Der Abriss des Waldner-Areals startetet am 17. August. Foto: Hopp

Neuer Ärger um Waldner-Areal: Landkreis stellt Strafanzeige wegen Artenschutz. Waldner: "Ich bin geschockt!"

Horb - Neuer Ärger um das Waldner-Areal: Angeblich wurden beim Abriss Fledermäuse getötet. Deshalb hat der Landkreis Freudenstadt Strafanzeige gestellt.

Kurt Waldner, Beisitzer des Areals: "Ich bin geschockt! Ich weiß nichts davon, dass Fledermäuse in dem Areal waren. Am Tag des Abbruchs haben wir keine gesehen. Dazu wurde nicht an der Seite, wo angeblich die Fledermäuse nisten, mit dem Abbruch angefangen."

Für Waldner eine ungünstige Situation. Denn: Eine Nachbarin habe wohl Christian Dietz, den Fledermaus-Experten im Landkreis, mit einer Untersuchung beauftragt. Waldner: "Ich wusste nichts davon. Ich finde es auch seltsam, dass sich der Fledermausexperte nicht an den Grundstückeigentümer wendet, wenn dort ein Fund ist. Ich bin seit eh und je im Tierschutzverein – der Tierschutz ist mir wichtig."

Wie glaubhaft ist diese Aussage von Waldner? Bei der Fledermauspopulation soll es um Zwergfledermäuse gehen. Die Recherche bei Wikipedia führt direkt zu Christian Dietz. Zitiert wird aus seinem Buch: "Handbuch der Fledermäuse Europas und Nordwestafrikas. Biologie, Kennzeichen, Gefährdung. 1. Auflage. Kosmos, Stuttgart 2007."

Hier heißt es: "Nach der Paarung im Herbst speichert das Weibchen den Samen sieben bis acht Monate, bevor die eigentliche Befruchtung stattfindet und die Tragezeit beginnt. Etwa ab Mitte Juni bis Anfang Juli kommen die Jungen in den Wochenstubenquartieren zur Welt."

Danach werden die Jungen gut vier Wochen aufgezogen, ehe das Quartier aufgelöst wird.

Der Abriss des Waldner-Areals startetet am 17. August. Angesichts der Literatur ist es höchstwahrscheinlich, dass die Zwergfledermäuse schon längst verschwunden waren. Waldner dazu: "Angeblich haben sie hinter den Blechverkleidungen genistet. Dort hat es im Hochsommer bestimmt 70 Grad. Ich weiß nicht, ob die Zwergfledermäuse das aushalten. Das sollen die Spezialisten sagen."

Fledermausspezialist Christian Dietz aus Haigerloch hatte die Fledermauspopulation über längere Zeit beobachtet. Er sagt zum Schwarzwälder Boten: "Das mit den Jungen ist richtig. Die waren wahrscheinlich schon weg. Allerdings hält sich die Population der Fledermäuse in den sogenannten Wochenstubenquartieren zwischen April und Oktober auf. Das habe ich auch beim Waldner-Areal davor beobachtet."

Wusste der Grundstückeigentümer Waldner über die Fledermäuse Bescheid? Dietz: "Ich habe ihn zufällig mal auf dem Grundstück getroffen. Wir haben uns über das unterhalten, was ich dort mache."

Strafanzeige gegen den Eigentümer und gegen Abbruchunternehmer

Am Tag des Abrisses hatte Dietz, so sagt er, noch einen Ortstermin mit dem Abbruchunternehmer Walter gehabt. "Der war vormittags. Als ich ankam, war das meiste schon abgerissen." Insofern könne der Fledermausspezialist nicht sagen, ob noch Tiere vor Ort gewesen sind. Eigentlich sei die ideale Abbruch-Zeit, um die Fledermäuse zu schonen, der Winter.

Was sagt das Rathaus? Warum hat dort niemand etwas von den Fledermäusen gewusst? Eine Stadtsprecherin: "In der Abbruchgenehmigung vom 8. April 2016 ist folgender Passus enthalten: ›Lebensstätten geschützter Tiere (Fledermäuse, Eulen, Mauersegler, Schwalben oder andere) dürfen nach Paragraf 44 Bundesnaturschutzgesetz nicht zerstört und nicht beschädigt werden. Dies gilt auch für Baumaßnahmen. Sollten sich in Ihrem Gebäude solche Tiere befinden, müssen Sie möglichst früh vor Beginn des Umbaus oder Abbruchs einen Antrag auf Befreiung von diesem Verbot stellen.‹"

Weiter sagt die Stadtsprecherin: "Es gab im Vorfeld keinerlei Hinweise auf eine konkrete Problematik beim Bauvorhaben Waldner. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Problematik durch Hinweis einer Nachbarin wurde eine Baukontrolle durchgeführt. Dabei konnte allerdings nichts mehr festgestellt werden, da die Abbrucharbeiten bereits weit vorangeschritten waren. Es liegt im Pflichtenkreis des Bauherren beziehungsweise des von ihm bestellten Unternehmers, beim Abbruch die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen."

Das Landratsamt hat direkt nach dem Abbruch Strafanzeige gestellt. Landkreissprecherin Sabine Eisele: "Das Gebäude wurde am 15. August 2016 abgebrochen. Wir haben mit Schreiben vom 17. August bei der Staatsanwaltschaft Rottweil Strafanzeige gegen den Eigentümer und gegen den Abbruchunternehmer wegen des Verdachts des vorsätzlichen Verletzens und Tötens von Tieren streng geschützter Art und der vorsätzlichen Zerstörung der Fortpflanzungs- und Ruhestätte von Tieren einer streng geschützten Art nach dem Bundesnaturschutzgesetz gestellt. Hintergrund war der Verdacht, dass der Abbruch des Gebäudes in dem Wissen erfolgte, dass sich dort eine Fortpflanzungsstätte von Zwergfledermäusen befindet, sodass diese Fortpflanzungsstätte sehr wahrscheinlich zerstört und eine Vielzahl von Tieren getötet und oder verletzt wurden. Die Zwergfledermaus ist eine nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt Tierart."

Der Fall liegt jetzt beim Amtsgericht Horb. Direktor Albrecht Trick sagt dazu: "Wir haben Einsprüche gegen die erlassenen Strafbefehle vorliegen. Wenn da weiter nichts mehr kommt wie beispielsweise neue Beweisanträge, dann könnte ein Verhandlungstermin frühestens in sechs Wochen anberaumt werden."

Wieder einmal Unruhe um das Waldner-Areal. Das Regierungspräsidium hatte im Frühjahr 2015 einen Baustopp verfügt. Grund: Verstoß gegen die Stadtgestaltungssatzung. Im August 2016 ließ Kurt Waldner die Gebäude abreißen. Er wollte damit ein "Zeichen" setzen (wir berichteten). In der Tat: In der Drucksache, in dem der neue Entwurf des Investors BPD vom Rathaus beurteilt wird, heißt es: "Durch den Abbruch der Bestandgebäude wurde noch deutlicher, dass auch die sich westlich anschließende Bebauung eine starke Verdichtung aufweist und ebenfalls das Dachgeschoss für Wohnzwecke nutzt."

Christian Bok hatte schon nach der jüngsten Sitzung des Städtebau- und Sanierungsausschuss rechtliche Schritte gegen den neuen Entwurf angekündigt. Der Sohn von Architekt Herbert Bok von gegenüber wehrt sich von Anfang an gegen das seiner Meinung nach zu "massive und zu hohe Gebäude".

Schwabo-Leser Hubert Dettling hatte kritisiert, dass die von Oberbürgermeister Peter Rosenberger behauptete Rücksprache des Rathauses mit dem Regierungspräsidium über den neuen Entwurf nicht stattgefunden hat.

Ein harter Vorwurf: Hat Oberbürgermeister Oeter Rosenberger die Unwahrheit gesagt? Regierungspräsidiums-Sprecher Uwe Herzel: "Der neue Entwurf liegt dem Regierungspräsidium bislang nicht vor. Dies ist aber auch nicht erforderlich, da die Genehmigungszuständigkeit bei der Stadt Horb als untere Baurechtsbehörde liegt und wir insoweit auch nicht zu beteiligen sind."