Medienexperte Franco Rota sagt zur Debatte um das Altheimer Hotpants-Verbot: "Hier geht es um die Errungenschaften der bürgerlichen Freiheiten." Foto: Hochschule der Medien Stuttgart Foto: Schwarzwälder-Bote

Medienexperte erklärt, warum Altheim plötzlich deutschlandweit in den Schlagzeilen ist

Horb. Warum ist die Horber Werkrealschule in ganz Deutschland in den Schlagzeilen? Was kommt auf Altheim noch zu? Wir haben Franco Rota, Professor für Marktkommunikation und Public Relations an der Hochschule der Medien in Stuttgart, gefragt.

Warum gibt es jetzt so einen großen Medien-Hype um das Hotpants-Verbot?

Ich denke, es ist ein gesellschaftliches Stadium erreicht, dass Menschen über ihre Freiheit sprechen. Die in Jahrhunderten und den letzten Jahrzehnten erkämpften Freiheiten will man nicht mehr widerstandlos aufgeben. Um es zugespitzt zu sagen: Wollen wir alle wieder verschleiert gehen müssen?

Geht das nicht ein bisschen weit?

Nein. Die Gesellschaft ist empfindlicher geworden und es wird eine undefinierte Bedrohung wahrgenommen. Hier geht es um die Errungenschaften der bürgerlichen Freiheiten, aber auch der sexuellen Revolution. In der Debatte um den Islam geht es dabei auch um die Sorge, als Frau nicht hinterherzuschreiten.

Also ist es kein erstes Sommerlochthema?

Nein, absolut nicht. Es ist ein gesellschaftlich aufkommendes Problem, das nun aufgegriffen wird. Es war ja auch schon vorher ein Thema. Beispielsweise im niederbayerischen Pocking, als vor wenigen Tagen ein Rektorat Kleidungs-Regeln insbesondere für seine Schülerinnen in der Nähe eines Asylbewerberheims gemacht hat, um Irritationen bei Migranten zu vermeiden.

Warum ist dann gerade die Altheimer Schule zu so einem großen Medienthema geworden? Weil sie im Schwarzwald liegt?

Nein, ich glaube nicht, dass es etwas mit dem Klischee des prüden Schwarzwalds oder hinterwäldlerischen Niederbayerns zu tun hat. Manchmal ist heute im Mitmach-Web nur ein kleiner Zündfunke für ein unterschwelliges Thema notwendig, um so eine flammende Mediendebatte zu entfachen. In dem Fall war es der Tweet der Aktivistin auf Twitter.

Finden Sie die Diskussion berechtigt?

Absolut. Lehrer müssen sich selbst im Griff haben und dürfen sich nicht ablenken lassen, das gehört zur Professionalität. Es ist richtig, dass junge Frauen und auch Mädchen oder Jungen ein Recht auf ihre eigene Kleidungswahl haben und das verteidigen.

Was empfehlen Sie jetzt der Schule in Altheim und Rektorin Brissaud?

Sie sollten sich offen dem Medienandrang stellen und am besten inhaltlich zurückrudern. Es wäre wichtig zu kommunizieren, dass es sich nicht um ein Verbot, sondern um eine Empfehlung handelt.

Die Rektorin und das Kollegium bekommen Drohmails und -anrufe. Im Internet wütet ein Shitstorm. Was kann man da tun?

Es hilft nichts: Den Shitstorm muss man aushalten. Das Internet ist in den Social Media in Konfliktsituationen ein unkontrollierbarer Moloch geworden.

Wie lang wird die Debatte jetzt gehen?

Es kommt jetzt darauf an, wie andere Schulen reagieren und ähnliche Verbote aussprechen. Und ob noch weitere Aktivisten auf den Zug aufspringen. Je größer der Hype, desto wahrscheinlicher ist es, dass der Rummel noch größer wird und das Thema sogar in manchen Talkshows besprochen wird

Die Fragen stellte Florian Ganswind.