"Ohne Auto bist du auf dem Land der Depp": Hermann Walz hat sich für "Familienfahrdienste" gleich einen Kombi gekauft. Foto: Hopp

Bahn- und Busverkehr reich an Absurditäten: Bus von Talheim nach Altheim fährt erst über Horb.

Horb-Talheim - Die schlechten Bus- und Bahnzeiten regen viele auf. Sogar der zweitgrößte Ortsteil der Stadt leidet heftig unter den Absurditäten der Busverbindungen. Und er vertreibt Berufspendler aus der Großen Kreisstadt.

Hermann Walz, Gemeinderat der Unabhängigen Liste Horb, bringt es auf den Punkt: "Ohne Auto bist du auf dem Land der Depp." Denn während es mit dem Auto gerade mal sieben Minuten braucht, um von Talheim nach Altheim zu kommen, braucht der Bus dafür bis zu einer Stunde!" Seit über 50 Jahren, so Walz, gibt es keine "Öffi"-Direktverbindung zwischen Talheim und Altheim.

Der Grund: Der Bus fährt erst mal schön über Horb, um dann wieder oben in Altheim zu landen.

Walz: "Auch die Freizeitbus-Verbindungen am Sonntag sind kurios. Wenn man zum Panoramabad nach Freudenstadt will, kostet das 165 Minuten Fahrt. Weil der Bus erst nach Horb geht, und von dort aus der Freizeitbus dann nach Freudenstadt fährt."

"Bus-Verbindungen sind hier Fehlanzeige"

Auch für Berufspendler sind die Verbindungen in Talheim alles andere als gut. Walz: "Meine Frau arbeitete beim dm im Horb. Da die Geschäfte heute bis 20 Uhr auf haben, konnte sie das mit dem Bus vergessen. Der letzte von Horb Bahnhof geht um 19.20 Uhr Richtung Talheim." Das ist auch doof für alle Talheimer, die in Nagold bis 20 Uhr arbeiten müssen. Denn hier kommt man zwar noch per Zug um 20.33 Uhr oder um 21.25 Uhr nach Horb Bahnhof. Aber dann geht es nicht mehr weiter.

Auch von Tübingen nach Talheim hat man ohne Auto abends keine Chance. Denn: Hier geht der letzte Zug und Bus – der über Herrenberg und Nagold geht – um 18.47 Uhr los. Ankunft in Talheim ist 90 Minuten später.

Walz findet, dass durch die schlechten Busverbindungen auch die Jugend in Talheim abgehängt wird. Sein Sohn Dominik (auch im Jugendgemeinderat) hat dadurch heftige Probleme. Walz: "Aufgrund von Anwohnerprotesten wurde der Jugendraum hier in Talheim geschlossen. Deshalb werden die Jugendlichen gezwungen, woanders hinzufahren. Doch wo sollen die Kids jetzt hin? Die nächsten Jugendräume sind in Altheim oder Grünmettstetten. Bus-Verbindungen sind hier Fehlanzeige." Und der Nachtexpress fährt auch nur am Wochenende – und direkt bis Horb.

Vater Walz: "Ich habe mir deshalb vor Jahren einen Renault Espace gekauft. Damit ich meinen Jungen und seine Kumpels abends oder am Wochenende dahin bringen kann, wo sie wollen. Ich habe mir den Fahrdienst immer mit anderen Eltern geteilt. Einer hin, einer zurück. Gott sei Dank hat mein Dominik jetzt selbst einen Führerschein."

Und das von der Stadt angebotene Car-Sharing? Es ist gerade für Horbs zweitgrößten Ortsteil keine Lösung. Walz: "Das TeilAuto macht nur Sinn für die Rathaus-Mitarbeiter. Den Bewohnern in der Fläche bei 17 Ortsteilen nützt das nichts."

Und die miesen Busverbindungen in der Raumschaft Horb und das Fehlen eines Bürgerbusses oder Bürgertaxis führen dazu, dass Berufspendler wieder abwandern. Eine Frau aus Nordstetten hat auf der Facebook-Seite des Schwarzwälder Boten ihren Öffi-Frust rausgelassen. Sie schreibt: "Ich selbst wohne seid fast zwei Jahren in Nordstetten und bin seit einem halben Jahr auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen. Da ich auch am Wochenende arbeite, ist es für mich immer ein Krampf, wegzukommen beziehungsweise, wieder nach Hause zu kommen. Meine Pendelstrecke beläuft sich seit Kurzem auf die Strecke Nordstetten-Böblingen oder Stuttgart (je nach Einsatzort). Zum Teil muss ich morgens um 7 Uhr in Sindelfingen an der Stadthalle sein, was mit den Verbindungen nicht möglich ist. Normalerweise müsste ich den Regio um 5.37 Uhr bekommen, aber zu dem Zeitpunkt fährt noch kein Bus von Nordstetten aus und auf Rückfrage bei den Busgesellschaften, welche zum Daimler fahren, und ob man da mitfahren dürfte, wurde man abgewiesen. Dieser Bus sei ausschließlich für Daimler-Mitarbeiter. Sprich entweder ich komme zu spät zur Arbeit, da der erste Bus erst um kurz vor 6 Uhr fährt unter der Woche oder ich muss mir ein Taxi nehmen, welches die Zehn-Euro-Marke überschreitet. Oder ich muss hoffen, dass mich einer meiner Bekannten fährt. Das Gleiche ist auch abends das Problem. Zum Teil arbeite ich bis 21 Uhr. Wäre somit auf 22.12 Uhr in Horb. Aber eine Möglichkeit, nach Nordstetten zu kommen gibt es nicht mehr. Sprich, ich stehe wieder unten und muss schauen ob mich jemand abholt oder wieder bares Geld hinlegen. Ich persönlich bin gezwungen, mir eine andere Wohnung in Richtung Böblingen zu suchen, damit ich pünktlich auf Arbeit bin und weg komme, ohne dass mich jemand holen oder bringen muss. Ohne Auto ist man hier total aufgeschmissen. Und ein Auto kann man sich zum Teil nicht mehr leisten."