Ist die geplante Flüchtlingsunterkunft auf dem Hohenberg noch notwendig? FD/FW und einige Anwohner fordern, dass die Pläne aufgegeben werden. Foto: Lück

Landkreis: "Bisher keine neuen Asylbewerber im Mai angekündigt". Sozialer Wohnungsbau?

Freudenstadt/Horb - Sind die geplanten Flüchtlingsgebäude auf dem Hohenberg und an der Altheimer Straße noch notwendig? Die Flüchtlingszahlen im Landkreis sind stark zurückgegangen. Die Forderungen, die Pläne ad acta zu legen, nehmen zu.

Landkreissprecherin Sabine Eisele erklärt auf Anfrage: "Im März wurden uns 183 Flüchtlinge zugewiesen, im April waren es 35 Asylantragsteller. Für den Mai sind uns derzeit keine Zuweisungen angekündigt. Wir gehen nicht davon aus, dass es in den Folgemonaten bei Null bleiben wird, sondern dass der Mai eine Ausnahme darstellt, die weitere Prognose ist jedoch mehr als schwierig."

Doch dieser Trend befeuert die Debatte, ob die umstrittenen Flüchtlingsbauten auf dem Hohenberg (zwei Gebäude in Holzständerbauweise für jeweils gut 60 Personen) und eins in der Altheimer Straße (60 Personen) noch gebraucht werden. Beziehungsweise, ob man noch alle Gebäude benötigt oder nur einen Teil und wann diese errichtet werden müssen.

Die Ursprungsidee war, diese Gebäude im Sommer zu errichten, damit der Landkreis die Erstunterbringung der Flüchtlinge stemmen kann. Dazu sollte ein Teil der Wohnungen auch zur kommunalen Anschlussunterbringung genutzt werden.

Bisher hatte der Landkreis in der Planung und Konzeption Dampf gemacht. Jetzt die Kehrtwende? Landkreissprecherin Eisele: "Wir sind derzeit dabei, die Situation zu analysieren und werden voraussichtlich bis Ende des Monats über das weitere Vorgehen in dieser Angelegenheit festlegen." Im Kreistag gestern Nachmittag sagte Landrat Klaus Michal Rückert, dass der Druck aktuell nicht mehr so groß sei, aber Gemeinschaftsunterkünfte weiter benötigt würden. Horb sei als nächstes an der Reihe.

FD/FW positioniert sich klar gegen Standort auf dem Hohenberg

Und im heutigen Gemeinderat dürfte das Thema für Diskussionen sorgen. Denn: Die FD/FW-Fraktion hat einen Antrag eingereicht. Inhalt: "Stopp des Baus einer Flüchtlingsunterkunft in der Nähe des Schulzentrums und der Rossbergschule. Weitere vertraglichen oder planerischen Maßnahmen werden vorerst nicht verfolgt."

Es soll schnell verhindert werden, dass Fakten geschaffen werden. Denn: Der Landkreis will die Flüchtlingsgebäude bauen, bekommt das Geld dafür – so die Kalkulation – vom Land zurück. Aber: Die Grundstücke auf dem Hohenberg, auf dem die Bauten stehen sollen, gehören zum Teil der Stadt. Die wollte ihr Land per Erbpacht dem Landkreis zur Verfügung stellen. Kommt dieser FD/FW-Antrag durch, könnte der Grundstücks-Deal auf dem Hohenberg gestoppt werden, falls er noch nicht unterschrieben ist.

Auch der Standort am Hohenberg wird nicht als tauglich gesehen. Horbs Alt-OB Michael Theurer und Daniel Wochner als Unterzeichner schreiben: "Aus Sicht der FD/ FW im Horber Gemeinderat ist der Standort am Hohenberg ein für die zukünftigen Überlegungen und Planungen erheblicher Baustein. Es handelt sich um eine der wenigen noch vorhandenen Freiflächen um öffentliche Einrichtungen herum. In dem unmittelbaren Gebiet sind drei Schulen, ein großer Kindergarten, ein großes wichtiges Altenheim sowie andere öffentliche Einrichtungen angesiedelt. Soweit an diesen Einrichtungen Erweiterungen erforderlich sind, wäre durch eine Bebauung mit einem Flüchtlingsheim eine solche Erweiterung potentiell beeinträchtigt. Aus diesem Grunde ist die Fraktion der Freien Demokraten/Freien Wähler der Überzeugung, dass hier zukünftige Chancen für ein kurzfristiges Problem vertan werden."

Gegen einen Bau an der Altheimer Straße wehrt sich dieser Antrag nicht. Allerdings wehrt man sich gegen Schlicht-Architektur. Die FD/FW schreibt: "Hier ist jedoch auf die städtebaulichen Belange einzugehen. Deutliche Abstriche in Bezug auf die Architektur aus Kostengründen sind am Stadteingang bei unliebsamer historischer Bebauung nicht vorzunehmen."

Für die Anwohner-Initiative gegen die Bebauung auf dem Hohenberg sind das "gute Nachrichten", so der ehemalige SPD-Gemeinderat Volkhard Bähr gestern Nachmittag zum Schwarzwälder Boten.

Grüne bringen sozialen Wohnungsbau als Thema in den Gemeinderat

Er und seine Mitstreiter hatten am Wochenende einen offenen Brief an Landrat Rückert und das Rathaus in Horb geschrieben: "Die Zahl der neu gekommenen Flüchtlinge ist drastisch zurückgegangen. Viele Einrichtungen zur Erstaufnahme wurden geschlossen oder zusammengelegt. Durch diese starke Veränderung werden Neubauten nicht mehr benötigt." Auch zu der Frage der Nachnutzung gibt es Kritik. Die Anwohner-Initiative: "Eine Nachnutzung der geplanten Gebäude wurde zwar erwähnt, aber dafür gab es weder eine Bedarfserhebung noch eine Abstimmung mit der Bevölkerung. Eine rechtliche Überprüfung könnte ergeben, dass Neubauten beim gegenwärtigen Bebauungsplan ›Obere Wanne‹ gar nicht möglich sind."

Der mögliche Wegfall der Flüchtlingsbauten – was bedeutet das für Horb? OB Rosenberger hatte bei der Vorstellung der Pläne davon gesprochen, dass hier günstiger Wohnraum entstehen könnte. Er könne sich hier "eine Art sozialen Wohnungsbau" vorstellen. Zumindest an preiswerten Wohnungen fehlt es offenbar in Horb, wie Wohnungssuchende berichten: "Es ist fast unmöglich, eine ordentliche Wohnung für 500 Euro kalt zu finden, die innen auch noch halbwegs modern ist."

Brauchen wir deshalb sozialen Wohnungsbau in Horb? Das will die Offene Grüne Liste heute im Gemeinderat wissen. Fakt ist: Die Zahl der Sozialwohnungen ist in den vergangenen elf Jahren drastisch gesunken. Gab es im Jahr 2005 noch 113 Wohnungen mit Mietpreisbindung, waren es zwei Jahren später noch 41 Sozialwohnungen. Im Jahr 2011 waren es noch 34, im Jahr 2012 noch eine. Und die ist jetzt auch verschwunden. Das Rathaus schreibt: "Es wurden auch seit dem Jahr 2001 keine weiteren Sozialwohnungen gebaut."

Laut Haus & Grund sei sozialer Wohnungsbau beim Mietpreisniveau in Horb nicht möglich, so wird der Grundeigentümerverein vom Rathaus zitiert. Laut Drucksache 66/2016 beträgt in Horb die Durchschnittsmiete 6 Euro pro Quadratmeter. Wird eine Sozialwohnung aus dem Landeswohnraumförderungsprogramm unterstützt, muss die Kaltmiete um 33 Prozent unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Das lohne sich in Horb nicht. Haus & Grund Horb: "Bei einem Hausbau und einer späteren Vermieten muss berücksichtigt werden, dass ein natürlich Abmangel besteht. Unter all diesen Gesichtspunkten bleibt, wenn man einigermaßen Glück hat, noch ein Reinertrag nach Vorabzug der Steuer mit knapp ein Prozent."

Fakt ist auch: Wer bedürftig ist und Anspruch auf Hartz IV hat, bekommt die Mietkosten vom Jobcenter bezahlt. Bei einer Kaltmiete von 6 Euro dürfte es deshalb keinen Ärger mit dem Amt geben.