Vernissage beim Kunstverein Oberer Neckar, von links: Karl Heinrich Lumpp, Anja Klafki, Benno Müller und Annette Rieger, die mit dem Format des Interviews einen interessanten Ansatz bot. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Kunst: Ausstellung "Figur und Landschaft" zeigt Skulpturen und Grafik, die auch durch Kontraste wirken

Von Peter Morlok

Bei der Premieren-Ausstellungseröffnung zur neuen Saison in der Galerie des Kunstvereins Oberer Neckar (KVON) war einiges anders als sonst.

Horb. "Sorom isch’s au interessant" stellte dabei eine Besucherin der Gemeinschaftsausstellung Klafki/Lumpp fest, als sie eine der Plastiken des Bildhauers Karl Heinrich Lumpp näher betrachtete. Sie sah eine menschliche Gestalt, die auf dem Kopf gestellt zur Blume, zur Venuspflanze, wurde.

Insgesamt war die Ausstellungseröffnung ein Paradebeispiel für das "sorom", für das Anderssein. Es war eine Vernissage, bei der zwei Künstler, die sich vorher noch nicht kannten, aufeinander trafen. Der Bildhauer Lumpp kam auf Empfehlung seines Freundes Norbert Stockhus, und die Hanseatin Anja Klafki fand Fürsprecher im Beirat des KVON beim bekannten Künstlerehepaar Barbara Jäger und OMI Riesterer. Man kennt und schätzt sich eben in der Kunstszene und weiß, was zusammenpassen könnte oder nicht. Der letztgenannte Umstand kann ja auch recht gut funktionieren, denn Gegensätze ziehen sich bekanntlich an.

Ausstellung wird zum Schmelztiegel unterschiedlicher Künste, die sich ergänzen

So war und ist es auch bei dieser Ausstellung, die noch bis zum 3. April in der Galerie des Vereins im oberen Stockwerk des Horber Klosters zu sehen ist.

Der KVON hat hier zum ersten Mal eine etwas andere Ausstellung organisiert, die unter dem Titel "Figur und Landschaft" auf den ersten Blick zwei völlig unterschiedliche Künstler – einen Bildhauer und eine Grafikerin – zusammenführte.

Auch musste man sich bei dieser Vernissage dieses Mal selbst loben, da die für diesen Part ausgewählte Person bei der "Gegenveranstaltung" den OB vertreten musste. "Bürgermeister Jan Zeitler ist für den erkrankten Peter Rosenberger bei der feierlichen Wiedereröffnung der gegenüberliegenden Stiftskirche eingesprungen", erklärte Benno Müller, der Vorsitzende des Vereins. Also lobte er seinen Verein eben selbst.

"Wir holen die große Kunst in unsere kleine Stadt – wir sind ein kleiner Verein mit großer Reputation", behauptete er stolz und freute sich über seinen weiteren Coup, der die Besucher, die seiner Meinung nach das Wagnis, in das ehemals vorderösterreichische Städtchen zu kommen, an diesem Sonntagmorgen musikalisch auf die Ausstellung einstimmen sollte. Die Neu-Dießenerin Heide Kreutzburg begrüßte die Gäste mit dem Jazzstandard "Sunday Morning" und einem Song der besser nicht zum Ausstellungsmotto "Figur und Landschaft" gepasst hätte. "What A Wonderful World" sang sie mit einem wundervollen Alt, der sehr an die heisere Stimmfärbung des großen Louis Armstrong erinnerte. Stefan Veit begleitete sie dabei am E-Piano.

Die Ausstellung wurde so zum Schmelztiegel unterschiedlicher Künste, die sich wunderbar ergänzten. Da waren die klaren Kanten von der Waterkant, die Anja Klafki in das Druckplattenmaterial für ihre Radierungen bricht und auf der anderen Seite die weichen Rundungen in den Steinen von Karl Heinrich Lumpp. Es waren Kanten, die korrespondierten, Arbeiten die sich ergänzten, denn Lumpp belebt mit seinen Figuren die Landschaften von Klafki.

Und da kommt noch einmal der große "Satchmo" ins Spiel: "Yes I think to myself, what a wonderful world". "Ja ich denke so bei mir selbst, was haben wir für eine wundervolle Welt", singt er in seinem berühmten Lied, und die Welt in der Horber Klostergalerie ist zwar "sorom", aber gerade deshalb so wundervoll.

Vereinsmitglied Annette Rieger setzte den Neuheiten, die man bei dieser Ausstellung ausprobierte, noch ein Krönchen auf.

Sie versuchte in einem offenen Interview mit den Künstlern und einer anschließenden Fragenrunde, zu der auch die Besucher eingeladen waren, hinter das eine oder andere Geheimnis, das sich in den Arbeiten versteckt, zu kommen.

So viel sei verraten, dass Lumpp meist nur Frauenfiguren aus dem Stein haut, weil er durch die Nachkriegsjahre sehr stark unter dem Einfluss von Männern litt.

Man erfuhr auch, dass alle Arbeiten von Anja Klafki Originale sind, da sie keine Serien auflegt; doch hinter das Geheimnis der runenartigen Schriftzeichen, die auf vielen der Skulpturen von Lumpp zu finden sind, kam man nicht. "Das ist ein Vermächtnis, dass sich vielleicht dem erschließt, der den Zugang dazu findet", gab er eine recht kryptische Auskunft.

Weitere Informationen: Die Ausstellung ist bis zum 3. April Samstag und Sonntag von 14 Uhr – 18 Uhr zu sehen. www. kunstverein-oberer-neckar.de