Christa Stiegenroth bringt französischen Charme nach Horb. Foto: Hopp

Madame d’Ors goldene Zeiten in Horb: Christa Stiegenroth eröffnet Modeboutique in der Marktstraße.

Horb - Seit eineinhalb Jahren ist sie in der Stadt und am Horber Frühling hatte sie einen öffentlich Auftritt: Madame d’Or in der Marktstraße 8 – oder Christa Stiegenroth (56), die in Horb ihr neues Leben gefunden hat.

Bonjour! Geht man in ihr Reich, steht links ein Klavier, rechts liegt ein altes Notenbuch. Dann kommt schon Madame d’Or – eine goldene Schaufensterpuppe ihres Partners Markus Grüber. Madame Stiegenroth: "Die stand hier, als ich eingezogen bin. Da wusste ich: Das bin ich."

Auf den ersten Blick nicht so ganz. Aber auf den zweiten. Denn das, was die Schaufensterpuppe in ihrem eng anliegenden Faltenkleid ausstrahlt, ist auch das Savoir Vivre von Christa Stiegenroth: Leichtigkeit. Gemütlich Essen und Unterhalten. Gelassenheit. Keine Angst vor "scheinbaren Brüchen". Und jede Menge Lebensmut.

Geboren in Weimar/Ahnatal bei Kassel. Ihr Eltern gehören zu einer traditionellen Bauernfamilie, die mit dazu beigetragen haben, dort den Boden urbar zu machen. War zuerst Beamtin im gehobenen Dienst. Nach sieben Jahren fing sie an, in Kassel Französisch und Musik zu studieren: "Das hat niemand verstanden. Meine Mutter erzählt mir heute noch von seriösen Stellen, auf die ich mich bewerben soll."

Doch das Stetige war wohl nicht so ihr Ding. Vor 30 Jahren ging Madame d’Or zum Austauschjahr in die Nähe von Montpellier und blieb dort hängen, wie sie erzählt: "Weil meine Abschlüsse damals nicht anerkannt wurden, musste ich in Frankreich noch mal Deutsch auf Lehrerin studieren. Dann habe ich 26 Jahre dort gearbeitet."

"Schwarzwald-Sommer ist schöner"

Dann die Scheidung. Sie sagt: "Ich wollte wieder zurück nach Deutschland – in die Nähe meiner Familie. Jetzt sind die ganzen Nichten und Neffen da."

Sie fand einen Job in Horb – beim Hermann-Hesse-Kolleg. Steigenroth: "Der Sommer im Schwarzwald ist viel schöner als am Mittelmeer. Ich weiß, die Leute, die hier wohnen, können das nicht verstehen. Aber ich finde, das Mittelmeer ist nichts dagegen. Dort schwitzt du, fährst zum Strand und kommst sandig nach Hause. Und bist träge durch die Hitze."

Horb besser als Südfrankreich? Sie sagt: "Für mich ist das ideal: Frankreich ist nahe, und nach Nordhessen ist es auch nicht so weit."

Der Sprung zurück nach Deutschland – "Adieu" festes Gehalt vom Staat. Für Stiegenroth kein Problem: "Ich will diese Sicherheit gar nicht. Freiheit ist mir mehr wert. Früher dachte ich, ich muss Geld ansammeln für später. Jetzt weiß ich, das ist Gift."

Doch ein bisschen Savoir Vivre à la française fehlt ihr schon in Horb: "Die französische Lebensart fehlt mir. Du machst zwei Stunden Mittagspause, der Direktor spendiert dir Wein und du sitzt, probierst das mitgebrachte Essen der anderen und redest ausführlich."

Dazu fehlt ihr ein bisschen der französische Männer-Charme: "Wildfremde Männer reißen dir die Tür auf. In den ersten Monaten in Deutschland dachte ich nur: Stoffel, Stoffel, Stoffel."

Und jetzt hat sie sich hier ein neues Leben aufgebaut. Sprachkurse im Hermann-Hesse-Kolleg, Nachhilfe und die Mode. Sie sagt: "Beim Einkaufen in Straßburg bin ich auf die Marke Captain Tortue gestoßen. Die verkaufen nur im Direktvertrieb."

Also sind neben dem Klavier und den Musikbüchern von Grüber jetzt die Kleiderstangen eingezogen. Sie sagt: "Mir macht das Spaß, wenn ich sehe, wie Frauen Spaß an Mode habe." Mit glänzenden Augen erzählt sie vom Weltfrauentag am 8. März in Horb, als sie nach einem Anruf bei Gisela Höpfer von der Kulturbrücke spontan eine Modenschau mit ihrer Kollektion als Event auf die Bühne brachte: "Es war toll, zu sehen, wie viel Freude die Frauen daran hatten, sich zu kleiden."

Nicht eine Kundin hat sie dadurch bekommen. Madame d’Or: "Das ist mir egal. Wenn ich davon abhängig sein sollte, dass ich Umsatz machen muss, dann höre ich auf."

Liberté. Ihr Motto. Auch privat. Sie sagt: "Wir haben hier keine Uhren. Nur die im Computer. Getimed zu sein, das hetzt nur."

Und für diese Liberté hat sie das perfekte Ambiente in Horb gefunden: Kleines Büro und Ausstellungsfläche für ihre Mode, darunter ein Mini-Klo, Schlafzimmer und eine Mini-Küche, wie sie erzählt. Bescheiden, liebevoll, Terrasse. Altes Auto und ein Anhänger, der noch das französische Nummernschild trägt.

Madame d’Or – sie hat ein neues Leben gewagt. Lebt bescheiden und hat doch alles, was sie sich wünscht. Sie sagt: "Mein Partner ist der einzige Orgelmanager weltweit. Nächste Woche gehen wir nach Paris und begleiten eine Tournee der besten Orgelspieler der Welt. Dann kann ich bestimmt auch die Dolmetscherin machen."

Und wie ist es, in Horb alt zu werden und nicht in Südfrankreich? Christa Stiegenroth zuckt mit den Schultern: "Darüber mache ich mir keine Gedanken. Ich denke, das wichtigste ist, dass man das tun man, was Spaß macht."