Hier senkt sich abends das Gittertor. So soll Vandalismus in der Seitenhalle und der Toilette dort verhindert werden. Foto: Müssigmann

Schließdienst verriegelt Seitenhalle ohne vorherige Kontrolle. Polizei organisiert Befreiung des 33-Jährigen.

Horb - Dem 33-jährigen Toni Wenhart aus Tuttlingen wird sein Ausflug nach Horb in Erinnerung bleiben – aber nicht in allerbester. Wenhart wurde vom Bahnhofs-Schließdienst in der Toilette eingeschlossen. Statt der Horber Altstadt sah er nur weiße Kacheln – "wie in der Anstalt".

Toni Wenhart aus Tuttlingen meldetete sich am Donnerstag bei unserer Zeitung. Und berichtet uns, was er erleben musste. Der 9. August ist ein schöner Sonntag, wie gemacht für einen Ausflug. fährt nach Horb, trifft eine Bekannte. Nach der Verabschiedung am Bahnhofsplatz, es ist schon früher Abend, will Wenhart noch eine Runde durch die Stadt drehen. Er muss aber auch auf die Toilette. Im Bahnhof gibt es ein öffentliches WC. Wenhart zahlt 50 Cent. Seine Uhr zeigt 19.01 Uhr an. Die Tür schließt sich hinter ihm und soll sich für die nächste Stunde auch nicht mehr öffnen, wie er im Nachhinein erzählt.

Das Bahnhofsgebäude in Horb gehört der Bahn. Ein Schließdienst ist damit beauftragt, den linken Teil der Bahnhofshalle am Abend um 20 Uhr abzusperren. Die linke Eingangstür zum Bahnhof wird verschlossen, am Übergang zur großen Eingangshalle senkt sich ein eisernes Rolltore von der Decke auf den Steinboden.

Tür bleibt verschlossen

Zurück zu Toni Wenhart. Er will nach drei oder vier Minuten die Toilette verlassen. Aber die Tür geht nicht mehr auf, so erzählt er es. Er sucht einen Türöffner. Nichts. Die Tür bleibt verschlossen. Und Wenhart eingesperrt. Er erinnert sich: "Ich dachte mir, es wird vielleicht demnächst jemand weiteres die Toilette benutzen und die Türe mit 50 Cent öffnen." Doch es kommt niemand. Sein Handyakku ist schwach. Deshalb ruft er schon nach kurzer Zeit die Polizei an. Er erreicht eine freundliche Beamtin im Präsidium Tuttlingen, der Stadt, die er am Abend gerne wieder erreichen würde. Ein Lichtblick: Sie verspricht, zu helfen.

In der Toilette ist die Luft schlecht. Die Fenster aus Milchglas lassen sich nicht kippen. Er schaut sich um, sucht einen losen Gegenstand, den er im Notfall durch das Fenster werfen könnte. Nichts. "Wie in der Anstalt", sagt er heute.

Er wartet und denkt nach. Es hätte am Bahnhofsplatz so viele Kneipen gegeben, in denen er die Toiletten hätte benutzen können. Nein. Er hatte sich für die öffentliche Toilette entschieden, "ordnungsgemäß" gezahlt und dann so was. Er ärgert sich.

Um 20.05 Uhr hört Toni Wenhart in seiner Zelle ein Klicken. Die Tür öffnet sich. Zwei Polizisten und ein Mitarbeiter des zuständigen Schließdienstes lassen ihn frei. Der Schließer ist laut Wenharts Erzählung pampig, fragt ihn, ob er sich jetzt beschweren wolle. Er habe vor einer Stunde in die Toilette geschaut, niemand gesehen und dann abgeschlossen. Wenhart sagt: "Dass jemand vorher die Toiletten auf eventuelle Benutzer kontrolliert hat und sich bemerkbar gemacht hat, leugne ich vehement. Das hätte ich mitbekommen. Ich hätte die Tür gehört."

Bahn: "Wir bitten den betroffenen Mann um Entschuldigung!"

Wir fragen bei der Bahn an, wie es zu diesem Schlamassel kommen konnte. "Das hat sich sehr unglücklich abgespielt", sagt ein Bahnsprecher. Er erklärt: Der Schließdienst habe gerade in die Toilette hineinrufen wollen, ob noch jemand da ist, als er rauchende Leute im Bahnhof entdeckt habe. Er habe sie aus dem Gebäude geschickt und dann das Eisentor heruntergelassen. "Der Schließdienst hat es verbaselt, schlichtweg vergessen zu checken, ob sich noch jemand hinter dem Gitter befindet", sagt der Bahnsprecher. Er spricht von einem menschlichen Fehler, dennoch von einem Fehler, wie er nicht vorkommen darf. "Wir bitten den betroffenen Mann um Entschuldigung!" Dass die Entschuldigung erst jetzt erfolgt, habe damit zu tun, dass der Fall anders als vorgeschrieben gar nicht an die entsprechende Stelle im Bahnkonzern gemeldet worden sei. Das sei ärgerlich.

Zu klären sei auch, warum der Schließdienst schon um 19 Uhr alles abgeriegelt hat, obwohl die linke Seitenhalle doch bis 20 Uhr geöffnet sein soll. Der Bahnhof, insbesondere die Toilette sei Ziel von Vandalismus, und müsse deshalb abends abgeriegelt werden. Der Bahnsprecher kann sich aber nicht erklären, warum auch die Toilettentür nicht mehr zu öffnen gewesen sein soll – er hätte erwartet, dass sich der Mann in der Seitenhalle frei bewegen kann.

Toni Wenhart jedenfalls war nach einer Stunde wieder frei. Zum Glück hatte er ein Handy dabei. Eine Entschuldigung hat er am Abend des Vorfalls nicht gehört. "So intensiv hatte ich mir meine Stadtbesichtigung dann doch nicht vorgestellt."