Geschäftsführer der Energieagentur wollen Bewusstsein ändern / Horber CO2-Ausstoß unter deutschem Schnitt

Horb. Zwei Männer, die angetreten sind, das Klima zu retten, oder mindestens zu verbessern: Eckhardt Huber und Martin Heer leiten die Energieagentur in Horb und haben hehre Ziele für die Neckarstadt. Bis 2050 soll die Kommune klimaneutral werden.

Herr Heer, Herr Huber, hier in der Energieagentur haben Sie es schön warm. Wie heizen Sie?

Huber: Das Haus hat eine Zentralheizung, die über Fernwärme mit Öl versorgt wird. Das könnten wir optimieren, wenn es unser Gebäude wäre.

Ziel ist, dass das Thema in der Gesellschaft positiv angenommen wird

Heer: Unser Vermieter denkt aktuell über alternative Heizformen nach. Ein kleiner Erfolg für unser Anliegen, den Klimaschutz.

Herr Heer, Sie sind gleichzeitig zum Job in der Energieagentur der erste Klimamana-ger der Stadt. Das Klima lässt sich kaum managen – was machen Sie eigentlich?

Heer: Mein Aufgabengebiet ist sehr breit aufgestellt, mein aktueller Schwerpunkt ist die Öffentlichkeitsarbeit und die Vernetzung der beteiligten Akteure, wie beispielsweise Kirchen, Schulen, Kreishandwerkerschaft, Industrie- und Handelskammer und Handels- und Gewerbeverein.

Huber: Der Klimamanager kann nicht vor Ort die Heizungsanlage umrüsten. Er hat vernetzende Aufgaben, muss das Bewusstsein für Klimaschutz bilden. Das Ziel ist, dass das Thema in der Gesellschaft positiv angenommen wird.

Der Zeitgeist ist grün, öko ist wieder in. Schwimmen Sie mit der Energieagentur zurzeit auf einer Aufmerksamkeitswelle?

Heer: Es ist schön, dass diese Welle gerade durch die Gesellschaft schwappt, aber ich glaube nicht, dass wir darauf mitschwimmen. Es ist eher schwierig, jetzt mit unserem Thema noch Akzente zu setzen. Viele Leute sagen: Bleib mir weg mit deinem Klimaschutz, ich kann es nicht mehr hören. Viele Industriezweige springen auf, um mit grünen Produkten und grüner Energie Geld zu verdienen. Was am meisten beworben wird, muss nicht unbedingt das Beste sein. Die Herausforderung ist, jetzt zu zeigen, dass wir neutrale Berater in diesem Themenfeld sind. Huber: Schon vor dieser Welle der Aufmerksamkeit war Klimaschutz in der Horber Verwaltung präsent. Die Entscheidung für ein Klimaschutzkonzept ist übrigens auch schon vor der Atomkatastrophe von Fukushima gefallen.

Demnach will Horb bis 2050 eine klima-neutrale Kommune sein. Bis dahin sind Sie beide alt und grau.

Ist dieses Ziel nicht zu weit entfernt?

Huber: Der Gemeinderat hat 43 Einzelmaßnahmen verabschiedet, die bis 2015 umgesetzt werden sollen. Wir haben eine Grafik erstellt, auf der diese Maßnahmen aussehen wie absteigende Treppenstufen auf dem Weg zum Klimaziel.

Was zum Beispiel ist eine solche Treppenstufe?

Heer: Das Nahwärmenetz für den unteren und oberen Marktplatz. Oder der letztes Jahr gebaute Solarpark Reute. Als nächstes steht die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED-Technik an. Eine ziemlich große Treppenstufe wäre der Windpark.

Mit dem Windpark könnte man 8000 Haushalte mit Energie versorgen

Huber: Durch den Windpark könnte man 8000 Haushalte mit Energie versorgen. Das wäre ein großer Schritt zu unserem weiteren Etappenziel. Bis zum Jahr 2020 wollen wir 40 Prozent CO2 einsparen.

Wie viel CO2 wird denn im Moment jährlich in Horb produziert?

Huber: 222 600 Tonnen waren es im Jahr 2009. Auf diese Zahl kamen wir, als wir den Ausstoß von Industrie und Gewerbe, privaten Haushalten und öffentlichen Gebäuden sowie der Mobilität zusammengerechnet haben. (Anm. der Redaktion: Horb liegt damit unter dem Durchschnitt. Der durchschnittliche deutsche Pro-Kopf-Verbrauch 11,2 Tonnen CO 2 * Einwohnerzahl Horb 25024 Einwohner = 280 269 Tonnen) Weiter reduzieren wollen wir diese Zahl mit dem sogenannten energetischen Dreisprung: Energieeinsparung, Erhöhung der Energieeffizienz und Investitionen in erneuerbare Energien. Das Gesamtpotenzial der Dachflächen im Horber Stadtgebiet für Solarthermie- oder Photovoltaik-Anlagen ist bislang zu weniger als 20 Prozent ausgenutzt. Da ist noch viel Luft nach oben.

Sie sprechen von ersten Fortschritten, doch in welchem Punkt ist Horb noch ein schlimmer Klima-sünder?

Heer: Bei der Mobilität. Angesichts der vielen Teilorte sind die Einwohner viel mit dem Auto unterwegs. Huber: Im ländlichen Raum ist das Verkehrsnetz meist nicht so gut ausgebaut. Heer: In einem angedachten Projekt mit der Dualen Hochschule lassen wir die Studenten ein bisschen rumspinnen, da geht es dann um E-Mobilität oder Carsharing, eingebettet in das Horber Klimaschutzkonzept.

Auf Ihrer Internetseite ist ein Junge abgebildet, der symbolisch eine Weltkugel trägt, so groß, dass er sie kaum umfassen kann. Klimaschutz als Kraft-akt. Was motiviert Sie, mitanzupacken?

Huber: Man hört viel über die globalen Klimaschutzziele. Aber hier habe ich konkrete Einflussmöglichkeiten. Das motiviert mich. Und hoffentlich sagen mir meine Kinder mal: Du hast nicht alles falsch gemacht.

Heer: Unsere Arbeit kann man vielleicht mit dem Bau einer Photovoltaikanlage vergleichen: Anstrengung und Geld muss erst einmal investiert werden, die Auswirkungen auf das Klima sind nicht sofort messbar. Aber irgendwann, in ein paar Jahren, wird sie Früchte tragen. Davon bin ich bin überzeugt. u Die Fragen stellte Lena Müssigmann

Die Gesprächspartner: Martin Heer (32), Diplomgeograf, Klimaschutzmanager der Stadt Horb und Geschäftsführer der Energieagentur Eckhardt Huber (51), Diplomingenieur, Leiter der Stadtwerke und Stadtentwässerung und Geschäftsführer der Energieagentur