In Horb soll ein HNO-Notdienst gegründet werden. Foto: Lein

HNO-Ärzte machen einen privaten Notdienst. Statt Chipkarte einzuschieben gibt es eine Rechnung.

Horb - Erst die vorläufige Schließung des Akut-Hospitals. Dann ist der hausärztliche Notdienst in Gefahr. Und jetzt könnte es dazu kommen, dass immer mehr Patienten für eine wohnortnahe Arztversorgung aus eigener Tasche zahlen müssen.

HNO-Arzt Thilo Schöller aus Horb hat jetzt einen privatärztlichen Notdienst ab 25. März organisiert. Die diensthabenden Kollegen bekommen dazu ein Handy mit der Nummer 0174/7 87 92 55 in die Hand gedrückt. Haben täglichen Bereitschaftsdienst ab 19 Uhr, am Wochenende und an Feiertagen. Doch wer eine Fischgräte an der Mandel hat, ein nicht zu stoppendes Nasenbluten oder einen Fremdkörper im Ohr hat, bekommt nach der Behandlung eine Privatrechnung vom Arzt in die Hand gedrückt. Schöller: "Die ist nach der Gebührenordnung für Ärzte mit dem 2,3-fachen Gebührensatz. Das beginnt bei unter 60 Euro und kann bei aufwendigen Untersuchungen schon einmal 150 Euro erreichen." Das Risiko dabei trägt der Patient, der gesetzlich krankenversichert ist. Ein AOK-Sprecher der Direktion Nordschwarzwald: "Wir wurden selber von der Nachricht überrascht, dass die Kassenärztliche Vereinigung (KV) keine Notwendigkeit mehr für den HNO-Notdienst sieht. Wir müssen jetzt intern überprüfen, dass unseren Versicherten kein Nachteil entsteht." HNO-Arzt Schöller: "Ich habe von einzelnen Fällen gehört, in denen die Krankenkassen die Kosten im Kreis ersetzt haben." Wie aus Kreisen der gesetzlichen Krankenkassen zu erfahren war, sei dies aber schwierig. Das sei eine Einzelfallentscheidung. In dringenden Fällen, wo der eigentliche Notarzt selbst auf Hausbesuch bei einem Patienten sei und nur der privat abrechnende Facharzt schnell abhelfen kann, sei die gesetzliche Krankenkasse verpflichtet, zu zahlen. Eine andere Möglichkeit sei es, dass die gesetzlichen Krankenkassen direkte Versorgungsverträge mit den Ärzten vor Ort abschließen. Dies könnte aber schwierig werden, wenn die KV schon von einem geringen Bedarf ausgeht.

Das heißt wohl für viele Horber mit einem HNO-Notfall: Zahlen oder fahren. HNO-Arzt Schöller: "Nachdem die kassenärztliche Vereinigung für diesen Bereitschaftsdienst in Horb keine Mittel mehr an den Arzt zur Verfügung stellt, haben wir gesagt: Wir probieren es auf privater Basis aus. Das ist ein Pilotprojekt." Sein Argument: "Die Alternative wäre für Patienten mit akuten HNO-Notfällen, nach Stuttgart, Pforzheim oder Tübingen zu fahren."

Kai Sonntag, Sprecher der kassenärztlichen Vereinigung Baden Württemberg, erläutert, warum es zum Aus des HNO-Notdienstes gekommen ist: "Die Kassenärztliche Vereinigung ist nach den gesetzlichen Bestimmungen verpflichtet, einen allgemeinärztlichen Bereitschaftsdienst zu organisieren. Einen fachärztlichen Dienst müssen wir nicht vorhalten. Im Zuge der Reform des Bereitschaftsdienstes werden auch die fachärztlichen Dienste auf ihre Notwendigkeit hin überprüft. Wie beim allgemeinärztlichen Dienst spielen hier auch die Dienstbelastung sowie das Patientenaufkommen eine Rolle. Im Raum Horb teilen sich nur relativ wenige HNO-Ärzte den Dienst, sodass die Dienstbelastung hoch ist, was wiederum die Attraktivität für junge Ärzte senkt, sich dort niederzulassen. Zudem ist das Patientenaufkommen zu gering, um einen eigenen fachärztlichen Dienst zu rechtfertigen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass nicht jeder Patient, der heute den HNO-Dienst in Anspruch nimmt, auch zwingend dort behandelt werden muss. Zahlreiche Erkrankungen können auch vom allgemeinärztlichen Dienst behandelt werden. Darüber hinaus gibt es noch Fälle, in denen eine HNO-Behandlung erforderlich ist, die aber auch nicht der niedergelassene Arzt vornehmen kann, sodass die Patienten in die HNO-Ambulanz des nächsten Krankenhauses gehen müssen."

"Heute ist es der HNO – morgen vielleicht der Augenarzt"

Kreis- und Gemeinderat Michael Laschinger hat sich schon bei der AOK-Bezirksdirektion dafür eingesetzt, dass den gesetzlich Versicherten mindestens der sonst bezahlte Kostenanteil ersetzt wird. Reiner Klinger, Vorsitzender der Bürgerinitiative für den Erhalt des Krankenhauses: "Ich begrüße es, wenn Ärzte selbst die Initiative ergreifen und bereit sind, die Notdienste zu machen. Die Frage der Rechnung ist nicht die Sache der Ärzte. Da sollten die Kassen die Kosten übernehmen, denn das Geld sparen sie an anderer Stelle für die Notärzte wieder ein. Für die Patienten in Horb steht eine Verschlechterung an. Heute ist es der HNO – morgen vielleicht der Augenarzt."

FPD-Kreistagsfraktionschef Daniel Wochner: "Die ambulante medizinische Versorgung ist seit der Schließung des Krankenhauses in Horb a. N.ckar drastisch reduziert worden. Hierdurch ist eine Versorgungslücke entstanden, die für die Bevölkerung neben der verlorenen stationären Versorgung ein wesentliches Problem darstellt. Davon getrennt zu sehen ist die Versorgung mit HNO-Leistungen, die nicht zum klassischen Angebot der KLF in Horb gehörte. Dennoch ist es sehr enttäuschend, wie im ländlichen Raum Leistungsangebote immer weiter zusammengestrichen werden."

Fakt ist jedenfalls: Laut den DKI-Gutachten, die als Grundlage für den vorläufigen Schließungsbeschluss der Akut-Klinik in Horb führen, gehörten zu den Leistungsschwerpunkten des Krankenhauses Fälle aus dem HNO-Bereich wie "Andere Infektionen und Entzündungen der Atmungsorgane" oder "chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung ohne äußerst schwere CC". Auch genannt: "Bronchitis oder Asthma Bronchiale".