Verhandlung vor dem Horber Amtsgericht. Foto: Hopp

Vater und Sohn wegen Betrug, Insolvenzvergehen und Veruntreuung von Arbeitsentgelten vor Gericht.

Horb - Zwei studierte Landwirte – Vater und Sohn – mussten sich am Donnerstag wegen Betrug, Insolvenzvergehen und Veruntreuung von Arbeitsentgelten vor dem Horber Amtsgericht verantworten.

Alle Straftatbestände liegen schon über drei Jahre zurück, konnten jedoch erst mit großer zeitlicher Verzögerung verhandelt werden. Grund dafür ist der desolate Zustand der ebenfalls betroffenen Ehefrau, wobei das Verfahren gegen die Frau bereits zu einem früheren Zeitpunkt abgetrennt und eingestellt wurde. Auch der Ehemann ist gesundheitlich stark angeschlagen und hat, wie er dem Gericht mitteilte, bereits vor zwei Jahren einen Rentenantrag gestellt, dazu bisher jedoch noch keinen Bescheid erhalten.

Mit was für einer Rente er denn rechne, die Frage von Trick an den Angeklagten, der einräumen musste, dass ihm letztendlich vielleicht 650 Euro bleiben würden.

Vom Sachverhalt her warf der Anklagevertreter, ein sehr erfahrener Oberstaatsanwalt, dem heute 62-jährigen Hauptangeklagten vor, dass dessen Firma bereits ab Mai 2010 in starke Zahlungsprobleme geraten sei und faktisch ab September 2010 zahlungsunfähig war. Anstatt jedoch die Reißleine zu ziehen und einen Insolvenzantrag zu stellen, setzte der Vater den Sohn als Geschäftsführer ein und "nahm trotz ständig eingehender Pfändungsbescheide weiterhin am Geschäftsverkehr teil" wie es der Vertreter der Staatsanwaltschaft formulierte.

Trotz dieser prekären Geschäftslage versicherte der Sohn an Eides statt, dass dem Betrieb keine Insolvenz drohe. Auch habe der Senior, trotz Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit, zweimal bei einem Lebensmittel-Großhändler in der Region für insgesamt knapp 2000 Euro eingekauft, ohne dass man die Ware letztendlich bezahlt habe, so ein weiterer Tatvorwurf. Der Anklagevertreter wertete dies als gemeinschaftlichen Betrug des Ehepaars und die Insolvenzverschleppung kreidete er Vater und Sohn gemeinsam an, obwohl der Sohn lediglich einer familiären Bitte gefolgt war.

Zu diesen Tatvorwürfen kam als weiterer Punkt der Vorenthalt von Sozialleistungen und Arbeitsentgelt bei mindestens drei bekanntgewordenen Arbeitsverhältnissen im Zeitraum vom 1. März bis 30. Juli 2013. Die Ehefrau des Angeklagten hatte zuvor ihre Einzelfirma aufgelöst und fünf rechtlich selbstständige Firmen gegründet, die alle als Limited (Ltd.) mit allen möglichen Zusatzfirmierungen (GmbH & Co. KG) nach hinten abgesichert waren. So konnte man nun gut behaupten, der Arbeiter A, von dem die AOK Horb die Sozialabgaben vermisste, hätte doch in der Firma XYZ gearbeitet. Insgesamt also ein recht verschachteltes Konstrukt, das letzten Endes nicht funktionierte.

Auch hier gab es mehrere Vollstreckungsbescheide gegen die Firmen. Allein gegen eine der Firmen, die "gutes Essen" anpries, standen zehn Vollstreckungsbescheide an, von denen gerade einmal zwei bezahlt wurden, wie die ermittelnde Kripobeamtin auflistete. Erschwerend kam beim Hauptangeklagten hinzu, dass er allein in Deutschland schon einiges in seinem Vorstrafenregister anhäufen konnte. Darunter ähnlich gelagerte Fälle wie der Tatvorwurf der Vorenthalte von Sozialleistungen und Arbeitsentgelt in einigen hundert Fällen, aber auch die irreführenden Bezeichnung von Lebensmittel (Umetikettierung und falsche Haltbarkeitsdaten) sowie das in den Verkehr bringen von Lebensmitteln, die nicht für den menschlichen Verzehr geeignet sind. Insgesamt wurde er dafür neben einigen Geldstrafen auch mit zwei Haftstrafen, einmal 18 Monate, einmal 24 Monate, die beide zur Bewährung ausgesetzt wurden, belegt. Der Sohn selbst war im Bundeszentralregister ein unbeschriebenes Blatt.

Für die Juristen stellte sich nun vor diesem Hintergrund die spannende Frage: "Deal or No-Deal." Um hier eine Lösung zu finden, verzogen sich die Herren Volljuristen zuerst einmal für gut 45 Minuten ins Besprechungszimmer des Amtsgerichtes. Danach war Richter Trick nochmals 30 Minuten zum Protokolleschreiben weg. Diesen Aufschrieb verlas er dann öffentlich. Das Angebot der Staatsanwaltschaft lautet, dass man bei einem vollumfänglichen Geständnis den Senior zu einer Gefängnisstrafe von mindestens sechs, höchstens jedoch zwölf Monaten zur Bewährung verurteilt und der Junior muss 100 Arbeitsstunden ableisten. Diesen Deal gibt es nur als eine Einheit, so eine weitere Bedingung des Gerichts.

Mit dieser Vorgabe in der Tasche marschierten dann die beiden Verteidiger mit ihren Mandanten zur weiteren Beratung aus dem Gerichtssaal. Auch sie ließen sich Zeit, nutzten jedoch letztendlich das Angebot der Staatsanwaltschaft.

"Wenn wir die Tatvorwürfe früher verhandelt hätten, wären sie heute bei ihren einschlägigen Vorstrafen nicht mit einer Bewährung davongekommen", so das klare Statement des Anklagevertreters.

Letztendlich konnte man jedoch durch die Kooperation beider Angeklagter das gesamte Verfahren verschlanken und neun der zehn Zeugen wieder ausladen. Richter Trick, der das Verfahren gegen den Junior eben gegen Auflage von 100 Stunden Arbeitsdienst einstellte und ihm so die Chance bot, auch weiterhin über ein makelloses Zentralregister zu verfügen, und den Senior zu neun Monaten auf drei Jahre Bewährung verurteilte, betonte in seinem Schlusswort, dass der Landwirt nun drei Jahre auf das Verfahren in Unwissenheit wie es ausgeht, warten musste und in einer solch kleinen Kommune, wie es Horb nun mal sei, auch wegen des Makels seiner erneuten Verurteilung sicher schief angeschaut wird. "Dadurch sind sie zusätzlich noch bestraft." Die Kosten des Verfahrens müssen die Beiden auch noch bezahlen und trotzdem sind sie günstig davongekommen.