Das Kino-Areal in der Mühlener Straße: Die leicht verzerrte Perspektive des Reibegässles im Vordergrund ist ein fotografisches Stilmittel – und steht vielleicht symbolisch für die konfliktbeladene Diskussion über die hier geplante Bebauung mit altengerechten Wohnungen. Foto: Hopp

Verwaltungsausschuss sieht keinen Grund, Außmaß des geplanten Baus noch einmal zu überprüfen.

Horb - Das Dilemma rund um den geplanten Bau von altengerechten Wohnungen ist scheinbar gelöst: Der Verwaltungs- und Technikausschuss sieht keine Notwendigkeit für einen Bebauungsplan. Das heißt: Die Chancen für das Projekt steigen wieder.

Um 19.50 Uhr wurde mit zehn Gegenstimmen und einer Enthaltung der Empfehlungsbeschluss des Städtebau- und Sanierungsausschusses gekippt, dort mit einem Bebauungsplan und einer Veränderungssperre die angeblich "zu massive Kubatur" sozusagen kleiner zu bekommen.

Rathaus hat die Unterlagen nicht im Gepäck

Anwohner Herbert Bok, der sich gegen die Planung ausgesprochen hatte, hatte schon vor der Sitzung gesagt: "Falls das kommt, ist das ein ›Dies Ater‹ (lat.: Schwarzer Tag) für Horb."

Das Dilemma: Der alte Städtebau- und Sanierungsausschuss (SBS) hatte den damals präsentierten Planungen zugestimmt. Obwohl einigen – trotz Enthaltung – das Gebäude zu massiv vorkam. Jetzt hat der Projektträger den Bauantrag eingereicht. Die Planung ist klar geändert: Statt zum Süden hin die Wohnungen terrassenförmig abfallen zu lassen, ist hinten eine gut zwölf Meter hohe Front zu erkennen. Darunter sind die Tiefgarageneinfahrten.

Laut OB Peter Rosenberger und Stadtplaner Peter Klein sind diese Veränderungen der Planungen nur "geringfügig" und im Rahmen dessen, was der alte SBS sozusagen genehmigt hatte. VTA-Mitglied Daniel Wochner wollte das nachprüfen. Er forderte die Verwaltungsspitze auf, beide Planungen im Vergleich mit dem Beamer, der die ganze Zeit an war, an die Wand zu werfen. Doch offenbar hatte das Rathaus die Unterlagen nicht im Gepäck.

Letzte Woche hatte der SBS mehrheitlich mit sieben zu fünf Stimmen einen Bebauungsplan und eine möglichen Veränderungssperre als Empfehlung beschlossen. Ziel: Den Investor zu bewegen, die neueste Planung zu korrigieren. Gegenüber dem Schwarzwälder Boten äußerte sich Wolfgang Schweizer, Projektträger, dass er ein "blankes Entsetzen" über diesen Beschluss empfindet. Also den Investor verschrecken oder das Projekt durchwinken?

Alfred Seifriz, Fraktions-Vorsitzender der FD/FW-Fraktion kündigte an, dass seine Fraktion dem Bebauungsplan zustimmt: "Ich verstehe nicht ganz, warum der Investor etwas gereizt reagiert. Wenn alle aufeinander zugehen, dann kann das Projekt schnell was werden."

Doch Margarethe Rebholz (FD/FW) erklärte: "Ich war auch Mitglied im alten SBS und stehe bis heute zu dem Projekt. Ich finde, die aktuellen Planungen haben sich verändert. Ich fand die alten Planungen anspruchsvoller. Aber ich sehe die Gefahr, dass das Projekt nicht realisiert wird und befürchte, dass das Grundstück am Ende leer stehen wird. Deshalb werde ich mich enthalten."

SPD-Fraktionschef Thomas Mattes: "Wir lehnen ein Bebauungsplan ab. Es gibt keinen Grund, dass das Vorhaben, welches vom alten SBS – auch mit Vertretern der OGL und FD/FW – abgesegnet wurde, grundsätzlich in Frage gestellt wird. Was machen wir, wenn der Investor dort nicht bauen würde? Dann laufen wir Gefahr, dass der Eigentümer das Grundstück so belässt und eventuell verfallen lässt."

Peter Rosenberger erklärte, dass der Projektträger die neue Planung noch im SBS vorstellen werde, dies sei aber eine "reine Informationsveranstaltung". Wolfgang Kronenbitter, Sachgebietsleiter Recht und Ordnung, ergänzte, dass bis zum Bau der Investor die Pläne freiwillig ändern könne. Von Seiten der Gremien sei das aber nicht zu initiieren.

CDU-Fraktionschef Gerhard Munding: "Der neue Antrag verfolgt ausschließlich das Ziel, das Waldner-Areal zu verhinden. Ich bin sehr betroffen, wie hier in Horb mit Investoren umgegangen wird. Es wird sich in diesen Kreisen schnell herumsprechen, wie wenig Verlass auf Horb ist. Die CDU wird dem nicht zustimmen."

Peter Rosenberger erklärte, dass der ursprünglichen Planung mit elf Ja-Stimmen und vier Enthaltungen zugestimmt wurde: "Es ist wichtig, dass neue Gremien politische Akzente setzen dürfen. Schade aber, dass man versucht, das an der Verwaltung abzuarbeiten. Ich werde mich der Stimme nicht enthalten."

Daniel Wochner (FD/FW): "Wir haben nichts gegen altengerechtes Wohnen an der Stelle, es dürfte dort die optimale Nutzung sein. Wir haben Probleme mit der Gestaltung. Sie wurde verändert, und der SBS wurde dazu nicht gehört. Jetzt gibt es zwei wuchtige Erker, und die Traufhöhe geht über das Gebäude Neckarblick hinaus. Im Verhältnis passt das alles nicht in das städtebauliche Bild der Mühlener Straße hinein." Wochner betonte weiter, dass der Investor willkommen sei.

Er erklärt das Dilemma wie folgt: "Wenn man auf Augenhöhe mit dem Investor verhandeln will, geht das nur über einen Bebauungsplan und eine Veränderungssperre. Wir sind auch bei der Veränderungssperre in der Lage, mit dem Investor eine gemeinsame Lösung zu finden, die schnell umzusetzen ist – auch vor der eigentlichen Erstellung eines Bebauungsplans."

Stadtplaner Peter Klein nickt. Später ergänzt er: "Die Veränderungssperre hat durchaus auch Öffnungsmöglichkeiten."

Wochner fügt noch hinzu: "Das wäre ein Schachzug, um wieder in Verhandlungen zu kommen."

Fridolin Weckerle (CDU): "Obwohl ich die Bedenken der Anwohner verstehe, kann ich sie teilweise nicht nachvollziehen. Es gibt Gebäude in der Nähe, die ähnliche Ausmaße haben. Ich befürchte, dass wir so lange darüber reden und diskutieren bis das Projekt tot ist."

Daniel Wochner setzte noch mal nach: "Bei der aktuellen Planung gibt es Änderungen, die teilweise den von Stadtplaner Klein genannten Zielen widerspricht. Ich denke, dass man innerhalb einer Woche dazu kommen könnte, First- und Traufhöhen zu definieren und dann mit dem Investor spricht. Zwar ist das keine so einfache Pirouette, das dem Investor zu vermitteln. Aber das traue ich Ihnen, Herr Rosenberger, zu."

Josef Nadj (CDU) schlug dann vor, ob man die alte und die neue Planung mal zu sehen bekommen könnte. Doch das musste die Rathausbank passen. Stadtplaner Peter Klein: "Das Gebäude wurde ein Stück weit kürzer und geringfügig niedriger."

Den Vorschlag, die Planungen zu vergleichen, lehnte OB Rosenberger mit dem Argument ab, dass das für die Entscheidung über einen möglichen Bebauungsplan "irrelevant" sei.

Immerhin: In Zukunft, so Stadtchef Rosenberger, werde er anregen, im neuen SBS die "Spielregeln" neu zu gestalten.