberger. Nun sei wieder der alte Flächennutzungsplan in Kraft, so Klein ergänzend, der zum Beispiel das Gebiet Bittelbronn wieder als Windkraft-Gebiet beinhalte, sich aber bei den Untersuchungen wegen des Rotmilan-Vorkommens als nicht geeignet erwiesen habe. "Was machen wir, wenn ein privater Investor kommt und die Landwirte vom Verkauf ihrer Flächen überzeugt", fragt Rosenberger. "Dann müssen wir sogar Regressansprüche fürchten."

Deshalb sei es für ihn eine Pflichtaufgabe, einen neuen Flächennutzungsplan aufzustellen. Doch hierzu sei Planungssicherheit notwendig. Dies sei der Grund für die Überlegung einer Klage. Der Große Hau rutscht dagegen im Aktenstapel weiter nach unten. Verabschiedet sich die Stadt nun endgültig vom Windpark in Rexingen? Ein klares Ja war gestern nicht zu hören.

Das Projekt Großer Hau könne nicht mehr mit Vorrang weitergetrieben werden, so Rosenberger. Allein schon der Klageweg würde sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. "Wir wissen noch nicht, wie es dann auf dem Energiemarkt aussehen wird." Die offizielle Aussage lautete gestern: "Das Projekt Windpark Großer Hau ruht."