Lebendige Geschichte am Musuemstag: Viele Besucher strömten den steilen Weg hoch zum Ringmauerturm. Foto: Hopp

Erster Schuss nach dem Winter: Thumm feuert die 32-Kilo-Hakenbüchse ab. Mit Galerie und Video.

Horb - Rums. Ein ohrenbetäubender Krach. Schwefeldampf steigt auf. Helmut Thumm hat gerade das mittelalterliche Monstrum gleich mehrmals am Museumstag gezündet.

Und der Knall der Hakenbüchse lockt die Horber am internationalen Musuemstag in den Ringmauerturm. Gott sei dank keine still Ausstellung, sondern Schwefel, Schwarzpulver und ein paar gruselige Details.

Schon beim ersten Schuss gegen 14.45 Uhr nach dem Winter – so Heinrich Raible vom Kultur- und Museumsverein, war der Turm mit den 1,60 Meter dicken Mauern gut gefüllt. Nach dem zweiten Schuss wartete unten schon die nächste Schlange, die die – teilweise doch recht grausame – Zeitreise ins Mittelalter machen wollten. Und auf dem Weg Richtung Panoramastraße kamen einem schon die nächsten Besucher entgegen.

Der erste Schuss nach dem Winter. Heinrich Raible und Helmuth Thumm wuchten die 32 Kilo schwere Hakenbüchse aus dem Ständer. Ein Rohr rein, das Ding putzen. Heraus fallen die oxidierten Rückstände. Thumm zeigt stolz auf den Stempel: "Der ist vom Beschussamt in Ulm. Ich habe das Rohr damals als Geselle mit geschmiedet."

Und der Lauf ist gewaltig: 70 Millimeter Durchmesser, 35 Millimeter Kaliber. Raible: "Der ist nicht gezogen, sondern gerade. Hinter die Kugel wurden früher noch Nägel und Krampen gestopft, damit die Hakenbüchse zum Schrapnell wurde. Da reichte dann ein Streifschuss, und der Unterarm war weg."

Kollege Joachim Lipp ist inzwischen mit der Besuchergruppe oben angekommen: "Man hat die Waffe rot angemalt. Damit der Feind sie gleich sieht und man sich den Schuss sparen kann." Er zeigt auf ein Blech an der Wand: "Damit haben wir mal auf ein drei Millimeter Blech geschossen. Eine Ritterrüstung hatte nicht mal einen Millimeter. Eine Kugel aus der Hakenbüchse reicht dann, um drei Ritter hintereinander zu erledigen."

Im Blech: ein Riesenloch. Und die abschreckende Wirkung des Waffen-Monsters aus dem Ringemauerturm hat offenbar – zumindest in Horb – funktioniert. Es gab 13 Hakenschützen in Horb, die auf die fünf Ringmauertürme verteilt wurden. Und selbst "Friedrich der Öttinger", den Raible als den "Bin Laden des Mittelalters" bezeichnet, hat es nicht geschafft, Horb in der Zeit der Städtekriege zu knacken, wie Lipp erzählt.

Faszinierend. Dicke Mauern, Balken von 1480. Und die Lunte, die sich langsam auf die Zündpfanne der Hakenbüchse senkt. Krawumm! Wie großartig ist die Historie von Horb.