Kabarett im Horber Kloster: Reiner Kröhnert ist Mutti Angela – und die ist nur eine seiner vielen Parodie-Vorlagen. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Bittersüßer Sarkasmus, beißende Ironie, blitzgescheite Satzungeheuer: Reiner Kröhnert setzt den Politpromis seine Narrenkappen auf

Von Peter Morlok

Horb. Junge, Junge – das war wirklich keine leichte Kabarettkost, die Reiner Kröhnert da am Samstagabend mit ins Horber Kloster brachte. "Vor zwölf Jahren war er schon mal da", erwähnte Ewald Loschko in seiner Anmoderation. Schon damals muss der hagere Mann mit der recht übersichtlichen Frisur so beeindruckt haben, dass er den Veranstaltungsmachern noch recht präsent in Erinnerung blieb.

In der Zwischenzeit ist auf der großen Polit- und Promibühne so allerhand passiert, was der heute 56-Jährige, der auf eine beeindruckende Karriere zurückblicken kann, genüsslich ausschlachten konnte. Mit seinem aktuellen Programm "Kröhnerts Krönung" machte er selbst die abgestandene, kalte Brühe, die aus Berlin über die Bundesrepublik schwappt, einigermaßen genießbar, denn was ist tröstlicher festzustellen, als dass auch die Damen und Herren der Bundesregierung nicht mehr alle Tassen im Schrank haben und teils weit über ihrem geistigen Verfallsdatum agieren.

An einem netten Dialog zwischen Hans-Dietrich Genscher, Hans-Joachim Vogel und Rita Süssmuth machte er dies fest. Da wurde an alte Zeiten und Erfolge von Guido Brüderle und Rainer Westerwelle gedacht und klar festgestellt, dass der einzige wahre Lichtblick in der SPD die glimmende Zigarettenspitze von Helmut Schmidt sei. Die zwei Herren brabbelten in dieser Momentaufnahme vor sich hin und Frau Süssmuth rügte und rief zur Ordnung, wie in ihren besten Zeiten als Bundestagspräsidentin. Lang, lang ist‘s her.

Wer glaubt, dass Reiner Kröhnert bei seinen 22 Parodien, die zum größten Teil recht meisterlich gelangen, ein großes Requisitenlager braucht, der irrt. Anzug, Krawatte, Sessel – dann für seine Paraderolle als "Mutti Angela" (Merkel) eine passende Perücke – und fertig ist das Ganze. Was dabei rauskommt, ist eine Ein-Mann-Show voll beißender Ironie, bittersüßem Sarkasmus und blitzgescheiten Satzungeheuern.

"Wenn der Schnee schmilzt, sieht man die Scheiße"

Mit Angela Merkel, der Frau, die Schröder schredderte und als alte und neue Nummer Eins durch die Gegend huscht, verwandelte sich der (fast) gelernte Schauspieler gleich zu Beginn der Vorstellung in seine Lieblingsfigur. Körperhaltung und Gesichtsausdruck samt vorspringendem Kinn passten wunderbar zu den Frechheiten, die der Kabarettist unter dem Deckmäntelchen der künstlerischen Freiheit verbreitete. Da wurde Sigmar Gabriel schnell mal als Marshmallow-Moppel tituliert. Merkel, die Frau, bei der alles nach Plan läuft – sie ist in der Planwirtschaft aufgewachsen – wird sich als nächstes den bayerischen Gesinnungwolpertinger zur Brust nehmen und dann dem Grünen-Fraktionsvorsitzenden Anton Hofreiter das Du – mit allem, was dazugehört – anbieten. Horrorszenarien pur.

Auch nicht schlecht, die Schäuble-Parodie, bei der Wolfgang, der Drachmentöter, die Akropolis pfändete, sie als neue Überbauung für Stuttgart 21 in die Landeshauptstadt verfrachten ließ und den Raum dann an ein Kaufhauskonzern vermietete. Schuldenbewältigung und Wirtschaftsstabilität à la Kröhnert. Viel entspannter war da schon die Einblendung in Michael Friedmanns philosophische Talkshow "Intellekt hat viele Gesichter". Boris Becker, Deutschlands wichtigster Philosoph nach Rudi Assauer, der einst feststellte "Wenn der Schnee schmilzt, sieht man die Scheiße", bewegte sich hier gedanklich auf intellektueller Augenhöhe mit Gastgeber Friedmann, konnte jedoch nicht immer ganz folgen. Auch "Europas führendes Arschloch", Dieter Bohlen, durfte auf Friedmanns Couch Platz nehmen und zeigte dem selbst ernannten Schöngeist, wie Selbstvertrauen gelebt und kommuniziert wird.

Vielleicht das Highlight von Kröhnerts Programm war die Persiflage auf Bundespräsident Joachim Gauck. Auf die Frage, ob er für Krieg sei, antwortete Kröhnert-Gauck: "Das Leben ist weder ein Ponyhof, ein Freizeitpark noch Zuckerschlecken". Und was dann kam, das war allgemeines Politiker Bla-Bla ohne Sinn und Inhalt. Da kann man sich nur der Hoffnung anschließen, dass die Rotationsbewegungen in Willy B’s. Grab nicht zu tektonischen Verwerfungen führen und der Erkenntnis beipflichten "Es ist alles Niebel-los und der Rest sei Schweigen".