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Musik von verspielt bis beinhart, von intellektuell bis frivol. Jennifer Rostock zielt unter die Gürtellinie.

Horb - Von verspielt bis beinhart, von intellektuell bis unverhohlen frivol: Auf den Mini-Rock-Festivalbühnen gab es auch dieses Jahr viel gute "Mucke". Jennifer Rostock als Headliner zielte allerdings voll unter die Gürtellinie.

Härtere Klänge waren am Samstag von der Hauptbühne zu hören. "Eskimo Callboy" standen hier in den Startlöchern. Mit ihrer Musik mixt die Band Metalcore mit Elektroeinflüssen. Als der Frontscreamer dann auch noch ein T-Shirt in die Menge warf, waren die Fans sehr erpicht darauf, es zu fangen.

Ähnlich harte Gitarrenklänge ertönten dann als nächstes aus der Zeltbühne wo "His Statue Falls" auf der Bühne standen. Eine außergewöhnliche Mischung aus Techno, Schreigesang und Pop konnte hier die Fans begeistern.

Auf der Hauptbühne schlug dann schon der erste Headliner seine Lager auf. Der deutsche Wortkünstler Prinz Pi war mit einer klassischen Band angereist und verzichtete, anders wie seine Sprechgesang-Kollegen, auf ein DJ-Set und dicke Beats. "Das verleiht dem ganzen Konzert eine sehr entspannte Atmosphäre", meint Lisa aus Böblingen. Der gebürtige Berliner berührt mit Texten, die unter die Haut gehen. Und das scheint jeder in der Menge zu spüren. Es wird mitgesungen und mitgerappt, ob beim Titel "Generation Porno" oder der Ballade "Eifersucht". Es scheint einfach zu sein, sich in den Texten des in einem unglaublich hässlichen Shirt gekleideten Rappers wieder zu finden.

Als Headliner war sie der Höhepunkt. Doch was Jennifer Rostock beim Mini-Rock ablieferte, war eher der Gipfel der Vulgarität. Hand in den Schritt, an den Busen, heißer Stangen-Tanz auf der Bühne – okay, mit dieser Art von Sex-Symbolik hantieren ja einige Bands. Doch dabei beließ es Jennifer Rostock nicht.

Los geht’s mit ihren Reflektionen zum Bad im Neckar: "Es ist der geilste Moment, wenn Du mit der M... kurz über der Wasseroberfläche bist." Dann die Aufforderung: "Mädels, ihr habt so dicke M... Hängt sie richtig raus." An die Männer: "Kommt nach vorne, die Mädels hier sind willig, da kann man ruhig (...)." Als die männlichen Fans dann zu leise mitgrölen, ruft Jennifer: "Jungs, soll ich Euch an den E... ziehen, damit es lauter wird?"

Am Freitagnachmittag war nicht nur die Musik heiß. Als Nora, Schmutzki und John Coffey spielten, zog es viele in den Schatten (oder gleich in den Neckar). Die Hip-Hop-Combo 257er lockte dann gegen 17 Uhr einige Besucher aus dem kühlen Nass. Zum Mitgrölen, Biertrinken und Spaß haben sind die eingängigen Beats und auf hohem technischen Niveau gerappten Lines der Band bestens geeignet.

Explosive Lightshow und eine Combo, die alles kann

Mit einem eher düsteren Bühnenbild im Nacken betraten The Callejons (spanisch: Sackgasse) als nächstes die große Bühne. "Hoffmaestro" aus Schweden präsentierten in einer explosiven Liveshow eine Wanderung durch die Genres der Musikindustrie. Da wird zu Skaklängen das Handtuch geschwungen, zum Reggaebass entspannt hin und her gewippt, mit der Countrygitarre geschunkelt oder zu Technobeats getanzt – die elfköpfige Combo scheint irgendwie alles zu können.

Einen Besuch wert war der Freitags-Headliner. Irie Revolte begeisterten auf der großen Bühne mit ihrem Mix aus Reggea, Dancehall, Ska, Punk und Hip-Hop. Spätestens jetzt waren die meisten Festivalbesucher aus ihren Löchern gekrochen und tanzten in der angenehm abgekühlten Nachtluft was das Zeug hielt. Mit Blechbläserklängen, einem elegant geschwungenen Tanzbein und politischen Texten bot die Band einen gelungenen Abschluss des Liveprogramms. Mit kapitalismuskritischen Liedern wie "Zeit ist Geld" oder einem Lied über den blühenden Waffenhandel in Deutschland forderte die Band dazu auf, die "Krise wegzutanzen".