Politisch gestärkt: Michael Theurer. Foto: Gamberini

Bundestagswahl: FDP-Landesvorsitzender hat gute Chancen auf eines der höchsten Staatsämter.

Horb - Das ist die spannendste Frage für uns nach dieser Bundestagswahl: Haben wir mit Michael Theurer bald den ersten Bundesminister, der aus Horb kommt?

OB Peter Rosenberger, Theurer-Nachfolger als Stadtoberhaupt: "Ich würde ihm gerne dazu gratulieren. Es zeigt sich an unseren guten Beziehungen zum Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel, wie gut uns ein direkter Zugang zu den Bundesministerien tun kann." Theurer als Bundesminister. Auf jeden Fall ist er neben Fuchtel und Esken der dritte Politiker aus unserer Raumschaft, der jetzt im Bundestag ist.

Doch der Einfluss von Saskia Esken könnte wegfallen, wie OB Rosenberger befürchtet: "Ich hoffe nur, dass die SPD-Bundestagsabgeordnete Esken sich auch in der Opposition weiterhin für unsere Raumschaft einsetzt."

Und Rosenberger erinnert daran, dass die Horber schon die ganze Zeit aufmerksam den politischen Werdegang Theurers beobachten: "Er hat ja wohl schon selbst ausgesprochen, dass er mal Kanzler oder Bundespräsident werden will, wie ich gehört habe."

Fakt ist: Durch den Rückzug der SPD aus der Groko ist der Auftrag zur Bildung einer Regierung an Angela Merkel gegangen. Koalitionspartner: Grüne, CSU, FDP. FDP-Chef Lindner hat am Montag angekündigt, in die Verhandlungen zu gehen. Die Chance für Theurer, in der Jamaika-Koalition Bundesminister zu werden?

Die FDP in Baden-Württemberg unter Landeschef Michael Theurer holte mit 12,7 Prozent bundesweit das zweitstärkste Ergebnis für die Liberalen.

Der Landesverband vom Parteivorsitzenden Christian Lindner in NRW holte 13,1 Prozent, der Landesverband von FPD-Vizechef Wolfgang Kubicki holte 12,6 Prozent. Drei Männer, drei FDP-Minister?

Die Ministerchance für Michael Theurer ist im Moment also gut. In seiner Zeit im EU-Parlament konnte er sich in der Steuerpolitik profilieren. Er war Sonderberichterstatter in der Luxleaks-Affäre, bei der es unter anderem um Steuersparmodelle innerhalb der EU zum Nutzen von US-Konzernen wie Apple, Google und Co. ging. Dazu hat er sich in der Wirtschaftspolitik etabliert. Michael Theurer sagte am Montag zum Schwarzwälder Boten: "Wir haben in Baden-Württemberg das zweitbeste Landesergebnis erzielt. Dadurch fühle ich mich absolut in der Partei gestärkt!" Ihm winken führende Positionen. Inzwischen ist er auch zum Landesgruppenchef gewählt worden. Theurer: "Ich strebe auch die Funktion des stellvertretenden Fraktionschefs an." Also Lindner-Vize.

Dazu kommt: Theurer ist Mitglied im Präsidium der Bundespartei. Spricht auch für Einfluss.

Obwohl sich Cem Özdemir und Christian Lindner in den Fernsehduellen zeitweise duzten, grenzen sich Grüne und FDP doch in den Aussagen stark voneinander ab.

Kann Michael Theurer mit den Grünen?

Timm Kern, parlamentarischer Geschäftsführer der Landes-FDP, hatte nach den Landtagswahlen gemeinsam mit Theurer die Koalitionsverhandlungen mit den Landesgrünen geführt. Er sagt: "Wenn die Bundes-Grünen so wären wie die Landes-Grünen, wäre das ganze natürlich einfacher. Theurer ist vielfältig und bestens vernetzt – auch mit den Grünen."

Theurer ist, so bestätigen Parteifreunde, auch mit verschiedenen grünen Politikern befreundet – beispielsweise mit Boris Palmer, derzeit OB von Tübingen.

Doch es gibt vor allem ein politisches Hindernis für die FDP, bevor überhaupt an Ministerposten gedacht wird, betont Timm Kern: "Wir haben uns die Glaubwürdigkeit in den letzten vier Jahren hart erarbeitet. Zunächst einmal ist die Bundeskanzlerin dran, zu sagen, mit wem sie regieren will. Wenn sie das mit Hilfe der FDP machen will, sprechen wir erst einmal drüber, welche unserer Forderungen sie bereit ist, zu übernehmen. Die FDP wird nicht den Fehler von vor vier Jahren wiederholen, sich frühzeitg auf Posten und Personal festzulegen. Weil wir uns im Neuaufbau darauf festgelegt haben, Politik als Projekt zu sehen, legen wir zunächst Wert auf die zehn Kernpunkte, die wir auf einem Parteitag festgelegt haben."

Daniel Wochner, FDP-Gemeinderat aus Horb und Weggefährte von Michael Theurer, war auf der Wahlparty der FDP in Berlin. Er sagt: "Die Kanzlerin hat schon angeküdnigt, dass das nächste Bundeskabinett paritätisch mit Männern und Frauen besetzt sein soll. Aufgrund des starken Wahlergebnisses der AfD in den neuen Bundesländern ist es auch wahrscheinlich, dass Minister-Kandidaten von dort den Vorzug bekommen. Das sind erst einmal Hürden, die auch Michael im Falle des Falles zu überspringen hätte."

Er sieht die anstehenden Verhandlungen um die Regierungsbildung, an der sicherlich auch Michael Theurer als Präsidiumsmitglied beteiligt sein wird, als schwierig an. Wochner: "Durch den Wahlerfolg der AfD und den Rückzug der SPD in die Opposition sind wir in einer Situation ähnlich wie in der Weimarer Republik: Die NSDAP hat damals die ersten Erfolge eingefahren, die anderen Parteien hatten unheimliche Schwierigkeiten, eine stabile Regierung zu bilden."

Das heißt: Er und Kern rechnen mit langen Gesprächen der vier möglichen Partner. Wochner sagt aber auch: "Theurer ist genug Politiker, dass er sich der Verantwortung für Deutschland bewusst ist."

Und was ist mit Timm Kern? Er gehört bundesweit sicherlich zu den FDP-Politikern, die sich auf Landesebenen mit dem Wahlkampfthema Bildung intensiv auseinandergesetzt haben. Gibt es da Ambitionen?

Kern lacht: "Nein. Ich bin Landespolitiker. Ich bleibe hier."

Klartext: Es wird noch ein bisschen dauern, ehe klar ist, ob wir mit Michael Theurer den ersten Horber Bundesminister bekommen. Fakt ist, so Horbs OB Peter Rosenberger: "Damit würde Michael den höchsten politischen Posten eines Horbers bekommen. Bisher hatten wir Norbert Schneider, der unter Ministerpräsident Erwin Teufel Staatssekretär war. Und der Vater von Justizminister Guido Wolf kommt auch aus Horb."

Und was sagt Theurer zu der Frage, ob er Bundesminister wird? Dasselbe wie vor der Wahl: "Man soll das Fell des Bären erst zerteilen, wenn der Bär erlegt ist."