Sie liebt musikalische Überraschungen: Christina Lux zeigt im Kloster Improvisierkunst mit Gesang und Gitarre

Von Peter Morlok

Horb. Hingehauchte Tagträume, sparsam instrumentalisiert und immer improvisiert, das ist die musische Sprache von Christina Lux, die nach längerer Abstinenz – genauer gesagt nach sieben Jahren – mal wieder einen Abend im Horber Kloster einschob.

Dass die musikalischen Wurzeln von Christina Lux beim Jazz zu finden sind, das ist nach wie vor unüberhörbar. Auch bei diesem Auftritt gab es keinen Song ohne kleine Ausflüge in die Welt der rhythmischen Improvisation, kein Lied, das einfach nur so "runtergesungen" wurde. "Instant-composing", also zu spielen, zu singen und das Lied so zu interpretieren, wie immer es ihr einfällt, das ist sowieso eine Vorliebe von Lux, die sie bei den kleinen, intimen Gigs wie hier im Kloster richtig ausleben kann. Hier paarte sich Spielfreude mit Situation und setzt oft neue, erfrischende und überraschende Lichter in das Arrangement. Verzauberte Momente, getragen von Schwermut und Melancholie, ohne Gefahr zu laufen, ins Bodenlose zu versinken. Außergewöhnliches Konzertmomente mit einer charismatischen Künstlerin.

Heimelige Atmosphäre mittels gebogener Lampe und Kerzen

Ein bisschen esoterische Mädchenhaftigkeit, mittels einer gebogenen Lampe auf dem mitgebrachten Teppich und ein paar Kerzen in den Fenstererkern der Klostermauern angedeutet, peppt den Grundrahmen auf und versprüht so etwas wie heimelige Atmosphäre.

Mit drei wundervollen Gitarren war sie aus Köln angereist; einer uralten Gibson 335, einer halbakustischen E-Gitarre, die durch ihren cremigen Sound auffiel, ihrer rassigen "Love & Lux-Blondine", einer Lakewood D50 Spezial mit ihren Intarsien im Griffbrett, und einer recht neuen D53 Premium, ebenfalls aus der Manufaktur von Martin Seeliger. Drei Gitarren – drei völlig andere Grundstimmungen – jede Stimmung genau passend zum jeweiligen Song.

Dazu das rauchige Timbre in der Stimme der 49-Jährigen, die mit hohen Kicks ihre ganz besondere Klangfarbe erhält und viel Lust zum Musikmachen verkörpert. Wenn dann auch noch solch ein begeistertes Mitmach-Zuhör-Publikum im dunklen Saal sitzt, das spontan als Background-Chor oder Groove-Schnippser vollen Einsatz bringt, dann kann an solch einem Abend eigentlich nichts schiefgehen. Außer, die Sängerin fällt fast vom Barhocker. Genau in der Textzeile "Stell dir vor, wie es wäre zu fallen – zu landen" machte sie mit der Tücke des Sitzmöbels Bekanntschaft, das man ihr mit der Warnung, dass das Teil zusammenklappbar sei, vom Veranstalter zur Verfügung gestellt hatte. Ganz Profi, überspielte und übersang sie diese kleine Malheur und entschärfte die Situation, indem sie schnell einen kleinen passenden Text dazu reimte. "Instant-composing" pur.

Alltagsgeschichten, Begegnungen mit Menschen, Reflektionen, Sehnsüchte und tiefe Melancholie, Gedankenfetzen, Erinnerungen und Poesie, gekleidet in das dunkle Gewand von Vater Blues, den flippigen Mantel der Mama Jazz und den bunten Kleidern von Folk und Rock brachte sie auch bei ihrem zweiten Auftritt nach Horb mit. Sie spielte, sang, gab ihre Gedanken preis, legte fast einen Seelen-Striptease hin, erstaunte durch gnadenlose Offenheit, nahm die Zuhörer mit in eine andere, verklärtere und doch auch ungerechte, harte Welt, schenkte ihnen kleine Momente des Lächelns und ließ diese Eindrücke mit der Kraft und Ausdruckstärke ihrer Stimme durch den Raum schweben. Christina Lux live.